Eine Filiale der Commerzialbank in einem rosa Haus, davor ein Haltverbotsschild.
Sogar im arabischen Raum wollte Bankchef Pucher Erfindungen und Patente verwerten, geworden ist daraus aber nichts.
Matthias Cremer

Ausgerechnet ein Ölbinder sollte die Rettung bringen. Erlöse aus Umweltpatenten waren der einzige Strohhalm, auf den der frühere Chef der Commerzialbank Mattersburg, Martin Pucher, und seine Vorstandskollegin setzten, wie sie aussagte. Sie sollten die Bank vor dem Kollaps bewahren.

Dass daraus nichts wurde, weiß man inzwischen. Die Commerzialbank brach vor ziemlich genau drei Jahren unter einer Schuldenlast von damals rund 530 Millionen Euro zusammen. Exbankchef und Exbankchefin gestanden, jahrzehntelang Geschäfte erfunden zu haben, es geht um rund 700 Millionen Euro. Die WKStA ermittelt, für die 46 Beschuldigten, darunter Pucher, seine Kollegin und elf Verbände, gilt die Unschuldsvermutung.

Erfindungen als Rettung

Geplant war von den Managern einst, Erfindungen eines Deutschen zu verwerten, eingebettet wurde das ins "Projekt Macom"; an der gleichnamigen Gesellschaft hält die inzwischen insolvente Commerzialbank 24 Prozent.

Wie die kleine burgenländische Bank auf den Gedanken kam, Erdölbinder und CO2-Filter erfinden zu lassen und dann die Erlöse aus den Patenten zu generieren, in der erhofften Höhe von 300 bis 400 Millionen Euro? Ein Kunde der Bank, der Blumenerde erzeugte und damit handelte, saß 2005, flapsig gesagt, auf von ihm nicht verwertbaren Klärschlamm. Pucher wandte sich an einen Experten und beschloss sodann, den Klärschlamm für die Erzeugung eines Ölbinders zum Einsatzu zu bringen.

So weit der Plan, an dem Pucher bis zuletzt, also bis 2020, festhielt, wie er selbst vor den Ermittlern ausgesagt hat. Auch diese Episode wird nun im Rahmen der Ermittlungen aufgearbeitet. Zuletzt hat ein Gerichtssachverständiger im Auftrag der WKStA auch diesen Strang der Commerzialbank-Geschichte studiert. Seine Aufgabe war es, zu eruieren, wie viel Geld aus der Bank in die Macom und zwei weitere involvierte Gesellschaften und an diverse Gesellschafter floss – und ob das alles wirtschaftlich vertretbar gewesen sei. Und zwar aus Sicht der Bank, die auch "Inhaberin gewisser (vieler) Patente war" und aus Sicht der Empfänger, wie es im Gutachtenauftrag heißt. Auch Kredite waren bei den Geschäften ein Thema.

Keine Abnehmer

Laut dem Gutachten vom letzten Mai begann das Projekt Macom schon in den Neunzigerjahren. Pucher hat 2011 sogar einen Lobbyisten für den arabischen Raum eingeschaltet. 2015 ließ der Banker die Kosten für die Patente ermitteln, herauskamen in Summe rund 18 Millionen Euro. Fünf Jahre später ließ die WKStA einen Gutachter eruieren, wie viel eine Verwertung der Patente 2020 bzw. 2021 gebracht hätte – der kam, je nach Ansatz, auf einen Wert von circa drei bis fünf Millionen Euro.

Tatsächlich fand sich laut dem jüngsten Gutachten aber gar kein Abnehmer, weder im arabischen Raum noch in der Insolvenz. Der Masseverwalter hat die Patente der Bank zwar in der öffentlichen Ediktsdatei feilgeboten, Interessent habe sich aber keiner gefunden.

28 Millionen investiert

Insgesamt hat das Institut laut dem Gutachten zwischen Ende 1997 und Juli 2020 mehr als 28 Millionen Euro in die Patentprojekte gesteckt, den Großteil davon in Form von Krediten. Spätestens ab 2009 aber, schreibt der Sachverständige Karl Hengstberger, seien die "projektbezogenen Zuwendungen" der Commerzialbank an alle Involvierten wirtschaftlich unvertretbar gewesen. Weder habe es Projektgewinne gegeben noch Planungsrechnungen, Bewertungen zu den Patenten oder Rückzahlungsperspektiven.

Summa summarum hat die Bank laut den Recherchen des Gutachters fast elf Millionen Euro "in wirtschaftlich unvertretbarer Weise" allein für die Patentprojekte springen lassen.

Als Macom-Geschäftsführer fungiert übrigens seit 2018 Pucher; gemäß den letzten im Firmenbuch hinterlegten Geschäftszahlen betrug das Eigenkapital in selbigem Jahr 898,53 Euro und der Verlust 54.000 Euro. (Renate Graber, 26.7.2023)