Ein Stromkabel ist um ein Portemonnaie geschlungen aus dem Geldscheine hervorquellen.
Konten und Geldbörsen sind fest im Griff der hohen Stromkosten.
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Lange Bindungsfristen, undurchsichtige Rabattsysteme mit Gratisenergietagen oder Bonuspunkten machen Stromrechnungen für Verbraucher kaum nachvollziehbar. Dies und der Umstand, dass hunderttausende Vertragskunden gekündigt wurden, um – wie die EVN – neue, aus Sicht der Nutzer unvorteilhaftere Verträge abzuschließen, haben eine Diskussion darüber entfacht, warum insbesondere staatliche Versorger gesunkene Großhandelspreise nicht zeitnah weitergeben und ihre Privatkundentarife unterjährig senken.

Die Anbieter können so Millionen an Zufallsgewinnen einstreichen und werden dann nur durch politischen und öffentlichen Druck – wie in Oberösterreich durch die Arbeiterkammer und Konsumentenschützer – mühsam zu Rückzahlungen oder Preissenkungen gedrängt wie in Tirol oder Wien. Der Stromkostenzuschuss – vulgo Stromkostenbremse – stärkt dieses Beharren, denn alles über zehn Cent pro Kilowattstunde netto schießt der Staat zu und garantiert so Zufallsgewinne.

Kleine Novelle

Für ein wenig mehr Transparenz sollte die Anfang Juli vom Nationalrat beschlossene Novelle des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (Elwog) sorgen. Diese verpflichtet Stromhändler und Lieferanten, preisrelevante Daten unverzüglich der Energieregulierungsbehörde E-Control zu melden, damit diese in den Vergleichsrechner eingespeist werden können. Das soll die Qualität des Tarifkalkulators erhöhen und so Stromangebote für Verbraucher besser vergleichbar machen. Darüber hinaus muss die Aufklärung über Chancen und vor allem Risiken sogenannter Floater-Tarife, bei denen Preisschwankungen unmittelbar an die Stromkunden durchgereicht werden, dokumentiert werden, um böse Überraschungen hintanzuhalten.

Der große Wurf ist diese kleine Novelle des Elwog mit Sicherheit nicht. Denn noch immer können Versorger unterjährige Preissenkungen vermeiden oder hinausschieben, etwa mittels Zwölfmonatsverträgen zu Fixpreisen. Begründet wird die Nichtweitergabe von Preissenkungen häufig damit, dass die Bestimmungen des Elwog viel zu kompliziert seien und automatische Preisveränderungen nicht zuließen. Tatsächlich enthält das Elwog eine Reihe von Vorschriften, aber diese beziehen sich vor allem auf Entgelterhöhungen. "Änderungen der vertraglich vereinbarten Entgelte von Verbrauchern und Kleinunternehmern mit unbefristeten Verträgen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum für die Änderung maßgebenden Umstand stehen", heißt es da. Bei Änderung oder Wegfall des Umstands für eine Entgelterhöhung hat eine entsprechende Entgeltsenkung zu erfolgen.

Einen Monat im Voraus

Darüber hinaus müssen Verbraucher und Kleinunternehmer über Anlass, Voraussetzung und Umfang der Entgeltänderungen auf transparente und verständliche Weise mindestens einen Monat vor erstmaliger Wirksamkeit der Änderungen schriftlich in einem persönlich an sie gerichteten Informationsschreiben informiert werden. Dies kann zwar auch per E-Mail erfolgen – Hundertausende Kunden wurden längst auf elektronische Kommunikation umgestellt –, dürfte vielen Anbietern allerdings zu viel des Aufwands sein.

Das ist für Konsumentinnen und Konsumenten unbefriedigend und scheint vor allem auch sachlich nicht schlüssig. Denn kaum ein Endkunde wird sich gegen eine niedrigere Stromrechnung zur Wehr setzen.

Der Grund für die Zurückhaltung dürfte auch in der Bürokratie liegen, die mit der Verpflichtung einhergeht, jeden einzelnen Vertragskunden mittels eines Informationsschreibens zu informieren. Als Risiko wird insbesondere die Vorschrift gesehen, dass Kunden jede einseitige Vertragsänderung nützen können, um aus dem Vertrag auszusteigen und den Anbieter zu wechseln. Diese Gefahr halten Konsumentenschützer und Energieexperten allerdings bei einer Preissenkung für überschaubar.

Transparenz – auch bei Fernwärme

Fest steht: Die Regelungen werden nicht so bleiben. Die Regierung arbeitet an einer großen Elwog-Novelle, mit der echte Preistransparenz geschaffen werden soll – nicht nur bei Strom, sondern auch bei Gas, Fernwärme und Wasserstoff. Für Fernwärme gibt es derzeit gar keine mit der Elektrizität vergleichbare Regulierung. Fernwärmekunden in Wien, die im Vorjahr mit einer Verdoppelung der Preise überrumpelt wurden, können nicht einmal vergleichen, was Fernwärme in anderen Städten kostet. Die E-Control ist für Fernwärme nicht zuständig. (Luise Ungerboeck, 28.7.2023)