Goldenes Brett Skeptiker
Der Schmähpreis wird heuer zum elften Mal verliehen. Die Liste potenzieller Kandidaten scheint diesmal besonders lang.
Screenshot /goldenesbrett.guru

Nach zwei Jahren Pause, die Sars-CoV-2 geschuldet waren, ist es im Herbst dieses Jahres wieder so weit. Zum mittlerweile elften Mal wird "Das Goldene Brett vorm Kopf" verliehen. Das ist ein Schmähpreis, der seit 2011 von den Wiener Skeptikerinnen und Skeptikern vergeben wird. Diese Vereinigung ist freilich alles andere als wissenschaftsskeptisch – genau im Gegenteil: Denn mit der wenig schmeichelhaften Auszeichnung werden seit 2011 Personen und Organisationen bedacht, die für den größte antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres verantwortlich waren, um so einen kleinen Beitrag gegen die fatale Wissenschaftsignoranz des Landes zu leisten.

Zu den bisherigen Preisträgern zählten unter anderem Xavier Naidoo und Wunderheiler Ryke Geerd Hamer. Die bislang letzten Brett-Laureaten 2020 waren bereits einigermaßen pandemiegeprägt: Damals ging das "Goldene Brett vorm Kopf" an den Mikrobiologen Sucharid Bhakdi für seine Behauptungen zur Covid-19-Pandemie. Michael Ballweg und Attila Hildmann schafften es in den Dreiervorschlag. Die Auszeichnung für das antiwissenschaftliche Lebenswerk erhielt der deutsche Verschwörungsideologe Ken Jebsen.

Harte Konkurrenz

Für 2023 scheint die Liste der potenziell zu Nominierenden überlang. Die Jahre der Pandemie und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben dazu geführt, dass auch noch die unsinnigsten kontrafaktischen und wissenschaftsfeindlichen Thesen ihr Publikum fanden. Oft genug kamen diese Behauptungen selbst im weißen Mäntelchen der Wissenschaft daher – verdrehten dabei aber die Erkenntnisse wissenschaftlicher Studien oder bezogen sich auf solche, die höchst fragwürdig waren.

Die Liste solcher möglichen Kandidatinnen ist entsprechend lang. Eine ganze Reihe von ihren wurde auch im STANDARD vorgestellt – zum einen im Blog "Stiftung Gurutest" von Christian Kreil, zum anderen in einer Reihe von Artikeln, in denen wir einige Vordenkerinnen und Vordenker der Antiimpf- und Antipandemiebewegung vorstellten wie die Ärztin Maria Hubmer-Mogg, ihren Kollegen Andreas Sönnichsen, der die Covid-Impfungen als "den größten Medizinskandal aller Zeiten" bezeichnete, und den Psychiater Raphael Bonelli.

Gleich mehrfach hat sich die Politikwissenschafterin Ulrike Guérot als Kandidatin qualifiziert – sowohl mit ihren Behauptungen während der Pandemie als auch zum russischen Krieg gegen die Ukraine ("so wird deutlich, dass der Ukraine die Rolle zukam, stellvertretend für den Westen einen Krieg mit Russland zu beginnen").

Kandidaten aus Medien und Politik

Aber auch frühere Wissenschaftsjournalisten wie Peter F. Mayer, der mit seinem tkp-Blog weiter täglich wissenschaftliche Studien nach Belieben verdreht, und Bert Ehgartner haben ihre schwurbeligen Beiträge zur Impfskepsis in Österreich geleistet, die nun auch auf viele andere lebensrettende Impfungen durchschlägt. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Rolle mancher Medien und ihrer Vertreter bei der rezenten Verbreitung von antiwissenschaftlichem Unsinn und Verschwörungsideologien, die mitunter selbst mehr oder weniger geschickt als Satire getarnt werden. Kleiner und noch extremer: Report24 und AUF1.

Schließlich hat sich in den letzten Monaten auch der eine oder andere Politiker – Stichwort: "Wissenschaft ist das eine, Fakten sind das andere" – in eine aussichtsreiche Position manövriert. Unter den Parteien drängt sich in erster Linie die MFG auf, die Antiwissenschaftlichkeit quasi zum Teil ihres Programms gemacht hat. Die Klimawandelkleinredner von ÖVP und FPÖ würden sich aber auch eine tadelnde Erwähnung verdienen – ebenso wie jene österreichische Regierungspartei, die einen eigenen Anti-Atom-Sprecher hat.

Und wer ist Ihr Favorit?

Wir wollen hier aber Ihren Favoriten nicht vorgreifen und freuen uns in den Kommentaren über möglichst zahlreiche Vorschläge und Begründungen. Um sie offiziell zu nominieren, gibt es eine eigene Seite. Aus allen Online-Einreichungen wird eine Jury drei Finalistinnen und Finalisten und schließlich den diesjährigen Sieger oder die diesjährige Siegerin auswählen. Zusätzlich wird traditionsgemäß auch ein "Goldenes Brett fürs Lebenswerk" vergeben.

Über die Bühne geht die Verleihung der Preise am 5. Oktober 2023 im Wiener Stadtsaal. Erstmals gibt es dieses Jahr auch einen Publikumspreis, über den die Gäste live entscheiden. Durch den Abend führen Martin Puntigam von den Science Busters und Andre Wolf von Mimikama. Die Laudationes haben die Medizinhistorikerin Daniela Angetter-Pfeiffer, die Psychiaterin und Neurologin Heidi Kastner sowie der Gesundheitswissenschafter und Epidemiologe Gerald Gartlehner. Es soll laut den Veranstaltern in jedem Fall ein Abend zum Klügerwerden, Lachen und zum Kopfschütteln werden. (tasch, 24.8.2023)

Anm. der Red.: Die Berufsbezeichnungen der Laudator:innen wurden präzisiert bzw. korrigiert (15:00).