Olaf Scholz trägt nach einem Sturz beim Joggen Augenklappe.
Olaf Scholz trägt nach einem Sturz beim Joggen Augenklappe.
AFP/JOHN MACDOUGALL

Einzelplan 04 des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes“ – das stand am Mittwoch auf der Tagesordnung für die Debatte im Bundestag. Dabei wird im Rahmen der Budgetdebatte weniger über tatsächliche finanzielle Mittel für den Regierungschef beraten. Vielmehr nutzt die Opposition den Termin traditionell zur Abrechnung. Doch von CDU-Fraktions- und Parteichef Friedrich Merz bleibt an diesem Tag wenig in Erinnerung. Als erster Redner kritisierte er natürlich wie gewohnt den Bundeskanzler und beklagte: "Unser Land erstickt in Bürokratie."

Scholz ging zwar darauf kurz ein, machte dann aber eine überraschende Ansage. Er schlug einen "Deutschland-Pakt" vor, um das Land endlich zu modernisieren, um die Wirtschaftskrise zu überwinden, mehr Wohnraum zu schaffen, Digitalisierung und Energiewende besser hinzubekommen. Zusammen helfen sollten die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer, die Landräte und Bürgermeister.

"Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung. Lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln", sagte er und lud auch Oppositionschef Friedrich Merz (CDU), sowie überhaupt "die demokratische Opposition" ein. Das sind alle Parteien, außer der AfD. "Mein Vorschlag richtet sich ausdrücklich auch an Sie", betonte Scholz Richtung Merz. Gemeinsam sollten alle den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, wozu das Land in der Lage sei. Denn, so Scholz: "Zu viel ist in den vergangenen Jahren auf die lange Bank geschoben worden. Die Bürgerinnen und Bürger sind diesen Stillstand leid. Und ich bin es auch." Jetzt müssten wirklich alle "an einem Strang ziehen, und zwar in dieselbe Richtung".

Der Kanzler appellierte an alle Verantwortlichen, Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und damit zu beschleunigen. Dazu sollen Bund und Länder noch in diesem Jahr ein Maßnahmenpaket erarbeiten. Scholz mahnte die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und Vereinfachungen beim Wohnungsbau an.

24 Milliarden für die Bahn

Auch Großraum- und Schwertransporte sowie wichtige Straßen- und Schienenprojekte sollen jetzt vereinfacht werden. Die Deutsche Bahn wird 24 Milliarden Euro erhalten. Scholz selbst räumte ein: "Wer heute mit der Bahn oder mit dem Auto von Hamburg nach München fährt, der erlebt bei jeder Weichenstörung oder jeder Brückenbaustelle, wie sehr unsere Infrastruktur auf Verschleiß gefahren wurde."

Scholz‘ Plan sieht auch eine modernere Verwaltung vor. Die Services von Behörden und Ämter sollen so digitalisiert werden, dass bis Ende 2024 wichtige Dienstleistungen "durchgängig" online möglich seien. Dazu zählen Anträge auf einen neuen Führerschein oder Personalausweis oder das Eltern- und Bürgergeld.

Allerdings fiel niemand aus der Opposition dem Kanzler freudestrahlend um den Hals. Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, zeigte sich zwar für eine Kooperation offen, meinte aber auch, das Angebot von Scholz mache vor allem eines deutlich: "Dass die Gemeinsamkeiten in Ihrer Koalition offensichtlich beendet sind".

AfD-Fraktions- und Parteivorsitzender Tino Chrupalla spielte auf Scholz Augenklappe an, die dieser nach einem Sturz beim Joggen trägt, und sagte: "Öffnen Sie, wenn Sie können, wieder beide Augen." Dann solle Scholz besser den Weg für Neuwahlen frei machen. (Birgit Baumann aus Berlin, 6.9.2023)