Bei den großen drei in der US-Autoindustrie – Ford, GM und Stellantis – wird gestreikt. Rund 12.000 Mitglieder der Gewerkschaft United Auto Workers lassen derzeit keine Fahrzeuge vom Fließband rollen. Sie wollen deutlich mehr Lohn – und die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Also 32 für 40. Das Argument ist "Lebensqualität".

Nach hybrid kommt kürzer

Damit beantwortet sich die Frage, was nach der Pandemie, nach der Great Resignation, nach der Etablierung von hybrider Arbeit für Büromenschen in der Arbeitswelt breit kommt: der Kampf um eine Verkürzung der Arbeitszeit. SPÖ-Chef Andreas Babler und der ÖGB erhalten solcherart unerwarteten Rückenwind für ihre Forderung – seit Monaten Streitthema mit Interessenvertretungen der Wirtschaft und nebst der Ankündigung einer "heißen" Lohnrunde großes Angstthema auf Arbeitgeberseite. Hauptargumente der Wirtschaft dagegen sind der Fachkräftemangel und die Produktivitätsfrage.

Mitarbeitende der United Auto Workers mit Protestschildern bei ihrer Demo in Detroit
In Motown geht es jetzt um die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich.
IMAGO/Jim West

Just Ford-Gründer Henry Ford führte in den 1920er-Jahren die Fünftagewoche statt der Sechstagewoche ein. Jetzt sehen sich die Konzerne mit der Forderung nach nur vier Tagen am Fließband konfrontiert. Wie geht das aus? Selbst wenn die Autoarbeiter jetzt nicht siegen: Die große Katze ist aus dem Sack und lässt sich nicht mehr einfangen.

Zehn Stunden pro Tag

International wird schon länger mit der Viertagewoche experimentiert, meistens sind es Modelle mit verdichteten Arbeitsstunden pro Tag, die auch in Österreich schon Wirklichkeit sind. Verkürzte Arbeitswochen als Neuerung in der Arbeitswelt sind bis jetzt eher vereinzeltes Klassenprivileg für Büromenschen.

Jetzt ist die Revolution am Fließband der US-Autoindustrie da. Das könnte problematischen Wirbelwind in die anstehende Lohnrunde bei der aktuell gebeutelten heimischen Industrie tragen, die jetzt schon in Schrumpfung steckt. (Karin Bauer, 20.9.2023)