Bei dem Edelmetall sind die in Anlagefragen sicherheitsbedürftigen Menschen in Österreich nicht so zurückhaltend wie bei Aktien und anderen Wertpapieren. Denn es gilt als sicher, besonders in Krisenzeiten, obwohl es starke Kursschwankungen aufweisen kann. Hilfreich war für das Edelmetall die kleine Bankenkrise, die im Frühjahr Credit Suisse und etliche US-Geldhäuser zu Fall gebracht hatte und den Goldpreis kurzfristig über die Marke von 2000 US-Dollar je Feinunze getrieben hat. Allerdings lasteten danach die stark steigenden Zinsen auf dem unverzinsten Edelmetall, was den Kurs zuletzt knapp unter 1900 Dollar trieb. Inzwischen dürfte der Zinsgipfel aber schon zum Greifen nahe sein – ist das der Startschuss zu einem Aufwärtstrend?

Eine Hand in weißem Handschuh hält einen Goldbarren.
Zur Risikostreuung ist Gold ohnedies stets gut geeignet – nun hellen sich auch die Preisaussichten für das Edelmetall wieder auf.
APA/dpa/Sven Hoppe

Bei Raiffeisen Research geht man davon aus, dass die Aussichten für zumindest ein Jahr günstig sind. Analyst Aaron Alber legt die Gründe dar, die seiner Ansicht für den nötigen Rückenwind sorgen werden, um den Goldpreis bis Ende 2024 auf den neuen Rekordwert von rund 2150 Dollar zu treiben – denn so lautet seine Kursprognose für das Edelmetall.

Konjunktur

Es ist nicht gut bestellt um die Konjunktur in den USA und besonders in Europa. Wegen der hohen Inflation und der stark gestiegenen Zinsen ist zumindest eine schwächere Konjunkturdynamik mit Wachstumsraten unter Potenzial zu erwarten, wenn nicht sogar einer Rezession in Teilen der Eurozone. Wobei wegen der straffen Geldpolitik weitere Abwärtsrisiken bestehen. "Historisch gesehen hielt sich Gold in einem schwachen konjunkturellen Umfeld besser als die meisten anderen Assetklassen", sagt Analyst Alber.

Zinsentwicklung

Sowohl in den USA als auch in der Eurozone neigt sich der Straffungszyklus der Währungshüter dem Ende. Bei der US-Notenbank Fed ist zwar noch ein Zinsschritt möglich, für die Eurozone erwartet Alber keine weiteren Erhöhungen der Europäischen Zentralbank. Die Frage lautet nun, wie lange die Zinsen so hoch bleiben werden, denn: "Die Historie zeigt, dass ein Hochzinsumfeld meist eher nur von kurzer Dauer war", sagt der Analyst. Ab Mitte 2024 sollten sich ihm zufolge beide Zentralbanken sogar wieder dem Thema Zinssenkungen widmen – was die Entwicklung des Goldpreises begünstigen werde.

Währungsreserven

Die Zentralbanken spielen für den Goldmarkt generell eine große Rolle, denn sie treten auch direkt als Käufer auf. "Auf keinen Fall dürfen die Notenbanken unterschätzt werden, welche ihre Reserven verstärkt in Richtung Gold diversifizieren wollen", erklärt Alber. Auslöser des Schwenks war das Einfrieren der russischen Devisenreserven nach Beginn des Ukrainekriegs, worauf etliche Notenbanken, vor allem in den Schwellenländern, ihre Dollarbestände in den Währungsreserven zugunsten des Edelmetalls umzuschichten. Die Folge: Im vierten Quartal 2022 und dem heurigen Auftaktquartal erreichte die Notenbanknachfrage nach dem Edelmetall Rekordwerte.

Alber ist daher der Ansicht, "dass sich die robuste Zentralbanknachfrage des Vorjahres im Jahr 2023 und darüber hinaus fortsetzen wird". Gemäß einer Umfrage des Branchendiensts World Gold Council gaben 24 Prozent der befragten Notenbanken an, ihre Goldreserven in den nächsten zwölf Monaten aufstocken zu wollen.

Risikostreuung

Unabhängig davon, dass die Aussichten für das Edelmetall derzeit günstig erscheinen, sollte Gold wegen der Risikostreuung in einem Portfolio ohnedies stets mit einem kleinen Anteil, also als Depotbeimischung, vertreten sein. Warum? Das Edelmetall hat nur eine geringe Korrelation zu Aktien von 0,4 – es entwickelt sich also weitgehend unabhängig von den Aktienmärkten. (Alexander Hahn, 1.10.2023)