"Diese Bundestagsfraktion ist politisch tot." Mit schonungsloseren Worten als Dietmar Bartsch hat wohl noch niemand die geplante Abwicklung seiner eigenen politischen Heimat beschrieben. Noch ist er Chef der Linken-Fraktion im Deutschen Bundestag. Aber diese wird es nicht mehr lange geben. "Wir haben entschieden, dass wir in der nächsten Woche die Liquidation einleiten werden", sagt Bartsch. Dann wird die linke Fraktion in zwei Gruppierungen zerfallen: jene um Sahra Wagenknecht und ihre Getreuen sowie jene um Bartsch und seine Mitstreiter.

Sahra Wagenknecht 
Sahra Wagenknecht bereitet die Gründung ihrer Partei vor.
IMAGO/Frederic Kern

Gedanklich ist Wagenknecht schon weg. Die 54-Jährige war, nach langen Querelen um den inhaltlichen Kurs der Linken, am 23. Oktober aus der Linkspartei ausgetreten. An dem Tag stellte sie auch ihr neues Projekt "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) vor. Dieses soll die Gründung einer eigenen Partei bis Anfang 2024 auf den Weg bringen.

Wagenknecht folgten neun Bundestagsabgeordnete. Sie alle hatten aber einen Wunsch: bis zur Gründung der neuen Partei in der Linken-Fraktion zu bleiben. Ein entsprechender Antrag wurde gestellt, nun aber negativ beschieden. Die "Verlassenen" rund um Bartsch betrachten es als unmöglich, noch länger mit den Abtrünnigen in einer Fraktion zusammen zu sein.

Also wird diese aufgelöst. Eine dezimierte Fraktion kann nicht weiter bestehen, da die Zahl der Abweichler und Abweichlerinnen zu groß ist. Daher wird nur eine linke Gruppe im Bundestag übrigbleiben.

Nicht genug Mandatare

Die Truppe um Wagenknecht kann auch nur eine Gruppe bilden, sie hat ebenfalls nicht genug Mandatare, um einen Fraktionsstatus zu erreichen. Eine Gruppe hat im Bundestag weniger Rechte und Redezeit als eine Fraktion, ihr steht auch weniger Geld zur Verfügung.

Rund 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden ihren Job verlieren. Wagenknecht und ihre Leute hatten argumentiert, sie wollten in der Fraktion bleiben, um diese Arbeitsplätze zu erhalten. Doch diesen Zustand hatten viele ihrer ehemaligen Weggefährten und -gefährtinnen als unhaltbar bezeichnet.

Der Aufforderung von Gregor Gysi, die Mandate an Nachrücker und Nachrückerinnen zurückzugeben, wollte die Gruppe um Wagenknecht mit Verweis auf das "freie Mandat" nicht nachkommen. Laut einer Umfrage des Insa-Instituts käme die neue Partei von Wagenknecht aus dem Stand auf 14 Prozent. Sie will bei der EU-Wahl im Juni 2024 erstmals antreten. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.11.2023)