Galaxienhaufen
Der Galaxienhaufen MACS0416 leuchtet in 4,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung von der Erde.
NASA, ESA, CSA, STScI, J. Diego, J. D’Silva, A. Koekemoer, J. Summers & R. Windhorst, and H. Yan

Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht sensationelle Aufnahmen aus den Tiefen des Alls für Furore sorgen. Nun haben sich die beiden größten Teleskope außerhalb der Erde, das James-Webb-Space-Teleskop, das seit 2022 aus einer Entfernung von 1,5 Millionen Kilometern ungekannt scharfe Blicke auf das Universum liefert, und sein Vorgänger, das Hubble-Weltraumteleskop, zusammengetan. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Mit derart gebündelten Kräften haben Wissenschafterinnen und Wissenschafter von Nasa, Esa und der kanadischen Raumfahrtbehörde CSA den Galaxienhaufen MACS0416 ins Visier genommen. Der Cluster ist etwa 4,3 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und besteht aus zwei kollidierenden Galaxien, die sich irgendwann zu einem noch größeren Gebilde vereinigen werden. Das nun veröffentlichte Bild kombiniert die Stärken beider Teleskope und bietet mithilfe von sichtbarem und Infrarotlicht einen der detailliertesten Blicke auf das Universum, die jemals aufgenommen wurden, wie Nasa und Esa meldeten. Die spektakuläre Aufnahme, die auch eine Fülle von Galaxien außerhalb des Clusters beinhaltet, sei außerdem die farbintensivste, die es je gegeben habe.

Weihnachtsbaum-Galaxie

"Das Gesamtbild wird erst klar, wenn man Webb-Daten mit Hubble-Daten kombiniert", sagte Rogier Windhorst von der Arizona State University, dessen Team die Webb-Beobachtungen durchgeführt hat. Um das Bild des bunten Galaxientreibens zu erstellen, wurden die kürzesten Wellenlängen des Lichts blau, die längsten rot und die mittleren grün gefärbt. Blaue Galaxien sind relativ nah und weisen oft eine intensive Sternentstehung auf, während die roten Galaxien tendenziell weiter entfernt sind. Manche Galaxien erscheinen allerdings deshalb rot, weil sie große Mengen kosmischen Staubs enthalten, der blaues Licht absorbiert.

"Wir nennen MACS0416 den Weihnachtsbaum-Galaxienhaufen", sagte Haojing Yan von der University of Missouri in Columbia, "weil er so farbenfroh ist und wegen der flackernden Lichter, die wir darin finden. Wir können überall Transienten sehen." Transienten sind Objekte, deren Helligkeit sich im Verlauf der Zeit ändert. Während drei Beobachtungsphasen, die im Abstand von ein paar Wochen stattfanden, konnte das Forschungsteam ganze 14 solcher Transienten identifizieren. Zwölf davon sind auf Gravitationslinseneffekte zurückzuführen, die Sterne oder Sternsysteme für einen kurzen Zeitraum extrem vergrößert erscheinen lassen. Zwei weitere dürften Supernovae sein.

Sternensystem Mothra
Der Ausschnitt zeigt das rätselhafte Sternensystem "Mothra", das extrem vergrößert und hell erscheint.
NASA, ESA, CSA, STScI, J. Diego (Instituto de Física de Cantabria, Spain), J. D’Silva (U. Western Australia), A. Koekemoer (STScI), J. Summers & R. Windhorst (ASU), and H. Yan (U. Missouri).

Monsterhaftes Sternensystem

Unter den Transienten fiel besonders ein Sternensystem auf, das um den Faktor 4000 vergrößert erscheint. Das Team gab dem System, das sich in einer Galaxie befindet, die etwa drei Milliarden Jahre nach dem Urknall existierte, den Spitznamen "Mothra", benannt nach einem gigantischen Monster aus dem japanischen Kino. "Mothra" ist extrem hell und extrem vergrößert. Interessanterweise wurde es schon vor neuen Jahren von Hubble entdeckt – was den Forschenden zufolge sehr ungewöhnlich ist, da nur eine ganz bestimmte Konstellation der Galaxie im Vorder- und des Sterns im Hintergrund diesen Gravitationslinseneffekt ermöglicht.

Die wahrscheinlichste Erklärung dafür sei ein kugelförmiger Sternencluster, der als zusätzliche Vergrößerungslinse dient, aber zu schwach ist, um von Webb direkt beobachtet zu werden, vermuten die Wissenschafter. Die genaue Natur dieser Linse bleibt jedoch – noch – im Dunkeln. (Karin Krichmayr, 11.11.2023)

Pan of MACS0416
This panchromatic view of galaxy cluster MACS0416 was created by combining infrared observations from the NASA/ESA/CSA James Webb Space Telescope with visible-light data from the NASA/ESA Hubble Space Telescope.
HubbleWebbESA