Frau verlässt glücklich das Büro
Am Donnerstag die Arbeit beenden? Bei vielen kann das zu mehr Freude an der Arbeit führen.
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Kaum ein Thema sorgt in der neuen Jobwelt für mehr Kontroversen als eine kürzere Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich. Sie soll zu mehr Wohlbefinden durch mehr Freizeit und Erholung führen und dadurch zu mehr Motivation und Produktivität, heißt es von Fachleuten. Weniger Arbeitszeit und dafür volles Gehalt sehen jedoch einige Politikerinnen und Politiker sowie auch Unternehmerinnen und Unternehmer als unrealistisch und fatal in Bezug auf den Fachkräftemangel und die wirtschaftlichen Probleme auf der Welt an.

Auch unter Beschäftigten sind die Meinungen offenbar geteilt. Zu dem Ergebnis kommt eine neue Onlineumfrage der Jobplattform Xing unter 900 Erwerbstätigen zwischen 18 und 65 Jahren. Rund 65 Prozent würden sich eine Viertagewoche wünschen, allerdings sehen sie die 32-Stunde-Woche nicht als Muss. In allen Altersgruppen sei die Zustimmung zur Viertagewoche homogen. In Niederösterreich und dem Burgenland – traditionell pendeln hier viele weit – sei die positive Meinung über die kürzere Arbeitswoche aber höher als in den anderen Bundesländern.

Knapp die Hälfte sieht die 32-Stunden-Woche als wichtige Entwicklung am Arbeitsmarkt, und mehr als zwei Drittel denken, dass Unternehmen ihre Attraktivität durch das Angebot deutlich steigern könnten. Allerdings denkt auch jede und jeder Zweite, dass durch die allgemein kürzere Arbeitszeit mehr Überstunden gemacht werden müssten. Zu mehr Leistung und Produktivität würde es aber trotzdem kommen, meinen knapp 60 Prozent der Befragten.

Auch ohne volles Gehalt

Ein Drittel der Österreicherinnen und Österreicher glaubt an eine bessere psychische Gesundheit durch weniger Arbeitsstunden. Immerhin wäre ein Drittel auch mit einer 32-Stunden-Woche ohne vollen Lohnausgleich zufrieden. In Deutschland, wo die gleiche Umfrage durchgeführt wurde, sind die Ergebnisse recht ähnlich: 62 Prozent fänden eine 32-Stunden-Woche wichtig und erwarten sich davon weniger Stress und eine Verbesserung der physischen und psychischen Gesundheit.

Generell ist in Österreich die Arbeitszeit rückläufig. Vor rund 20 Jahren betrug die Durchschnittsarbeitszeit hierzulande noch fast 36 Stunden, in den letzten beiden Jahren waren es nur noch 30 Stunden. Unter Interessenvertretungen sowie Politikerinnen und Politikern wird darüber immer wieder hitzig diskutiert. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) betont immer wieder, eine Viertagewoche sei realitätsfremd und nicht machbar. Es müsse mehr und nicht weniger gearbeitet werden. Die sinkenden Stundenzahlen unter Beschäftigten würden durch immer mehr Teilzeitkräfte entstehen.

Nicht der Meinung sind – erwartbar – Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sowie die SPÖ. Diese haben schon oft für eine geringere Arbeitszeit plädiert. AK-Präsidentin Renate Anderl etwa sieht die 40-Stunden-Woche als veraltet und im 21. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß an. Gewerkschaftsbundpräsident Wolfgang Katzian ist außerdem der Meinung, dass ein Fachkräftemangel andere Ursachen als eine zu geringe Arbeitszeit habe.

Produktivität nicht geringer

Zwar unterscheiden sich auch die Prognosen, wie sich eine kürzere Arbeitszeit auf die Produktivität auswirken kann. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo errechnete zum Beispiel im Auftrag der Arbeiterkammer, dass eine Reduktion der Normalarbeitszeit um 3,5 Prozent das Bruttoinlandsprodukt um bis zu ein Prozent niedriger ausfallen lassen könnte. Das Institut Eco Austria errechnete hingegen im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich bei einer 32-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich ein Minus des BIP von bis zu 9,6 Prozent.

Außerdem kam das Wifo auf 0,6 bis 1,5 Prozent mehr Produktivität durch weniger Stunden, Eco Austria hingegen auf kaum eine Produktivitätssteigerung. Allerdings – und darin sind sich die meisten einig – müssten in der Debatte über eine kürzere Arbeitszeit die unterschiedlichen Möglichkeiten für unterschiedliche Branchen mitgedacht werden. Bei administrativen Aufgaben im Büro ist eine kürzere Arbeitszeit leichter durchsetzbar als in der Gesundheitsbranche. (mera, 24.11.2023)