Auf der Klimakonferenz in Dubai wird ein Aus für fossile Brennstoffe wohl kaum in der Abschlusserklärung beschlossen werden. Die Neuigkeiten sind wenig überraschend: Auf dem UN-Klimagipfel müssen alle Parteien – egal wie klein der Staat ist – jedem einzelnen Wort in dem finalen Dokument zumindest stillschweigend zustimmen. Die rund 200 Länder müssen einen Konsens zu den Formulierungen finden. Das ist angesichts der unterschiedlichen Interessen denkbar schwierig.

Mehrere Demonstrantinnen und Demonstranten halten Schilder hoch und protestieren in Dubai gegen die weitere Förderung fossiler Brennstoffe.
In Dubai fordern Aktivistinnen und Aktivisten die Staaten zum Handeln auf: Sie sollen ein fossiles Ende einläuten – das gilt allerdings als unwahrscheinlich.
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Ein am Dienstag verbreiteter Textentwurf für die Abschlusserklärung zeigt drei Optionen auf: In der ersten ist die Rede von einem "geordneten und gerechten Ausstieg" aus fossilen Brennstoffen. Die Betonung auf "gerecht" lässt die Formulierung vage – damit könnten zum Beispiel eigene Regelungen vor allem für Länder getroffen werden, die besonders stark von fossilen Brennstoffen abhängig sind.

In der zweiten Option ist die Rede von einer "Beschleunigung der Bemühungen um einen unverminderten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen". Hier ist die Rede von der Mitte des Jahrhunderts. In einer dritten Option wird die Bezeichnung eines fossilen Aus umgangen. Es ist durchaus üblich, dass in der ersten Verhandlungswoche mehrere Optionen auf dem Tisch liegen, erklärt Klimaexperte Johannes Wahlmüller von Global 2000. Viele der Ministerinnen und Minister reisen erst in der zweiten Gipfelwoche an. Dann werden Listen erstellt, bei welchen Formulierungen man hart bleibt und wo man sich nachgiebig zeigt. Dabei kann es sein, dass auch Optionen wieder wegfallen.

Darüber hinaus wird versucht, durch geschickte Formulierungen Hintertüren in der Abschlusserklärung einzubauen. Etwa durch den Begriff "unabated". Dieser bedeutet so viel wie "nicht abgemindert" und bezieht sich auf die Kohlenstoffspeicherung. Für solch eine "Weichspülformulierung" könnte sich etwa die EU einsetzen, erklärt Wahlmüller.

Länder stellen sich quer

Einige Länder machen keinen Hehl daraus, dass sie kein Ende von Öl, Kohle und Gas anstreben: Saudi-Arabiens Energieminister etwa erklärte, dass sein Land einem fossilen Aus "absolut nicht" zustimmen wird. Und auch Al Jaber, Präsident der heurigen Klimakonferenz und Öl-Boss in den Vereinigten Arabischen Emiraten, hat laut Medienberichten in einer Videokonferenz gesagt, dass es "keine wissenschaftlichen Belege" dafür gebe, dass ein Ausstieg aus Fossilen für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels notwendig sei.

Auf der Konferenz wurden zuletzt zwei Begriffe wie heiße Kartoffeln gehandelt: Ein "Phase-out", also ein komplettes Ende von fossilen Rohstoffen; sowie ein "Phase-down", also eine Reduktion der Förderung. UN-Generalsekretär Antonío Guterres sprach sich klar für ein absolutes Ende von Öl, Gas und Kohle aus: "Ich fände es schade, wenn wir bei einem vagen und unverbindlichen 'Phase-down' bleiben würden, dessen wahre Bedeutung für niemanden offensichtlich wäre." Was jedenfalls fehlt, ist ein Enddatum für fossile Brennstoffe. "Das müsste spätestens 2050 sein, damit 1,5 Grad in Reichweite bleiben", sagt Wahlmüller.

Welche Staaten sich nun für welche Formulierungen einsetzen werden, ist noch offen – und damit auch der Ausgang der Konferenz. Traditionell stellen sich die Opec-Länder gegen ein fossiles Ende, ebenso Australien. Spannend wird, wozu sich die USA bekennen. Eigentlich haben sich die G7-Staaten im April erstmals auf einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen geeinigt – aber ohne Datum. In den USA wird jedoch nach wie vor viel Öl und Gas gefördert.

Event für die Öllobby

Unter Expertinnen und Experten galt es schon vor Beginn der Konferenz als unwahrscheinlich, dass gerade im Gastgeber- und Ölförderland Vereinigte Arabische Emirate ein fossiles Ende beschlossen wird. Noch dazu ist die fossile Lobby mit mehr als 2400 Personen auf der Konferenz vertreten. Zum Vergleich: Die Delegationen aus den zehn am stärksten von der Klimakrise betroffenen Länder machen laut dem Netzwerk Kick Big Polluters Out nur rund 1500 Personen aus.

Nicht zuletzt hat egal, was in der Abschlusserklärung stehen wird nur "deklarativen Charakter", sagt Wahlmüller – es ist also nicht verbindlich. Wichtiger wäre es, Dinge, zu denen sich die Staaten bekennen, nachher mit Arbeitsprogrammen zu hinterlegen – etwa im Rahmen der nationalen Klimaschutzpläne. Jene Staaten, die für ein absolutes fossiles Aus wären, könnten das aber so oder so auch im Alleingang machen, erklärt der Klimaexperte: "Das wäre ein noch viel stärkeres Signal".

Bereits einiges beschlossen

Während das große Abschlussdokument noch aussteht, hat sich in der ersten Woche in Dubai dennoch einiges getan. Allen voran wurde viel Geld zugesagt. Ein Überblick:

Neuer Fonds für Klimaschäden: Gleich am ersten Tag einigten sich die Staaten auf die Einsetzung eines Geldtopfs, der ärmeren Staaten helfen soll, mit Klimaschäden zurechtzukommen. Bis kurz vor dem diesjährigen Gipfel waren einige Kernfragen umstritten – umso überraschender gelang der schnelle Durchbruch. Bisher wurde der Topf mit über 650 Millionen Dollar gefüllt. Das meiste Geld kommt mit 108 Millionen Dollar aus Frankreich, gefolgt von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Deutschland mit je 100 Millionen. Interessant ist die Beteiligung der Emirate: So wie auch Saudi-Arabien oder China gilt das Land laut einer veralteten Uno-Definition weiterhin als Entwicklungsstaat – bisher argumentierten die Regierungen, sie hätten keine Verantwortung, in den Fonds einzuzahlen, oder hielten sich in den Diskussionen zurück. Dass die Emirate sich nun beteiligen, ist ein Signal an neue mögliche Geberländer.

Globale CO2-Steuern: Am dritten Tag der COP starteten unter anderem Frankreich, Spanien, Kenia und Barbados eine Arbeitsgruppe für neue Steuermodelle. Sie soll innerhalb der kommenden zwei Jahre neue Abgaben vorschlagen, die dann in die Klimafinanzierung fließen. Möglich ist etwa eine CO2-Steuer auf die internationale Schifffahrt, für die Flugindustrie sowie auf fossile Brennstoffe. Laut einer Schätzung des Climate Action Networks (CAN) könnte eine Steuer für die Schifffahrt 60 Milliarden Euro im Jahr einbringen, eine Steuer auf die Förderung fossiler Brennstoffe rund 210 Milliarden Euro. Dabei wird mit einer Abgabe von fünf Dollar pro verursachter Tonne CO2 gerechnet. Dieses Geld könnte in den Fonds für Klimaschäden fließen. Außerdem haben mehrere Entwicklungsbanken wie die Weltbank angekündigt, die Rückzahlung von Schulden auszusetzen, wenn Staaten mit Extremwetterschäden zu kämpfen haben.

Umstrittene Netto-Null der fossilen Industrie: Rund 50 Öl- und Gaskonzerne, die zusammen 40 Prozent der globalen Produktion ausmachen, haben angekündigt, bis 2050 klimaneutral werden zu wollen. Unter den Konzernen sind auch Riesen wie Aramco oder Exxonmobil. Gemeint sind dabei allerdings nur jene Emissionen, die bei der Produktion selbst entstehen, nicht aber beim Verbrennen von Öl und Gas. Damit umfasst die Ankündigung gerade einmal rund zehn Prozent der Emissionen, die mit den Konzernen in Verbindung gebracht werden.

Stärkung für den Kohleausstieg: Die Vereinigten Staaten und sechs weitere Länder sind in Dubai der Powering Past Coal Alliance beigetreten. Das heißt, dass sie keine neuen Kohlekraftwerke mehr bauen werden, bestehende sollen auslaufen. Ein klares Enddatum für den Ausstieg wurde allerdings nicht genannt. Neben den USA traten Tschechien, Zypern, Island, Kosovo, Norwegen und die Dominikanische Republik der Allianz bei. China und Indien schlossen sich ihr trotz diplomatischer Bemühungen weiterhin nicht an.

Kolumbien macht Absage an fossile Brennstoffe: Bisher haben sich 26 Staaten für einen kompletten Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Erdgas ausgesprochen. Allerdings produzieren diese Staaten kaum selbst fossile Brennstoffe – mit Ausnahme von Kolumbien, das der Allianz nun ebenfalls beigetreten ist. Das Land produziert etwa ein Prozent der weltweiten Fördermenge. Der Großteil davon ist Kohle, Kolumbien ist neben Südafrika Europas wichtigster Kohlelieferant.

Atomenergie verdreifachen: In der ersten Konferenzwoche wurde eine neue Atomallianz präsentiert: 22 Staaten, darunter die USA, Japan, Großbritannien und Frankreich, haben angekündigt, dass die weltweiten Atomenergiekapazitäten bis 2050 verdreifacht werden sollen. Die Länder wollen ihre Zusammenarbeit ausbauen und werben gemeinsam um Finanzkapital für die Technologie. Atomenergie habe "eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren und das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten", heißt es in der Erklärung. (Nora Laufer, Alicia Prager, 5.12.2023)