Blick auf den Adler im Plenum des Bundestages.
Blick auf den Adler im Plenum des Bundestags.
IMAGO/Thomas Trutschel/photothek

Berlin – Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag ist politisch seit Mitternacht Geschichte. Ihr eigener Beschluss zur Auflösung wurde um 0 Uhr wirksam. Damit gelten vorerst alle 38 betroffenen Abgeordneten als fraktionslos. Hintergrund ist der Austritt von Sahra Wagenknecht und neun weiteren Abgeordneten aus der Partei Die Linke. Sie wollen im Jänner ein Konkurrenzprojekt gründen. Vorangegangen war ein jahrelanger Richtungsstreit.

Video: Deutsche Linksfraktion im Bundestag existiert nicht mehr
AFP

Wagenknechts Mitstreiter Christian Leye sagte der Deutschen Presse-Agentur, bei der Auflösung der Fraktion sei natürlich Wehmut dabei. "In der Fraktion, aber auch in der Partei gibt es Menschen, die ich sehr respektiere und vor allem wertschätze. Am Ende aber ging es um eine politische Entscheidung: Die Mehrheit der Funktionäre in der Linken hat sich den Krisen der Zeit nicht mehr gestellt." Nötig seien Antworten auf soziale Spaltung, wirtschaftlichen Niedergang, Krieg und den Aufstieg rechter Antidemokraten. "Dem stellen wir uns, und das ist gut und richtig", meinte Leye.

Zwei unterschiedliche Gruppen im Bundestag

Die ehemaligen Fraktionsmitglieder wollen sich in zwei unterschiedlichen Gruppen im Bundestag neu formieren: die verbliebenen 28 Abgeordneten der Linken einerseits und die zehn Abgeordneten des "Bündnisses Sahra Wagenknecht" andererseits. Die Linke hat dies beim Bundestag schon beantragt, die Gruppe um Wagenknecht will es nächste Woche tun.

Solche Gruppen haben im Bundestag in der Regel weniger Rechte als Fraktionen und bekommen auch weniger finanzielle Unterstützung vom Staat. Die Details werden in einem Bundestagsbeschluss geregelt. Wann das Plenum darüber entscheidet, ist offen.

Die Linksfraktion hatte sich 2005 aus Mitgliedern der Linkspartei PDS und der WASG gegründet, zwei Jahre vor der formalen Fusion beider Parteien. Da die Fraktion ohne die zehn Abgeordneten um Wagenknecht die Mindestgröße von 37 Sitzen verfehlen würde, beschloss sie im November ihre Liquidation ab 6. Dezember. Das sogenannte Liquidationsverfahren könnte sich Monate oder Jahre hinziehen, weil alle vertraglichen Beziehungen abgewickelt werden müssen. Dazu zählt die Kündigung von etwa 100 Mitarbeitern. (APA, 6.12.2023)