Am Eröffnungstag eines Museums erwartet man sich Schlangen, Gedränge, Ungeduld – und durchs lange Warten knurrende Mägen. Donnerstagmittag aber herrscht im wiedereröffneten Wien-Museum gelassene Ruhe. Die Menschen wuseln gediegen durch die Ausstellungsstücke, in den neuen Lokalen ist die Stimmung erwartungsvoll, aber gechillt. Gleich zwei Gastronomien sperrten mit dem Museum auf: Im Erdgeschoß befindet sich das Restaurant trude, das unabhängig von den Museumsöffnungszeiten Speisen anbietet. Im Dachgeschoß findet man das &töchter, ein kleines Café-Bistro mit großer Dachterrasse.

Wien Museum außen
Das fertige Wien-Museum. Unter dem Betonklotz findet sich ein Café, rechts unten im Eck beherbergt man ein Restaurant.
Foto: Kevin Recher

Unten im Restaurant

Im Restaurant, dem prominenteren Gastrokonzept, ist es ruhig. Einzelne Tische sind besetzt, auf manchen stehen "Reserviert"-Täfelchen. Hektisch ist es nicht. Das vielköpfige Team schwirrt umher, stimmt sich ab, fragt untereinander nach Hilfe und ist dem Gast gegenüber aufmerksam. Die Karte wird sorgfältig erklärt: Im trude gibt es Frühstück, Mittagsmenüs mit zwei oder drei Gängen zu je 14 bzw. 17,50 Euro und eine Abendkarte. Das Wien-Museum-Restaurant hat sich, nonanet, der Wiener Küche verschrieben, wenn auch in modernisierter Form. Schnitzel, Zander, Schweinsbackerln gibt's für die Fleischesser, Risotto und Spitzkohl als Hauptspeisen für vegan und vegetarisch lebende Personen. Preislich pendeln sich die Gerichte bei 15 bis 28 Euro ein.

In dieser Woche stehen unter anderem Tortillas mit Süßkartoffeln und Bohnen und Karotten-Ingwer-Suppe auf der Karte. Als Hauptspeise serviert man Kalbsbutterschnitzel oder Spinatknödel. Schnell werden die Gerichte serviert, allerdings gleichzeitig auf einem schiachen Kantinentablett. An sich ist das praktisch, weil keine Wartezeit entsteht. Mittags essen gehen ist ohnehin schon stressig. Außerdem kann man endlich den Kuchen noch vor der Suppe essen, so wie man es in Kindheitstagen immer machen wollte.

Einen Haken hat das Ganze: Bei einer Person am Tisch haben drei Teller noch gut Platz. Das Paar am Nebentisch kämpft aber mit sechs vollen Tellern damit, bequem zu essen. Zum Schluss stapelte sie wie beim Running Sushi das leere Geschirr. Das Kantinensystem sollte man vielleicht nochmals überdenken. Allerdings passt es zur Einrichtung: Das überwiegend in Schwarz und Holz gehaltene Interieur erinnert an eine fancy Kantine. Abends ist hier die Stimmung sicherlich gemütlicher.

Eröffnung Lokal Trude Wien Museum Raum
Noch wenig los am Eröffnungstag.
Foto: Kevin Recher

Das Mittagsmenü ist durchaus solide: Die Tortilla ist gut gefüllt, an etwas mehr Würze darf man sich gerne trauen. Die Sriracha-Mayo reißt die Vorspeise raus. Die Kalbsbutterschnitzel dagegen sind fein abgemacht, sympathisch unförmig, sodass sie völlig unindustriell wirken. Sie liegen in einer kräftigen Sauce, angenehm umamig. Das Süßkartoffelpürree, das mehr Mousse ist, hat die Aufpasserrolle, dass das Gericht nicht in eine Deftigkeitsorgie ausartet.

Mittagsmenü mit Tortilla und Kalbsbutterschnitzel.
Mittagsmenü mit Tortilla und Kalbsbutterschnitzel.
Foto: Kevin Recher

Oben im Café

Während es im Restaurant – noch – gemächlich zugeht, herrscht mehrere Stockwerke darüber Stress. Beim Café &töchter wartet eine lange Schlange auf Cappuccino und Kardinalschnitte. Nur langsam kommt der Kaffee aus der Maschine. Hier ist einiges los, aber ein Run schaut auch anders aus. Die Turnhallen-Atmosphäre täuscht vielleicht. Gemütlichkeit versprüht das Café nicht, man sitzt in einer riesigen Wartehalle, die Stühle lieblos in einen absurd großen Raum gestellt. Selten fühlt man sich so lost wie hier.

Der Andrang auf das Café ist wegen der Aussicht so groß. Die Dachterrasse lockt jede und jeden in die eisige Luft hinaus, um einen Schnappschuss von der eindrucksvollen Karlskirche und dem Christkindlmarkt zu machen. Für den Espresso verlangt man 3,10 Euro, für die Melange 4,50 Euro. Kuchen, Strudel, Tartes sind um knapp fünf Euro zu haben. Geöffnet hat das &töchter wie das Museum – von 9 oder 10 Uhr, je nach Tag, bis 18 Uhr, montags hat man geschlossen.

Das Café ist zumindest an diesem Tag eine Schwachstelle. Einer Schar an Menschen ist es noch nicht gewachsen. Alternativ muss man ins ebenerdige Restaurant ausweichen, aber da fehlt einem der imposante Ausblick. Zumindest ist die Wartezeit dort kürzer.

Cafe im Wien Museum.
Schlange stehen im Café.
Foto: Kevin Recher
Cafe im Wien Museum.
Turnsaalfeeling. Es gibt gemütlichere Cafés.
Foto: Kevin Recher

Bekannte Betreiber

Benannt sind die beiden gastronomischen Konzepte nach der Fotografin Trude Fleischmann. Sie ist vor allem durch ihre Porträt- und Modefotografien sowie Bewegungsstudien bekannt. Das Wien-Museum widmet ihr auch eine Ausstellung.

Blick auf die Karlskirche.
Blick von der Dachterrasse.
Foto: Kevin Recher

Bereits im Frühjahr wurde bekannt, dass die GMS Gourmet GmbH den Zuschlag für den Lokalbetrieb im Museum bekommen hat. Der Konzern betreibt in Wien bereits das Café Schwarzenberg, die Bar in der Staatsoper, den Rathauskeller und auch zwei Lokale in Museen, nämlich im Technischen Museum und im Kunsthistorischen Museum.

Viel Potenzial haben die beiden Gastronomien auf alle Fälle. Der erste Eindruck stimmt zumindest positiv. Jetzt muss nur wieder mehr Sommer werden, damit auch der Schanigarten mit Blick auf die Karlskirche aufsperren kann. (Kevin Recher, 7.12.2023)