Lars Klingbeil und Saskia Esken nach ihrer Wiederwahl beim SPD-Parteitag.
Lars Klingbeil und Saskia Esken sind wieder Vorsitzende der SPD.
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Eigentlich hat er ja keine guten Nachrichten mitgebracht. Am Donnerstag, also einen Tag vor Beginn des dreitägigen Treffens der Sozialdemokratie, wurde klar, dass die Ampelkoalition unter Führung von Scholz in diesem Jahr keinen Haushalt mehr für das Jahr 2024 aufstellen wird. Die drei Parteien schaffen nämlich keine Einigung. Die Umfragewerte der SPD liegen zwei Jahre nach der Bundestagswahl auch nur noch zwischen 15 und 17 Prozent. Damit schneidet sie schwächer ab als die AfD. In der Ampel rumpelt es ständig.

Sogar die Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil haben vor dem Parteitag in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) Fehler der SPD eingeräumt. Die Menschen in Deutschland seien verunsichert, so Klingbeil. Er meinte: "Auch die Regierung hat zur Verunsicherung beigetragen mit dem großen Streit über das Heizungsgesetz, dem Streit über die Kindergrundsicherung. Da haben wir Vertrauen verspielt."

Doch am Freitag, als sich die Genossinnen und Genossen im Berliner City Cube versammeln, ruft ihnen Malu Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, bei der Eröffnung des Parteitages zu: "Wir haben keinen Grund für Verzagtheit!" Die SPD könne vielmehr "mit großer Zuversicht in die Zukunft schauen". Dreyer setzt auch schon den Tenor der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: "Wir werden nicht mit der Abrissbirne gegen den Sozialstaat vorgehen."

Mühsame Verhandlungen

Dass dies passieren könne, fürchten nicht wenige in der SPD seit dem Urteil des deutschen Verfassungsgerichts Mitte November. Da untersagte das Gericht der Ampelregierung, 60 Milliarden Euro an nicht verbrauchten Kreditlinien aus der Corona-Zeit nach einer Umbuchung in einem neuen Klimafonds zu horten. Seither diskutiert Deutschland, wo man am besten sparen könnte. Allein im – eben noch nicht fertigen – Haushalt 2024 fehlen 17 Milliarden Euro.

"Olaf führt diese Verhandlungen in enger Abstimmung mit uns. Und die sind bestimmt nicht leicht", sagt Parteichefin Saskia Esken über die Gespräche des Kanzlers mit Grünen und FDP. Man habe in den zwei vergangenen Jahren seit Scholz’ Amtsantritt als Kanzler "schon viel erreicht", so Esken. Und dennoch würden CDU und CSU "im Chor mit der AfD gegen die Ampel hetzen". Bei Erwähnung der AfD gibt es einige Bekundungen des Missfallens in den Reihen der Genossinnen und Genossen.

Am Freitag ist auch bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz die AfD in Sachsen nach mehrjähriger Beobachtung nun als "gesichert rechtsextremistisch" einstuft. Die AfD Sachsen ist also, nach Thüringen und Sachsen-Anhalt, der dritte Landesverband mit diesem Etikett. Aber lange hält sich Esken nicht mit der AfD auf. Sie umreißt lieber die Aufgabe der SPD für die kommende Zeit: "Lasst uns zeigen, dass sie führende Regierungspartei und soziale Bewegung sein kann." Esken ist recht heiser, am Schluss bringt sie die Worte kaum noch heraus.

Umstrittene Schuldenbremse

Frischer ist nach ihr Co-Parteichef Lars Klingbeil, der ebenfalls auf rasche Klarheit beim Haushalt 2024 drängt: "Es braucht Förderzusagen für die Unternehmen, für die Beschäftigten." Er wolle nicht, sagt er, dass angesichts der knappen Kassen in Deutschland Hilfen für die Ukraine, Klimaschutz und Hilfe für finanziell Schwächere gegeneinander ausgespielt werden. Klingbeil: "Alles drei muss möglich sein."

Scholz spricht an diesem ersten Tag des Parteitags nicht. Sein Auftritt ist für Samstag, zehn Uhr Vormittag geplant. Möglicherweise kann er dann zumindest eine grundlegende Einigung der Ampel darüber verkünden, wie es finanziell weitergehen soll. Viele in der Sozialdemokratie jedenfalls drängen auf eine Reform der Schuldenbremse. Diese sei zum "Wohlstandsrisiko" geworden und gehöre neu ausgelegt, meint auch Klingbeil. Er und Esken wurden vom Parteitag wieder zu SPD-Chefs gewählt. Esken erhielt 82,6 Prozent Zustimmung, Klingbeil 85,6 Prozent. (Birgit Baumann aus Berlin, 8.12.2023)