Kanzler Olaf Scholz wurde am Parteitag für seine Rede gefeiert.
Kanzler Olaf Scholz wurde am Parteitag für seine Rede gefeiert.
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Es waren am Sonntag, als der dreitägige Parteitag der SPD endete, viele zufriedene Gesichter zu sehen, vor allem bei der Führung. Die große Abrechnung der Basis war ausgeblieben, das machte sich auch bei den Wahlergebnissen bemerkbar. Saskia Esken erhielt bei ihrer Wiederwahl als Parteichefin 82,6 Prozent, Lars Klingbeil 85,6 Prozent, Generalsekretär Kevin Kühnert sogar 92,6 Prozent.

Auch der Leitantrag, in dem die SPD höhere Belastungen für Superreiche, ein neuerliches Aussetzen der Schuldenbremse 2024 und dann eine Reform derselben fordert, wurde angenommen. Höhepunkt war für viele die Rede von Kanzler Olaf Scholz gewesen, in der dieser klargestellt hatte: "Es wird in einer solchen Situation keinen Abbau des Sozialstaats in Deutschland geben."

Scholz ist zuversichtlich

Das war der Satz, auf den die Roten gewartet hatten. Der Jubel für Scholz war an dieser Stelle am lautesten. Der Kanzler hatte auch noch eine Botschaft an diejenigen, die meinten, der Sozialstaat sei das größte Problem in Deutschland: "Ich will euch sagen: Das sehe ich nicht so."

Wann in Berlin weißer Rauch aufsteigen wird, wann also Scholz, Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sich im Budgetstreit einigen werden und die fehlenden 17 Milliarden Euro für den immer noch nicht fertigen Haushalt 2024 finden werden, ließ Scholz offen. Er meinte nur: "Ich will hier an dieser Stelle doch die Zuversicht vermitteln, dass es uns gelingen wird."

In sozialdemokratischen Kreisen teilen aber nicht alle diese Zuversicht. Vielmehr geht dort die Sorge um, dass Lindner, der ja auch FDP-Chef ist, die Koalition platzen lassen könnte. Denn er hatte mögliche Sparpläne so umrissen: "Wir werden uns mit drei großen Kostenblöcken beschäftigen müssen." Das sind für ihn die Bereiche Soziales, internationale Hilfen und staatliche Förderprogramme. Zum Sozialbereich, der 45 Prozent der Ausgaben des Bundes ausmacht, meinte der Finanzminister: "Da werden wir schauen, wie man treffsicherer werden kann."

Spekulationen um Provokation

Die Süddeutsche Zeitung zitiert einen nicht namentlich genannten SPD-Politiker aus der Führungs­riege mit folgender Einschätzung über Lindner: "Der will den Bruch pro­vozieren." Viele Genossinnen und Genossen machen Lindner dafür verantwortlich, dass Scholz ohne konkrete Budgetbotschaft zum Parteitag kommen musste. "Christian Lindner bettelt gerade um seinen Rauswurf", meint laut Süddeutscher Zeitung ein einflussreicher Bundestagsabgeordneter.

Ähnliches berichtet die Bild-Zeitung, die ebenfalls ein SPD-Präsidiumsmitglied zitiert: "Lindner zockt mit seiner Blockadehaltung darauf, aus der Ampel rausgeschmissen zu werden. Er hat Angst, selbst zu gehen. Er würde sich beim Rauswurf als Märtyrer für die Schuldenbremse inszenieren." Scholz hingegen will noch vor Weihnachten zu einer Lösung kommen. (Birgit Baumann aus Berlin, 10.12.2023)