Felix Schellhorn kocht das RONDO-Weihnachtsmenü.
Felix Schellhorn kocht heuer das RONDO-Weihnachtsmenü.
Helena Kalleitner

Im Februar kündigte Sepp Schellhorn seinen Rückzug aus dem Seehof in Goldegg an. Die Food-Szene horchte auf: Wie geht es mit dem mächtigen Gastronomen weiter? Heute weiß man, er kehrt für die Neos zurück in die Politik (und leitet seine anderen Lokale). Ein kleines, nicht minder wichtiges Detail stieß damals auf wenig Aufmerksamkeit: Sein Sohn Felix Schellhorn übernimmt das Restaurant und Hotel im Salzburger Pongau. Diese Neuigkeit blieb von seinem berühmten und lauten Vater überschattet. Er selbst kam noch wenig zu Wort.

"Ich möchte erst mal anfangen und kein Tamtam draus machen", sagt Felix Schellhorn. Ja, er hatte bisher keinen Bock öffentlich über seinen neuen Job zu reden. Und nein, er hat keine Angst in die Fußstapfen seines übergroßen Vaters zu treten. "Ich habe genug Selbstvertrauen. Ich weiß, dass meine Füße nicht so klein sind", sagt er.

Felix Schellhorn führt nicht nur das Restaurant im Seehof, sondern leitet auch das Hotel. Dessen Agenden hat er von seiner Mutter übernommen.
Felix Schellhorn führt nicht nur das Restaurant im Seehof, sondern leitet auch das Hotel. Dessen Agenden hat er von seiner Mutter übernommen.
Helena Kalleitner

Der 30-Jährige leitet seit 1. Dezember das Restaurant und Hotel Seehof und führt damit das Familienunternehmen weiter. 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leitet er. Als Chef will er so sein wie als Typ auch: offen, kommunikativ und fair. Mit Pfannen wird er in der Küche nicht schmeißen. "Die Gastronomie ist knallhart, aber das Knallharte will ich nicht in die Mitarbeiterführung mitnehmen", sagt Schellhorn. Die Übernahme sei "a lot of work". Man müsse viel reden und ausmachen – vor allem mit der Familie. Seine Mama leitete bisher die Hotelgeschäfte. Man engagierte einen externen Berater, damit Entscheidungen nicht nur dem Übergeber und Übernehmer zufallen, erzählt Schellhorn.

Weniger statt mehr

"Es ist schon eine krasse Umstellung vom Kunststudenten zum Hotelier", sagt der junge Koch. Vor vier Jahren habe er die Entscheidung getroffen, den Seehof zu übernehmen. Dass dieser Tag nun gekommen ist, "ist jetzt natürlich heavy", gibt er zu. Bereits im August zog er von Wien nach Goldegg. Die Ortschaft sei der Grund, warum ihm der Umzug nicht gänzlich schwerfällt. "Es ist ein super Ort zum Leben", sagt Schellhorn. Außerdem könne er mit dem guten Ruf des Haubenrestaurants auf ein "markentechnisch super Fundament" zurückgreifen und damit arbeiten. Er hat damit einen klaren Startvorteil, andere müssen ihr Lokal erst etablieren.

Felix Schellhorn hat sich für uns in die Küche gestellt.
Helena Kalleitner

Was sich mit ihm im Seehof ändert? "Mein Leben", sagt Felix Schellhorn. Erst im Nachsatz geht es um das Angebot im Restaurant. Bisher servierte man für Hotelgäste Fünfgängemenüs. Diese reduziert der junge Schellhorn auf drei Gänge, "dafür ordentlich gemacht", plus eine À-la-carte-Angebot. Die weniger steife Ausrichtung in der Küche gebe ihm mehr Freiheit, neue Gerichte auszuprobieren. So möchte Felix Schellhorn seine eigenen Signature-Dishes entwickeln. Aber nicht nur seine persönlichen Präferenzen sind ausschlaggebend für den sanften Richtungswechsel. "Die Leute wollen nicht mehr so viel essen", nennt er als Begründung.

Die Zutaten für den ersten Gang des Weihnachtsmenüs, das ab 15. Dezember online und im RONDO zu entdecken ist.
Helena Kalleitner

Reduzieren und herunterfahren, sich auf wenige Gerichte fokussieren, Schellhorn folgt einem jungen gastronomischen Zeitgeist. "Ich muss meinen Kopf nicht nur einbringen, ich muss ihn auch durchsetzen." Sein Kopf wurde kulinarisch über viele Länder hinweg geprägt. Seine Ausbildung hat er in der Tourismusschule in Klessheim bei Salzburg absolviert, danach kochte er zwei Jahre in den Betrieben seines Vaters. Ohne klassische Lehre wollte sich Schellhorn nach seinem Abschluss noch mehr "in den Beruf Koch hineinviechern". Er sammelte Erfahrungen in Istanbul, Hamburg und Paris, über Umwege landete er in Peru. "Es war auf einer Afterhour in Berlin." Dort habe er jemanden kennengelernt und ein Jobangebot erhalten. Eine Woche später schlug er in Lima auf.

Nach internationalen Gastspielen eröffnete Schellhorn das Bed and Breakfast "Hansi Hansi" in Bad Gastein. Gemeinsam mit einer Freundin servierte er in der alten Pension seiner Oma Frühstück. Dort lernte er auch die Köche Lukas Mraz und Philipp Rachinger kennen, mit denen er das Kochkollektiv Healthy Boy Band – die drei verbinden Gourmetküche, Kunstperformances und einen gewissen Schund – gründete. Drei Saisonen lang betrieb Schellhorn das B&B. Nur saisonal im Winter, wie er erzählt, "im Sommer war ich unterwegs zwischen Indien, Berlin und Festivals". Danach ging es für ihn endgültig nach Wien.

Früher Kunststudent, heute Hotelier.
Helena Kalleitner

Kunst und Kochen

Sein Weg führte ihn aber nicht in die Küche, sondern an die Uni. Schellhorn wurde an der Universität für angewandte Kunst aufgenommen. Er wollte etwas außerhalb der Gastronomie kennenlernen, wie er sagt. Er studierte vier Jahre lang Kunst. Berührungspunkte gab es schon vorher durch den Seehof: Dort finden immer wieder Kunst- und Kulturveranstaltungen statt. "Ich wollte auf die Kunst-Uni, um zu schauen, was da los ist, wie Kunstschaffende über Kunst reden und was Kunst überhaupt ist. Das hat mir aber leider keiner erklären können", fasst er zusammen. Kochen sei jedenfalls keine Kunst, habe man ihm vermittelt. Ob es für ihn nicht einfach gemacht wurde, Kunst zu studieren, sich auszuprobieren, mit dem Wissen eines finanziell stabilen Sicherheitsnetzes im Hintergrund? "Ja, voll, definitiv", sagt Schellhorn.

Für das Weihnachtsmenü bereitet Felix Schellhorn den Karpfen gebacken zu.
Für das Weihnachtsmenü bereitet Felix Schellhorn den Karpfen gebacken zu.
Helena Kalleitner

Jetzt ist Felix Schellhorn zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. Obwohl er sich in ein gemachtes Nest setzt, muss er sich erst einmal beweisen. Seine Küche, die ist die große Unbekannte. "Meinen Küchenstil kennt niemand." Wenn er versucht, ihn zu beschreiben, beruft sich der Neohotelier auf das, was er von seinen Altvorderen gelernt hat: traditionell österreichisch von der Oma, italienisch Angehauchtes vom Papa. Er lässt sich inspirieren, "wenn man Essen geht", dazu kommen die Einflüsse aus seinen Auslandsaufenthalten. Schellhorn ist es wichtig, "den Bezug nicht zu verlieren, was die Leute im normalen Leben essen". Das sei sein persönlicher "Take-on zur Küche".

Das spiegelt sich im diesjährigen RONDO-Weihnachtsmenü wider. Schellhorn beschreibt es als "Potpourri aus Weihnachtsessen, die es traditionell bei den Familien zu Hause gibt". Als Vorspeise kredenzt er einen Salat aus Radicchio mit angebratenen Pilzvariationen. Den althergebrachten Weihnachtskarpfen frittiert er und bettet ihn auf Erbsenpüree und einer Safransauce. Das Gansl kommt nicht im Ganzen auf den Tisch: Die gewürzte Brust, herausgebraten, serviert Schellhorn mit frittierten Pastinakenstücken und Rotkraut. Als süßen Abschluss gibt es ein Schokosoufflé nach einem Rezept von Eckart Witzigmann.

Für das Dessert ließ sich Felix Schellhorn vom Soufflé des Kochs Eckart Witzigmann inspirieren.
Für das Dessert ließ sich Felix Schellhorn vom Soufflé des Kochs Eckart Witzigmann inspirieren.
Helena Kalleitner

Endlich erwachsen

Ganz bewusst ist Schellhorn noch nicht, dass er jetzt ein Restaurant führt und ein Hotel leitet. "Ich bin der Typ, der Sachen erst checkt, wenn er mittendrin ist." Auf Google findet man Fotos von ihm im Karottenkostüm, im Netzoberteil oder in der Camouflage-Speedo. Ist die rebellische Zeit mit der Hotelierskarriere vorbei? "Ich seh’s nicht als rebellisch an, mich anzuziehen, wie ich will. Jeder darf sein, wie er möchte." Das Netzteil werde er sich weiterhin anziehen, wenn’s ihm taugt. Auch, wenn man das von einem Hotelchef nicht so erwartet. Seine Kollegen von der Healthy Boy Band freuen sich, dass er nun Teil des Clubs der Küchenchefs ist. Philipp Rachinger betreibt den Mühltalhof in Oberösterreich, Lukas Mraz kocht im "Mraz und Sohn" in Wien. "Der Letzte ist jetzt ready to take off", sagt er mit einem amüsierten Ton.

Wie sein Papa produziert Schellhorn jetzt schon Instagram-Videos für den Seehof Goldegg. In seinem Stil, das ist ihm wichtig. Im ersten heißt er Gäste willkommen und kündigt seine Führung an: "Me. Here. In Goldegg." Ein bisschen spürt man Felix’ Handschrift. Bisschen wirr, bisschen lässig, bisschen scheiß drauf. Ob er neben der Social-Media-Präsenz auch politische Ambitionen mit seinem Papa teilt? "Ich werde Bürgermeister von Goldegg", sagt er ganz trocken. Ein Bürgermeister in einer Speedo wäre doch mal was Neues. (RONDO, Kevin Recher, 14.12.2023)

Das Weihnachtsmenü von Felix Schellhorn lässt sich am 15. Dezember im RONDO und auf derstandard.at entdecken.