Für EU-Chefverhandler Wopke Hoekstra ist der Entwurf des Gastgebers Vereinigte Arabische Emirate "enttäuschend" und "unzureichend".
AP/Rafiq Maqbool

Dubai – An diesem Dienstagmittag soll die 28. Weltklimakonferenz laut Plan enden. Die zweiwöchigen Verhandlungen der knapp 200 Regierungen könnten aber, wie fast immer in den vergangenen 20 Jahren, in die Verlängerung gehen. Kurz vor dem geplanten Ende der COP 28 wollen die EU und dutzende weitere Staaten noch weitreichende Nachbesserungen am Abschlusstext durchsetzen. Den Entwurf des Gastgebers Vereinigte Arabische Emirate von Montagabend stuft EU-Chefverhandler Wopke Hoekstra als enttäuschend und unzureichend ein.

Vertreter von Umweltorganisationen äußerten sich teils fassungslos und empört. Hintergrund ist, dass der von mehr als 100 Staaten geforderte Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nun gar nicht mehr im Text auftaucht – anders als in vorherigen Versionen.

"Der vorgelegte Entwurf wird dem Ernst der Lage nicht gerecht. Fossile Brennstoffe als Ursache der Klimakrise werden erstmals explizit erwähnt – aber die unzähligen Abschwächungen rundherum wiegen das leider deutlich auf", sagt Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Verbesserungen würden nun gefordert, "Ausreden haben wir schon genug gehört".

Gespräch mit High Ambition Coalition

Gegen einen Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien hatten zuletzt etliche Länder Bedenken geäußert, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak, Indien und Russland.

Am späteren Abend trafen sich alle Delegationschefs, um die verfahrene Lage zu besprechen. Hoekstra und die deutsche Klimastaatssekretärin Jennifer Morgan kamen zudem mit der High Ambition Coalition zusammen – einer Gruppe von Industriestaaten und besonders verwundbaren Ländern, die mit Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise vorangehen möchte.

Hoekstra schrieb auf der Plattform X, das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel für die maximale Erderhitzung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit müsse erhalten bleiben. "Das verlangt die Wissenschaft, und das verdienen unsere Kinder." Der Chefverhandler der vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Marshall-Inseln, John Silk, sagte, man sei nicht nach Dubai gekommen, "um unser Todesurteil zu unterschreiben".

Keine konkreten Informationen

Dem Text fehlten unter anderem konkrete Instrumente, um überhaupt noch auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen und die nötige Energiewende gerade in vielen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas anzuschieben – was diese Staaten in Dubai stark eingefordert hätten. Und die Passage zu fossilen Energien suggeriere fälschlicherweise, dass Kohle, Öl und Gas in unserer Zukunft weiter eine entscheidende Rolle spielen könnten.

Von Anfang an hatte es viel Kritik daran gegeben, dass Konferenzpräsident Sultan Al Jaber gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist und dass gut 1.400 Lobbyisten für Kohle, Öl und Gas offiziell akkreditiert wurden. Al Jaber sagte, die Zeit der Diskussionen gehe nun zu Ende, deutete am Abend aber ebenfalls an, dass er noch Nachbesserungen am Text erwarte. "Wir müssen noch viele Lücken schließen", sagte er. "Wir müssen ein Ergebnis liefern, das die Wissenschaft respektiert und das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite hält." Er erwarte von den Delegierten in allen Punkten höchste Ambition – "auch in Bezug auf die Sprache zu fossilen Brennstoffen".

Laut Greenpeace "herber Rückschlag"

Aus Sicht von Greenpeace Österreich ist der Entwurf ein "herber Rückschlag", da die Option für einen klaren fossilen Ausstieg nun komplett verschwunden sei, "lediglich ein schwaches Zugeständnis zur Reduktion von fossilen Energien rund um das Jahr 2050 ist übrig geblieben". Das sei nur eine von vielen Optionen, die unter anderem auch Atomkraft oder Scheinlösungen wie Kohlenstoffspeicherung vorsehen. "Das ist nicht das bitter benötigte Signal, das wir im Kampf gegen die Klimakrise brauchen", kritisierte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich.

Der WWF Österreich bezeichnete den Entwurf zur "Globalen Bestandsaufnahme" als enttäuschend, denn es brauche eine Einigung auf ein Auslaufen aller fossilen Energieträger – "also nicht nur von Kohle, sondern auch von Öl und Gas. Das, was jetzt am Tisch liegt, ist viel zu wenig ambitioniert und sendet nicht das klare politische Signal aus, das von dieser Klimakonferenz ausgehen muss", sagte WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. (APA, 12.12.2023)