Lithiummine in Brasilien in der Vogelperspektive.
An Rohstoff-Vorkommen mangelt es auch in Europa nicht, derzeit wird aber zumeist aus Chile, China und Co. importiert.
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Straßburg – Mit kritischen Rohstoffen wie Lithium und Silizium soll sich die Europäische Union künftig verstärkt selbst versorgen. Die Abgeordneten im Europaparlament stimmten am Dienstag in Straßburg mit großer Mehrheit für ein Maßnahmenpaket, mit dem die EU unabhängiger von Ländern wie China werden soll. Einzelne Drittstaaten sollen demnach nicht mehr als 65 Prozent des EU-weiten Bedarfs an einem besonders wichtigen Rohstoff liefern.

Bis 2030 soll das für eine Liste von 17 sogenannten strategischen Rohmaterialien gelten, darunter Lithium, Cobalt und Silizium. Die Gewinnung innerhalb der EU soll dann mindestens zehn Prozent des Bedarfs decken, die Kapazitäten für die Verarbeitung sollen bei mindestens 40 Prozent liegen. Ein Anteil von 25 Prozent der Rohstoffe soll in der EU recycelt werden.

Die Abgeordneten stimmten mit 549 Stimmen für die Maßnahmen, bei 43 Gegenstimmen und 24 Enthaltungen. Bereits zuvor erwiesen sich die Verhandlungen im Trilog mit EU-Kommission und EU-Staaten als unaufgeregt, auch den zuständigen Industrieausschuss passierte der sogenannte Critical Raw Materials Act (CRMA) vergangene Woche problemlos. Die Mitgliedstaaten müssen dem Gesetz noch formal zustimmen, bevor das Maßnahmenpaket endgültig verabschiedet werden kann.

Vereinfachte Genehmigungsverfahren

Die Quotenziele für Eigengewinnung und Recycling seien ein klares Signal in Richtung Industrie, erklärte die zuständige Berichterstatterin Nicola Beer (FDP). "Wir wollen diese Rohstoffe in Europa recyceln", sagte sie im Parlament. Das Gesetz schaffe zudem Planungssicherheit. Unter anderem sollen Genehmigungsverfahren für Unternehmen, die kritische Rohstoffe verarbeiten oder recyceln, deutlich vereinfacht werden.

Ein Bürogebäude des Bergbaukonzerns Rio Tinto im australischen Perth.
Der britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto zeigt sich erfreut. Herausforderungen wie die mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung bei Vorhaben im eigenen Land wird das Gesetzespaket aber wohl nicht regeln können.
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Der mächtige Bergbaukonzern Rio Tinto begrüßte die EU-Pläne in einer ersten Stellungnahme. Europa verfüge damit über einen "strategischen politischen Rahmen, die grüne Transformation durch Lieferkettensicherheit bei kritischen Rohstoffen voranzutreiben", so Sinead Kaufman, Chief Executive Minerals der britisch-australischen Unternehmensgruppe; Wies sogleich aber auch auf künftige Herausforderungen hin, von Investitionen in die Industrie bis hin zur gesellschaftlichen Akzeptanz.

Insgesamt werden der Einigung zufolge 34 Stoffe als kritische Rohstoffe eingestuft, deren Lieferketten die EU-Kommission künftig strenger überwachen soll. Das Europaparlament setzte sich zudem dafür ein, die Forschung an möglichen Ersatzstoffen zu fördern.

Das Gesetz reduziere "die Abhängigkeit von unzuverlässigen Partnern", erklärte die grüne Europaabgeordnete Henrike Hahn. Derzeit bezieht die EU etwa Seltene Erden und Magnesium fast ausschließlich aus China. Die kritischen Materialien werden etwa für Batterien und Halbleiter benötigt und spielen eine entscheidende Rolle für die Umstellung auf erneuerbare Energien und digitale Technologien. (APA, dwo, 12.12.2023)