Weihnachten auf deutsche Art hat mit Weihnachtsbaum zu erfolgen, findet Friedrich Merz.
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Einer geht noch. Einen Spruch, über den dann wieder alle Welt diskutiert, hat Friedrich Merz noch platziert. Wenige Tage vor Weihnachten machte sich der Oppositionschef in Deutschland – eh klar – über die Bedeutung des Festes Gedanken. Und dabei ging es auch um den Tannenbaum im heimischen Wohnzimmer.

Der CDU-Chef selbst hat seinen im Sauerland gefunden: 220 Zentimeter hoch – man weiß das, weil Merz den Baum nicht rein privat kaufte, sondern Journalisten dabei mitnahm. Warum das Grün daheim so wichtig ist, erklärte er der Funke-Mediengruppe so: "Wenn wir von Leitkultur sprechen, von unserer Art zu leben, dann gehört für mich dazu, vor Weihnachten einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Es ist die Art von christlich-abendländisch geprägter kultureller Identität, die sich über Generationen überträgt, von der unsere Kinder geprägt sind und die sie dann so oder so ähnlich selbst weitertragen."

Man erfährt auch noch, dass im Merz'schen Wohnzimmer in Arnsberg (Nordrhein-Westfalen) keine neumodische Bling-Bling-Glitzer-Deko auf den Baum kommt, sondern dass dieser mit echten roten Kerzen geschmückt wird. Also quasi Leitkultur auch bei den Kerzen.

Dass Merz den Bogen von der Leitkultur zum Heiligen Abend spannt, liegt wohl daran, dass die CDU vor kurzem erst den Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm vorgelegt hat. Darin fordert sie beim Thema Integration/Migration "Mut zur Leitkultur". Es heißt: "Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden." Mit dem neuen Programm, das im Frühjahr beschlossen wird, will die CDU wieder zurück in Regierungsverantwortung – und Merz ins Kanzleramt.

Ein Tweet von 2020

Doch das Etikett "Leitkultur" am Weihnachtsbaum gefällt vielen nicht. So hält sogar Parteikollege Ruprecht Polenz (CDU) Merz den Spiegel beziehungsweise einen Tweet aus dem Jahr 2020 vor. Damals, vor dem ersten Corona-Weihnachten, diskutierte das ganze Land, wer denn nun mit wie vielen Leuten wie lange feiern dürfe.

Merz twitterte: "Ich persönlich sage: Es geht den Staat nichts an, wie ich mit meiner Familie #Weihnachten feiere. Da kann er mir Ratschläge geben, aber er mischt sich bitte nicht ein." Polenz veröffentlichte nun einen Tweet, in dem es einfach nur heißt: "2020 und heute".

Spott kommt von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Der lästerte im "Tagesspiegel": "Friedrich Merz greift mit seiner Leitkultur-Definition zu kurz und ignoriert wesentliche deutsche Kulturgüter." Dann zählte er einiges davon auf: "Neben dem Weihnachtsbaum gehören auch Würstchen mit Kartoffelsalat sowie die Loriot-Folge 'Weihnachten mit Hoppenstedts' und der Film 'Drei Haselnüsse für Aschenbrödel' zur deutschen Leitkultur."

Früher war mehr Lametta

Kühnert hat auch noch eine Idee für gelungene Integration und schlägt vor: "Das fehlerfreie Aufsagen des Satzes 'Früher war mehr Lametta!' sollte Voraussetzung für eine erfolgreiche Einbürgerung werden." Der Spruch "Früher war mehr Lametta" stammt vom Humoristen Loriot, der ihn in seiner Rolle als Opa Hoppenstedt sagt, um klarzumachen, dass Weihnachten früher viel schöner war.

Natürlich wurde die Aussage von Merz auch im Netz stark kommentiert. So verweist "Bene" darauf, dass zu einem traditionellen deutschen Weihnachtsfest mittlerweile ja auch eine Wärmepumpe gehöre.

Vom Satiremagazin "Postillon" gibt es eine Auflistung, was sonst noch alles zur deutschen Leitkultur gezählt werden solle: Fleisch, betrunkene Bayern, Dackel.

Vorschläge für schöne Weihnachtskugeln gibt es auch:

Vielleicht nimmt sich der eine oder andere bislang Baumlose den Hinweis von Merz noch zu Herzen. Laut einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom wollen 19 Prozent der Deutschen dieses Jahr gar keinen Baum aufstellen. Dazu gehört möglicherweise auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Der hat einmal erklärt, er und seine Frau würden wegen der vielen Reisen auf einen geschmückten Baum verzichten.

Vor dem Kanzleramt hat Scholz ja ohnehin einen stehen, der ist noch viel größer als der von Merz, nämlich 17,5 Meter hoch. Das toppt allerdings einer in Bayern: Der Ehrenpräsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß. Dessen Baum am Tegernsee ist 30 Meter hoch und strahlt so hell, dass er im ganzen Tal zu sehen ist. Kommentar des "Spiegel" über den Megabaum: "Er wirkt wie ein leuchtender Fingerzeig an all jene, die die Herrlichkeit des FC Bayern nicht anerkennen wollen." (Birgit Baumann aus Berlin, 22.12.2023)