Berlin – Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) hat seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober einen drastischen Anstieg bei den antisemitischen Straftaten verzeichnet. Allein im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt wurden bis zum 21. Dezember mehr als 1.100 Delikte im kriminalpolizeilichen Meldedienst für Fälle politisch motivierter Kriminalität registriert, wie ein BKA-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitteilte.

Das ist deutlich mehr als in jedem der ersten drei Quartale dieses Jahres, zu denen das Bundesinnenministerium zuletzt im November genaue Zahlen veröffentlicht hat. Danach wurden im ersten Quartal 558 antisemitische Straftaten registriert, im zweiten Quartal waren es 609 und im dritten 540. Diese Zahlen beinhalten alle Delikte – die links- und rechtsextremistisch motivierten ebenso wie die aus den Kategorien "religiöse Ideologie" und "ausländische Ideologie". Es handle sich vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen.

Die mehr als 1.100 Straftaten seit Anfang Oktober sind dagegen nur die im Zusammenhang mit der Eskalation des Nahostkonflikts erfassten. Die Gesamtzahl dürfte also noch deutlich höher liegen. Im gesamten vergangenen Jahr wurden – Stand November 2023 – insgesamt 2.874 antisemitische Straftaten registriert, darunter 88 Gewalttaten.

Brandenburger Tor in den Farben der israelischen Flagge angestrahlt mit den Worten
Laut dem israelischen Botschafter in Deutschland haben vor allem Jugendliche ein Problem mit Israel.
IMAGO/Andreas Friedrichs

Prosor: Juden haben Angst auf der Straße

Israels Botschafter Ron Prosor fordert eine entschlossenere Reaktion auf den wachsenden Antisemitismus in Deutschland. "Die Tatsache, dass Juden Angst haben, mit einer Kippa auf die Straße zu gehen oder auf Hebräisch in ihre Handys zu sprechen, das kann einfach nicht sein. Wir müssen aufwachen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Leute, die Angst haben, ihre Kinder in die Schule zu bringen, wenn die Schule nicht geschützt wird: Das sind Verhältnisse, die nicht normal sind", mahnte Prosor, der seit 2022 Botschafter in Berlin ist. "Die Angst ist wirklich da."

Prosor forderte, in den Schulen anzusetzen und Bildungslücken zu schließen, was Israel angeht. "Wir haben ein echtes Problem bei Jugendlichen. Je jünger die Leute sind, desto mehr fremdeln sie gegenüber Israel", sagte er. "Wir haben da eine Aufgabe, wir müssen für bessere Bildung über Israel sorgen, etwa an den Schulen." (APA, 29.12.2023)