Robert Habeck wurde in seinem Urlaub überraschend mit einer Blockade konfrontiert.
Robert Habeck wurde in seinem Urlaub überraschend mit einer Blockade konfrontiert.
REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Es war ein Schock für Deutschland: Aufgebrachte Landwirte hatten Donnerstagnachmittag Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Schlüttsiel an der Nordseeküste in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert, als er von seinem privaten Besuch auf der Hallig Hooge zurückkehren wollte. Die Fähre legte mit den Passagieren zunächst wieder ab. Später konnte Habeck das Festland erreichen. Parteiübergreifend erntete diese Aktion Kritik, ein Sprecher der Bundesregierung sprach von einer "Verrohung der politischen Sitten".

Wie die "Zeit" nun berichtet, wurde diese Blockade wohl von Akteuren aus rechtsradikalen Kreisen initiiert. Da wäre zum einen die Künstlerin Tanja B., die bei Habecks Hinfahrt zur Hallig Hooge am Donnerstagvormittag in der gleichen Fähre saß und Augenzeugen zufolge Kontakt zu Habeck aufnahm. Bei dem Gespräch erfuhr sie laut Bericht wohl von den Plänen des Vizekanzlers, am Nachmittag mit der einzigen Fähre, die an diesem Tag zurückfuhr, wieder das Festland zu erreichen.

AfD und QAnon

B. aber, und das wusste Habeck vermutlich nicht, ist nicht nur Künstlerin, sondern auch in der AfD engagiert. Letztes Jahr kandidierte sie bei der Kreiswahl in Nordfriesland für die Partei, laut dem Landesvorsitzenden der AfD in Schleswig-Holstein ist B. bei der Partei in Nordfriesland sehr aktiv. Auf Whatsapp teilt sie laut Bericht eine Botschaft der QAnon-Bewegung, die immer wieder bizarre Verschwörungstheorien verbreitet. Oft erzählt wird von QAnon die Mär einer geheimen Elite, der sie dann satanistische, sadistische und pädophile Handlungen unterstellt. Dieser gehören den Verschwörungstheorien nach unter anderem Barack Obama, Hillary Clinton oder George Soros an.

Video: Bauern hindern Habeck am Verlassen von Fähre.
AFP

Kurz nach dem Gespräch mit Habeck verbreitete Holger T., mit dem Tanja B. laut "Zeit" zusammenlebt, dass Habeck noch am gleichen Tag mit der Fähre in Schlüttsiel ankommen wird. T. ist ein Lohnunternehmer, an Lkws seiner Firma sind Fahnen der rechtsradikalen Landvolkbewegung aus den 1920er- und 1930er-Jahren befestigt. Historiker sehen die Landvolkbewegung als einen Wegbereiter für die NSDAP. Deren Symbole werden heute vom radikal rechten Flügel der deutschen Bauernschaft verwendet.

"Hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer"

T. postete in einer lokalen Whatsapp-Gruppe: "ACHTUNG !!! Robert Harbeck (sic!) lädt heute zum Bürgerdialog um 16.45 Uhr am Fährhafen Schlüttsiel ein! Er wünscht sich unendlich viel Interesse. Tun wir ihm den Gefallen und kommen mit allem, was Räder hat!" Diese Botschaft wurde rasch in Bauern- und Landwirtschafts-Chats, aber auch in AfD-nahen Gruppierungen geteilt. Die "Zeit" zitiert einen Teilnehmer der späteren Blockade: "Das hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer."

Als am späten Nachmittag wie geplant die Fähre mit Robert Habeck in Schlüttsiel anlegen will, warten schon hunderte Demonstranten und Demonstrantinnen auf ihn. Es sind laut Bericht Landwirte, aber auch Angestellte, Gastromitarbeiter, Bäcker, Spediteure. Zu sehen sind auch wieder Lkws der Firma von Holger T., und zwar in der ersten Reihe. T. ist es auch, der unter dem Jubel seiner Mitstreiter das Angebot ablehnt, dass eine Delegation der Protestierenden mit Habeck reden könne.

Strafbare Handlungen

Unterdessen erklärte die zuständige Flensburger Staatsanwaltschaft am Mittwoch, dass es bei der Blockade zu strafbaren Handlungen gekommen sei. Erste Versammlungsteilnehmer seien identifiziert worden und mittlerweile fünf Strafanzeigen eingegangen. Nun müssten strafbare Handlungen den Personen zugeordnet werden, zitierte die "Welt" die Leitende Oberstaatsanwältin Stephanie Gropp. Noch seien aber Fragen offen, etwa, ob Demonstranten versucht hätten, eine Polizeikette zu durchbrechen. (ksh, 10.1.2024)