Porridge mit Beeren in einer Schüssel
Porridge mit Früchten gilt allgemein als sehr gesundes Essen. Doch in pflanzlichen Lebensmitteln sollen weniger Mineralstoffe und Proteine sein. Was ist dran?
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"Früher, da hat das alles viel besser geschmeckt. Da war einfach noch mehr drin im Essen." Solche oder ähnliche Aussagen hört man immer wieder von älteren Mitmenschen. Das mag einerseits nostalgisch begründet sein, aber es deutet auch an, dass die Qualität der Lebensmittel früher besser gewesen sei.

Auf diese Behauptung stößt man auch, wenn man sich in so manchen Foren zu gesunder Ernährung umsieht. Der Vitamin- und Nährstoffgehalt der pflanzlichen Nahrungsmittel, Eisen, Vitamine oder auch Zink etwa, sei einfach nicht mehr so gut. Das wird auch immer wieder als Argument für Nahrungsergänzungsmittel ins Treffen geführt.

Und es gibt sogar wissenschaftliche Untersuchungen, die eine Abnahme der Mineralstoffe belegen sollen. Ist die schlechtere Qualität nur eine leere Behauptung, um Geld zu machen? Oder steckt tatsächlich etwas dahinter? Das wollten Forschende genauer wissen. Die britische Fachzeitschrift "Chemistry World" hat dazu nun eine umfassende Untersuchung publiziert, die die Forschungen zum Thema aufschlüsselt. Mit spannenden Erkenntnissen.

Nährstoffe vor dem Kollaps?

Tatsächlich stellt sich die Wissenschaft die Frage nach dem abnehmenden Nährstoffgehalt schon ziemlich lange. Bereits im Jahr 1997 hat die britische Ernährungsberaterin Anne-Marie Mayer den Mineralstoffgehalt von 20 Obst- und Gemüsesorten in den 1930er- und den 1980er-Jahren verglichen. Als Datenbasis dafür dienten ihr Lebensmitteltabellen der britischen Regierung, die jeweils die Nährstoffgehalte aufzeigten. Ihre Erkenntnis: Die Charge aus den 1980er-Jahren beinhaltete geringere Mengen an Magnesium, Kupfer und anderen Mikronährstoffen.

Eine ähnliche Untersuchung führten im Jahr 2004 Forschende aus den USA durch. Sie verglichen die Nährstoffe in 43 rohen Gemüsesorten aus den Jahren 1950 und 1999. Dabei zeigte sich ein offensichtlicher Rückgang in der Konzentration bei sechs Nährstoffen: Protein, Kalzium, Phosphor, Eisen, Riboflavin, Vitamin C.

Der Konzentrationsrückgang zeigt sich deutlich – trotzdem weisen die Autoren der US-Studie darauf hin, dass sie nicht mit Sicherheit bestätigen können, ob tatsächlich weniger Nährstoffe im Gemüse sind. Denn die Daten ließen eine klare Aussage nur bedingt zu. Das sieht auch Steve McGrath so: "Diese Art von Daten sind nur bedingt aussagekräftig, weil sie nicht kontrolliert sind. Das Gemüse kommt aus allen möglichen Gegenden, die Bedingungen, unter denen es angebaut wurde, wie etwa der Zustand der Böden oder die Art des Düngers, ist nicht dokumentiert." Die Daten in solchen Tabellen sind also nur kurze Momentaufnahmen und auch die Methoden, mit denen sie extrahiert wurden, unterscheiden sich zum Teil sehr stark. Das bestätigt auch dieser Bericht aus 2017 von Health Canada.

Steve McGrath kennt sich gut aus in dem Bereich. Der britische Biochemiker ist leitender Wissenschafter von Rothamsted Research. Dabei handelt es sich um ein Archiv, das seit 1843, also seit mittlerweile 180 Jahren, im englischen Hertfordshire Proben von Boden, Getreideernten und Dünger sammelt. Mittlerweile sind es über 300.000.

Weniger im Essen, stabil im Boden

Diese Proben sind eine Art Fenster in die Vergangenheit, das zeigt, wie Bauern früher Pflanzen angebaut haben. Der Begründer des Archivs, John Bennet Lawes, dem das Land 1843 gehörte, wollte ursprünglich die Auswirkungen von unterschiedlichen organischen und mineralischen Düngern testen und so die britische Getreideernte verbessern. Heute helfen die Proben Forschenden, Nährstoffgehalte von heutigen Pflanzen mit jenen von früher zu vergleichen. Das Besondere: Die Proben wurden immer vom gleichen Stück Land, auf dem abgesehen von saisonalen Schwankungen immer ähnliche Bedingungen herrschten, und unter kontrollierten Bedingungen entnommen.

Die Proben aus den Langzeitversuchen in Rothamstead repräsentieren zwar nicht eine möglichst breite Auswahl an Obst und Gemüse, aber sie decken die britischen Grundnahrungsmittel wie Weizen ab, der etwa 20 Prozent der von der Inselbevölkerung verwerteten Kalorien und Proteine liefert. Und hier, unter diesen stabilen Bedingungen, zeigt sich ein etwas differenzierteres Bild als in den Untersuchungen über die Nährwerttabellen.

Eine Studie aus dem Jahr 2008, die Steve McGrath mitverfasst hat, untersuchte Veränderungen im Ertrag und in der Nährwertqualität von Weizenkörnern über einen Zeitraum von 160 Jahren. Und das Team stellte fest, dass die Mineralstoffkonzentration im Getreide zwischen 1845 und 1967 stabil geblieben war. Doch ab 1968 begann der Gehalt an Zink, Kupfer und Magnesium tatsächlich zu sinken.

In der gleichen Studie wurden Bodenproben aus den Jahren 1865 bis 2000 verglichen. Und da zeigte sich, dass Mikronährstoffe wie Zink, Kupfer und mehr, anders als in den Pflanzen, im Boden entweder stabil geblieben waren oder sogar zugenommen hatten, und zwar durch den Einsatz von anorganischem Dünger. Was war passiert?

Im Inneren der Pflanze

In der Analyse zeigte sich, dass der Nährstoffrückgang in Weizenproben aus der Zeit von 1968 bis 2005 mit der sogenannten Grünen Revolution zusammenfällt. In dieser Phase wurden neue, ertragreichere Weizensorten eingeführt, um die Bedürfnisse einer wachsenden Bevölkerung zu befriedigen. Mit den neuen Sorten erzielte man höhere Erträge und konnte mehr Menschen ernähren. Ein Agronom, der diese Züchtungen leitete, Norman Borlaug, erhielt sogar den Friedensnobelpreis für seinen Beitrag zur Linderung des Welthungers.

Doch die Grüne Revolution scheint eben auch eine unerwünschte Konsequenz gehabt zu haben. McGrath und seine Kollegen verglichen die Getreidesorten der Grünen Revolution mit älteren Sorten und stellten fest, dass die modernen Sorten weniger Mineralstoffe enthielten, obwohl sie unter den gleichen Bedingungen und neben älteren Sorten angebaut wurden. Es scheint, als sei der Rückgang der Mikronährstoffe nicht auf Umweltfaktoren zurückzuführen, sondern auf etwas, das im Inneren der Pflanze geschieht.

McGrath sagt: "Das liegt nicht am Boden oder an saisonalen Effekten. Es muss daran liegen, dass sich die Genetik und die Nährstoffverteilung der Pflanzen verändert haben." Denn die neuen Sorten stecken einen größeren Teil der Kohlenhydrate, die sie produzieren, in das Korn, also die essbare Frucht. Ins Stroh, das die Pflanze ja auch produziert, kommen weniger Kohlenhydrate. Durch diese Verschiebung werden andere Getreidebestandteile sozusagen verdünnt, etwa auch die Mineralstoffe. Bei den höheren Erträgen sind die Körner selbst ärmer an Mikronährstoffen. Die durchschnittliche Konzentration an Zink, Kupfer, Eisen und Magnesium im Korn der neueren Sorten ist 19 bis 28 Prozent niedriger als in den älteren.

Mehr Gemüse und Obst

Diese Erkenntnisse aus Rothamsted wurden auch aus anderen Weltgegenden bestätigt. Im Jahr 2020 analysierte ein Team Weizenproben aus Rothamsted und Proben aus Herbarien aus 16 verschiedenen Ländern. Überall zeigte sich mit der Einführung ertragreicherer Sorten das gleiche Ergebnis.

Und auch der Klimawandel dürfte einen Einfluss haben. Denn die erhöhte Kohlendioxidkonzentration dürfte dafür sorgen, dass Pflanzen mehr Kohlenhydrate produzieren und weniger stickstoffbasierte Verbindungen wie Proteine oder Vitamine, das zeigt eine Untersuchung aus 2018.

Was bedeutet das nun für unsere Gesundheit? Ist tatsächlich etwas dran an der Nährstoffarmut, die zu Mangelerscheinungen führt? Sollen wir alle Nahrungsergänzungsmittel nehmen? Nein, beruhigt Helena Trigueiro, Ernährungswissenschafterin und Expertin für Nährwerte von der Ulster University, im Fachmagazin "Chemistry World". Die Menschen in Europa seien gut versorgt.

In Weltgegenden, wo Mangelernährung eine prinzipielle Gefahr ist, könnten diese Veränderungen innerhalb der Pflanze womöglich ein Problem werden. Eine Lösung könnte dann sein, Sorten zu züchten, die wieder mehr Nährstoffe ausbilden. In Europa kann man diese Fragestellung allerdings weitgehend vernachlässigen. Hier sei es nach wie vor der beste Ansatz, sich an die etablierten Ernährungsrichtlinien zu halten. Trigueiro betont: "Wir leben auf einem hochprivilegierten Kontinent mit zuverlässiger Lebensmittelversorgung. Wir müssen an anderen Stellschrauben drehen. In der EU essen nur etwas mehr als zehn Prozent der Menschen tatsächlich fünf Portionen Gemüse und Obst pro Tag, wie es in den internationalen Richtlinien empfohlen wird. Und hier gilt es, als Erstes anzusetzen." (Pia Kruckenhauser, 15.1.2024)