Saturn-Mond Titan in Infrarot-Aufnahmen
In diesen Infrarotaufnahmen ist der Saturnmond Titan aus unterschiedlichen Perspektiven zu sehen.
NASA/JPL-Caltech/Stéphane Le Mouélic, University of Nantes, Virginia Pasek, University of Arizona

Der Saturn sorgt immer wieder für Begeisterung, und das liegt nicht nur an seinen prächtigen Ringen. Insbesondere seine zahlreichen Monde wecken immer wieder das Interesse von Fachleuten, gelten sie doch als gar nicht so aussichtslos, wenn es um die Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem geht. Das gilt insbesondere für Titan, denn der größte Mond des Saturn ist der einzige bekannte Himmelskörper im Sonnensystem, der einen ähnlich komplexen Flüssigkeitskreislauf mit Wolken, Regen, Flusssystemen und Seen hat wie die Erde.

Der Titan bleibt trotzdem eine sehr rätselhafte Welt: Auf seiner Oberfläche herrschen unwirtliche Temperaturen von rund minus 180 Grad Celsius. Daher zirkuliert dort auch kein Wasser. Es fließen Kohlenwasserstoffe wie Methan und Ethan. Zudem beherbergen seine Methanseen Inseln, die im Verlauf von Wochen aufzutauchen scheinen – um dann wieder unter der Methanoberfläche zu verschwinden. Für dieses mysteriöse Verhalten könnten Forschende nun eine Erklärung gefunden haben. Wie das Team in "Geophysical Research Letters" berichtet, handelt es sich womöglich um poröse Eisberge, die sich mit Flüssigkeit auffüllen und dann in sich zusammensacken.

Außerirdischer Schneefall

Was die Entstehung von Leben auf Saturns größtem Mond zumindest denkbar erscheinen lässt, hat auch mit seiner Atmosphäre zu tun: Titan besitzt eine dichte Atmosphäre, die komplexe organische Moleküle beinhaltet. Diese Moleküle können sich verklumpen und rieseln dann wie eine Art Schneefall auf die Titanoberfläche nieder. Die Astrophysikerin Xinting Yu von der Universität Texas in San Antonio und ihre Kollegen mutmaßen, dass dieser Schnee das rätselhafte Verhalten der instabilen Inseln erklären könnte.

Saturn und Titan
Der Saturnmond Titan nimmt sich klein aus im Vergleich mit seinem Planeten. Diese Aufnahme der Raumsonde Cassini zeigt Saturn in seinen natürlichen Farben im Frühling, wenn sich seine azurblaue Färbung auf die Pole zurückzieht.
IMAGO/ZUMA Wire/NASA/JPL-Caltech

Im Vergleich zu Wasser weist Methan eine viel geringere Oberflächenspannung auf. "Wassermoleküle lieben sich einfach und schließen einige Arten von Molekülen aus", sagte Michael Malaska vom Jet Propulsion Laboratory der Nasa in Kalifornien, der an dieser Arbeit nicht beteiligt war, zum Wissenschaftsmagazin "New Scientist". "Aber wenn man Methan auf dieselbe Oberfläche setzt, kriecht es überallhin." Daher würde man annehmen, dass alle Festkörper, die auf der Oberfläche der Methanseen landen, sofort in die Tiefe sinken.

Bei den mysteriösen Inseln ist das aber augenscheinlich nicht der Fall: Auf Aufnahmen der Raumsonde Cassini sind sie immer wieder als helle Flecken auf den Methanseen erkennbar. "Damit wir die magischen Inseln sehen können, dürfen sie nicht nur für eine Sekunde schwimmen und dann sinken", sagte Yu in einer Erklärung. "Sie müssen für eine gewisse Zeit schwimmen, aber auch nicht für immer", sagt Malaska.

Schwämme voller Löcher

Um dieses Problem zu lösen, ersann das Team um Xinting Yu folgende Lösung: Große Schneebrocken könnten sich an der Küste ansammeln und dort eine Art Eisberge bilden, die wie Schwämme voller Löcher sind. Diese porösen Strukturen könnten von Zeit zu Zeit vom Land abbrechen und dann dank ihrer vielen Löcher eine Zeitlang über die Oberfläche der Methanseen gleiten. Wie die Berechnungen ergaben, müssten die Eisberge zu 25 bis 50 Prozent aus Hohlräumen bestehen, um nicht sofort unterzugehen.

Das letzte Wort zu den mysteriösen Inseln dürfte damit aber noch nicht gesprochen sein, auch wenn die Möglichkeiten, das Rätsel aufzuklären, nun etwas konkreter sind. "Wir sind dabei, die verschiedenen Szenarien für die magischen Inseln einzugrenzen, aber wir kennen die Antwort noch nicht", sagt Malaska. Die Hinweise verdichten sich jedenfalls, dass es sich bei den Inseln tatsächlich um schwimmende Materie handelt, die ursprünglich aus der Atmosphäre des Titan stammt.

Raumsonde Cassini und Saturn
Die Raumsonde Cassini lieferte zahlreiche spektakuläre Aufnahmen und Erkenntnisse von Saturn und seinen Monden, bis sie am 15. September 2017 mit dem geplanten Eintritt in die Saturnatmosphäre verglühte.
imago images/Elenarts/Nasa

Um Saturn und seine Monde dürfte es jedenfalls so rasch nicht ruhig werden. Seit dem Vorjahr gilt der Ringplanet erneut als jener Planet im Sonnensystem mit den meisten Monden: Er besitzt mit mehr als 140 Monden mehr Trabanten als alle anderen Planeten im Sonnensystem zusammen. Ein einstiger Mond dürfte auch für seinen charakteristischen Ringschmuck verantwortlich sein. Doch damit sind noch längst nicht alle Rätsel um Saturn und seine Monde gelöst. (Tanja Traxler, 26.1.2024)