Illustration von Gammastrahlung
Ein Blick auf unsere Galaxie im Licht von Gammastrahlen. Die purpurnen Ringe umreißen den Bereich am Südhimmel, von wo aus überdurchschnittlich energiereiche Strahlung ausgeht.
Illustration: NASA’s Goddard Space Flight Center

Das Fermi-Gammastrahlen-Teleskop kreist seit 2008 um die Erde und tastet dabei mehrmals täglich den Himmel ab. Dabei hat es schon einige bedeutende Entdeckungen gemacht. Es erbrachte beispielsweise den ersten Nachweis kollidierender Neutronensterne als Ursache von kurzen Gammablitzen und bestätigte die erste Messung eines derartigen Gravitationswellensignals im Jahr 2017.

Nach wie vor gibt die Gammastrahlung, die energiereichste Strahlung im elektromagnetischen Spektrum, noch viele Rätsel auf. Sie ist Teil der kosmischen Hintergrundstrahlung, mit der das Universum erfüllt ist. Sie geht unter anderem von fernen Quasaren (aktive Kerne einer Galaxie), Pulsaren (schnell rotierende Neutronensterne), Supernovae oder auch Galaxien mit starker Sternbildung aus.

Noch ist jedoch weitgehend unklar, welche Ursprünge und Eigenschaften der diffuse Gammastrahlen-Hintergrund hat. Um mehr über die räumliche Symmetrie des Hintergrunds herauszufinden, hat ein Team um den Astronomen Alexander Kashlinsky vom Goddard Space Flight Center der Nasa 13 Jahre an Daten des Fermi-Gammastrahlen-Teleskops ausgewertet. Dabei sind die Forscher auf ein unerwartetes und bisher unerklärtes Signal gestoßen.

Deutlich abweichendes Signal

"Es ist eine völlig zufällige Entdeckung", sagte Kashlinsky bei der Präsentation der Forschungsergebnisse auf einer Tagung der American Astronomical Society in New Orleans. "Wir haben ein viel stärkeres Signal gefunden, und zwar in einem anderen Teil des Himmels, als wir es vermutet hatten." Statt eine relativ gleichmäßige Verteilung zu finden, wie erwartet wurde, zeigte sich eine deutliche Asymmetrie, genannt Dipol, wie das Forscherteam auch in der Fachzeitschrift "The Astrophysical Journal Letters" schrieb.

"Wir finden nach Abzug aller bekannten Quellen einen Dipol, der hochgradig statistisch signifikant und extragalaktischen Ursprungs ist", berichten Kashlinsky und seine Kollegen. Demnach ist die Hintergrund-Gammastrahlung in einem Teil des Südhimmels sechs bis sieben Prozent stärker ist als anderswo.

Ursprünglich suchte das Astronomenteam nach einem Gammastrahlenmerkmal, das mit dem langwelligeren kosmischen Mikrowellenhintergrund (CMB), dem ältesten Licht im Universum, zusammenhängt. Bereits in den 1970er-Jahren erkannten Fachleute, dass der CMB eine Dipolstruktur aufweist, die später präzise gemessen werden konnte. Die Mikrowellenstrahlung ist dabei im Nordwestteil des Himmels ein wenig heißer als im Durchschnitt. Vermutet wurde, dass sich bei der Gammastrahlung ein ähnliches Dipolmuster abzeichnet. Das nun gemessene Signal befindet sich jedoch in einer ganz anderen Region als die CMB-Asymmetrie und unterscheidet sich auch in seinem Ausmaß enorm von der Mikrowellenstrahlung.

Parallele zu energiereichsten Teilchen

"Wir haben einen Gammastrahlendipol gefunden, aber seine Spitze befindet sich am südlichen Himmel, weit weg vom CMB, und seine Helligkeit ist zehnmal größer als das, was wir aufgrund der Bewegung unseres Sonnensystems erwarten würden", sagte Ko-Autor Chris Shrader. Aufgrund der in der Relativitätstheorie beschriebenen Effekte sollte der Gammastrahlendipol bis zu fünfmal stärker sein als jener des CMB. "Es ist zwar nicht das, wonach wir gesucht haben, aber wir vermuten, dass es mit einem ähnlichen Merkmal zusammenhängt, das über die energiereichste kosmische Strahlung berichtet wurde."

Astronomen am Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien haben nämlich schon im Jahr 2017 einen ähnlichen, bisher ebenso unerklärbaren Dipol entdeckt, und zwar bei einem ebenfalls rätselhaften Phänomen, den energiereichsten Teilchen der kosmischen Strahlung. Die sogenannte ultrahochenergetische kosmische Strahlung (UHECR) geht von den seltensten und energiereichsten Teilchen aus. Sie haben eine Milliarde Mal so viel Energie wie Gammastrahlen und gehören zu den großen Rätseln der Astrophysik – ihre Quelle ist unbekannt. Auffällig ist, dass der Dipol der UHECR in derselben Himmelsregion gipfelt wie die Gammastrahlen und die Asymmetrie eine ähnliche Größenordnung hat.

Die Wissenschafter halten es daher für wahrscheinlich, dass die beiden Phänomene miteinander verbunden sind. Noch nicht identifizierte Quellen könnten sowohl die Gammastrahlen als auch die ultrahochenergetischen Teilchen erzeugen. Um diese kosmischen Rätsel zu lösen, gelte es, entweder die noch unbekannten Quellen der Strahlen ausfindig zu machen – oder alternative Erklärungen zu finden. (Karin Krichmayr, 15.1.2024)