Junge Frau sitzt müde vor dem Laptop.
Zwei Drittel der Studierenden gaben an, dass sie nach wie vor nicht offen über ihre psychische Gesundheit sprechen könnten.
IMAGO/Zoonar

Zuerst die gute Nachricht: Die Lebensqualität der Studierenden hat sich insgesamt verbessert. Allerdings gibt es auch schlechte Neuigkeiten: Die Hälfte der Studierenden gibt an, dass es ihnen psychisch nicht gut bis schlecht geht – und das im dritten Jahr in Folge. Insbesondere Studentinnen leiden signifikant stärker unter mentalen und körperlichen Belastungen als ihre männlichen Kommilitonen.

Diese und weitere Erkenntnisse liefert das Mental-Health-Barometer 2023, eine Initiative von Instahelp, einer Plattform für psychologische Onlineberatung, und Studo, einer Studierenden-App. Vom 6. bis 13. November 2023 beantworteten 7.936 Studierende aus Österreich und Deutschland die Onlineumfrage vollständig. Neben Fragen zur mentalen Gesundheit spielen im diesjährigen Barometer das aktuelle Weltgeschehen und die Teuerung eine große Rolle.

Obwohl sich das mentale Wohlbefinden und die Lebensqualität seit der ersten Umfrage im Jahr 2021 leicht verbessert haben, wirken sich globale Ereignisse negativ auf die geistige Gesundheit aus. Hinzu kommt, dass sich rund 81 Prozent der Studierenden aus Österreich und Deutschland durch ihr Studium gestresst fühlen.

Drei große Belastungen

Überforderung und Arbeitsaufwand im Studium, die Teuerung und damit verbunden die eigene finanzielle Situation, psychische Probleme und Prüfungen sind auch heuer die häufigsten Belastungsfaktoren für Studierende. Die diesjährige Studie hebt aber auch die Auswirkungen der aktuellen globalen Geschehnisse hervor: Mehr als die Hälfte der Studierenden gibt an, vom aktuellen Weltgeschehen psychisch belastet zu werden. Über zwei Drittel fühlen sich auch aufgrund ihrer finanziellen Situation beeinträchtigt.

"Dass sich das mentale Wohlbefinden der Studierenden im Vergleich zu den letzten beiden Jahren leicht verbessert hat, stimmt positiv. Trotzdem leiden viele Studierende aktuell stark unter dem Stress im Studium. Der Arbeitsaufwand in vielen Studien ist sehr hoch, wenn dazu dann noch finanzielle Sorgen und mentale Herausforderungen kommen, sind das Belastungen, die auf Dauer nur schwer zu stemmen sind", sagt Studo-Geschäftsführer Lorenz Schmoly.

Zuversichtlich stimmen zumindest die Ergebnisse der wahrgenommenen Lebensqualität der Studierenden. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren lässt sich hier ein Aufwärtstrend erkennen: 71 Prozent berichteten von einer guten, sehr guten oder ausgezeichneten Lebensqualität. Im Vergleich dazu lag der Wert im Jahr 2021 bei lediglich 18 Prozent (Pandemiejahr) und im Jahr 2022 bei 69 Prozent.

Gesellschaftliches Tabu

Laut der Umfrage erkennen die Studierenden die Gleichwertigkeit von körperlicher und geistiger Gesundheit an. Das spiegelt sich aber nicht in den Gewohnheiten wider, da die meisten nur eine Stunde oder weniger pro Woche für mentale Verbesserungen aufwenden. Hingegen investiert die Hälfte der Studierenden im Schnitt zwei bis fünf Stunden in ihre körperliche und ihre soziale Gesundheit.

Hinzu kommt, dass das Thema psychische Gesundheit auch weiterhin ein gesellschaftliches Tabu ist. Zwar gaben im Vergleich zu den Vorjahren prozentual weniger Studierende an, dass ein Stigma rund um mentale Belastungen besteht. Dennoch haben knapp zwei Drittel der Befragten das Gefühl, nach wie vor nicht offen über ihre psychische Gesundheit sprechen zu können.

Trotz eines deutlichen Bedarfs (86 Prozent) an psychologischer Unterstützung zeigt die Realität eine Diskrepanz: Nur 44 Prozent halten es für wahrscheinlich, tatsächlich Hilfe in Anspruch zu nehmen. Würden Kosten keine Rolle spielen, wäre das deutlich anders: Dann würden Studierende am liebsten psychologische Beratung oder Therapie vor Ort, Studierendenberatung oder Onlineberatung nutzen.

Aktuell helfen sich die Studierenden hauptsächlich durch Selbstrecherche. Fast ein Drittel der Befragten gibt an, bisher noch gar keine Unterstützungsangebote genutzt zu haben. "Die Hälfte aller Studierenden ist psychisch belastet – und das hat sich seit drei Jahren nicht verändert. Es braucht dringend Maßnahmen, um die mentale Gesundheit von Studierenden zu stärken und angemessene Unterstützung bereitzustellen", sagt Instahelp-CEO Bernadette Frech. Außerdem solle verstärkt in die Prävention investiert werden – gerade bei jungen Menschen. (red, 16.1.2024)