Am Wochenende demonstrierten mehr als 900.000 Menschen in Deutschland gegen Rechtsextremismus.
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Berlin – Die deutschen Sicherheitsbehörden prüfen ein Einreiseverbot für den früheren Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner. Es sei zutreffend, dass sie im Bundestagsinnenausschuss die Frage aufgeworfen habe, ob die Regierung beabsichtige, gegen Sellner Maßnahmen zur Einreiseverhinderung zu ergreifen, sagte die Sprecherin der Linken für Antifaschismus, Martina Renner, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Dienstag. Das Innenministerium werde das nun prüfen.

Das CDU-Ausschussmitglied Philipp Amthor unterstützt eine solche Prüfung. "Wir sollten in unserer wehrhaften Demokratie generell keine Agitation gegen unsere Verfassungsordnung dulden – insbesondere nicht von ausländischen Extremisten wie Martin Sellner", sagte er der dpa. "Insoweit halte ich es für richtig und für notwendig, dass die Sicherheitsbehörden ein Einreiseverbot gegen Martin Sellner ernsthaft prüfen." Dabei sei allerdings besondere juristische Sorgfalt geboten, damit er sich nicht als Opfer gerieren könne. Die Beurteilung, ob die notwendigen Hürden für ein Einreiseverbot erreicht seien, obliege dabei nicht der politischen Diskussion des Parlaments, sondern einer Faktendiskussion innerhalb der Sicherheitsbehörden.

AfD vermeldet Mitgliederzuwachs

Berichte über ein Treffen mit rechtsextremistischen Aktivisten in Potsdam, bei dem mehrere Politiker der AfD zugegen waren, haben der Partei nach eigenen Angaben bei der Mitgliederentwicklung nicht geschadet. Zwischen dem 10. und dem 22. Jänner seien etwa 1.400 Aufnahmeanträge neu eingegangen, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Im gleichen Zeitraum habe es Austritte "im mittleren zweistelligen Bereich" gegeben.

Die Partei habe netto seit Jahresbeginn etwas mehr als 1.000 neue Mitglieder hinzugewonnen und habe aktuell rund 41.000 Mitglieder, sagte der Sprecher. Er wies allerdings darauf hin, dass aufgrund einer einmonatigen Widerspruchsfrist im Jänner vollzogene Eintritte aus Anträgen auf Mitgliedschaft resultierten, die bereits 2023 gestellt worden seien.

Rechtes Geheimtreffen

Das Medienhaus "Correctiv" hatte am 10. Jänner über ein Treffen von Rechtsextremisten am 25. November in Potsdam berichtet, an dem einige AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.

Nach den Enthüllungen hatte es in zahlreichen Städten große Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie gegeben. Dabei war teils massive Kritik an der AfD laut geworden.

Wagenknecht: Demonstrationen werden AfD nicht schwächen

Die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht erwartet von den Massendemonstrationen gegen rechts keine Schwächung der AfD. "Die AfD ist nicht deshalb so stark, weil es plötzlich so viele Wähler mit rechtsradikaler Gesinnung gibt", sagte die Vorsitzende der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur. "Die AfD ist so stark, weil die Politik in Berlin so katastrophal ist."

Wagenknecht sagte: "Die Demonstrationen zeigen, dass viele Menschen sich Sorgen machen, wenn eine Partei, die Rechtsextremisten und Nazis in ihren Reihen hat, immer stärker wird." Doch dürften die Proteste nicht überlagern, wer für die AfD-Erfolge verantwortlich sei: "Und verantwortlich ist die Bundesregierung, die mit ihrer Unfähigkeit, Abgehobenheit und Klientelpolitik die Menschen zu Recht empört", meinte Wagenknecht. "Wenn jetzt Ampelpolitiker vorn in den Demonstrationen mitlaufen, ist das pure Scheinheiligkeit und Heuchelei, denn im Grunde demonstrieren sie damit gegen sich selbst, gegen die Früchte ihrer Politik." (APA, 23.1.2024)