junge Leute debattieren über Umweltschutzprojekte
Fachkräfte für die grüne Wende braucht es viele. Einige Studierenden beschäftigen sich bereits in Projekten mit Klimaschutz.
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Der Arbeitsauftrag der Republik ist in puncto grüne Wende mächtig: Klimaneutralität bis 2040, Veränderungen in der Energie- und Wärmeversorgung, aber auch bei der Mobilität. Und wer wird die Wende mittragen? Laut Expertinnen und Experten werden bis 2030 schätzungsweise 100.000 Fachkräfte in Green Jobs gebraucht. Derzeit sind rund 23 von mehr als 100 Mangelberufen in Österreich klimarelevante Tätigkeiten. Aus- und Weiterbildungen für umweltschutzrelevante Berufe werden jetzt gefördert.

Der Bedarf an Klima-Jobs schlägt sich auch an den Fachhochschulen nieder. Mit der "Charta für das Bündnis Nachhaltige Hochschulen" haben sich zwölf FHs das Ziel gesetzt, das Thema Nachhaltigkeit gemeinsam aktiv anzugehen. In der Forschung plane das Bündnis Projekte einzureichen, die gemeinsame Forschungsinfrastruktur zu nutzen und Konferenzen und Seminare auszurichten. Manche Fachkräfte von morgen tüfteln bereits an klimarelevanten Ideen. Dazu hat DER STANDARD mit drei Studierenden gesprochen, die unterschiedlichste Projekte für mehr Umweltschutz ins Rollen gebracht haben.

In 48 Stunden zur grünen Business-Idee

"Geschlafen haben wir nur sehr wenig. Aber trotzdem waren wir voller Energie", erzählt die FH-Studentin Ruby Jain, die an dem World Technological University Network (WTUN) Hackathon 2023 teilnahm. Innerhalb von 48 Stunden sollten sie und ihre drei zufällig ausgewählten Teamkolleginnen eine Business-Idee aus dem Boden stampfen, und zwar zum Thema Klimaschutz. Das Event fand online statt, da die teilnehmenden Studierenden aus den unterschiedlichsten Ländern, Institutionen und Studienfächern zusammengewürfelt wurden.

Ruby Jain selbst kommt aus Indien und macht momentan den englischsprachigen Masterstudiengang Sustainable Energy Systems an der FH Wels. Sie entschied sich für Österreich als Studienort, da sie hier viele Studiengänge im Bereich der Wind- und Solarkraft finden konnte – zukünftige Berufsfelder, die sie begeistern. "Während der Brainstorming-Phase entdeckten wir eine Geschäftsidee für ein nachhaltiges Unternehmen. In Indien gibt es schon viele Firmen, die im Bereich Abfallmanagement tätig sind. Bei unserer Recherche haben wir allerdings nur wenige gefunden, die sich auf den Bereich der organischen Abfälle spezialisieren", sagt sie.

Ihre Idee soll diese Lücke füllen: Sie kaufen den Biomüll von Restaurants, Hotels und Straßenverkäuferinnen, sortieren den Mist und verkaufen ihn an Firmen, die daraus Düngemittel, Seifen oder andere Produkte herstellen. Mit mehr Kapital soll die Sortierarbeit von Maschinen übernommen werden. Auch die daraus gewonnenen Daten – welcher Abfall und wie viel von welchen Unternehmen zugekauft wird – könnten an Firmen verkauft werden. Das Konzept überzeugte die Jury – und ihr Team gewann den zweiten Platz des Wettbewerbs. Nun möchten Ruby Jain und ihre Teamkolleginnen weiter daran arbeiten und die Idee in die Tat umsetzen.

Kein CO2 aus Weingärten

Für seinen Kurs Infrastructure Engineering an der FH Burgenland wollte der Student des Masterstudienganges Cloud Computing an der FH Burgenland, Thomas Ederer, letztes Jahr mit seinem Kollegen ein großes Projekt als Abschlussarbeit angehen – und sein Interesse an Tieren und Pflanzen einbringen. Also ging es in die burgenländischen Weingärten. Dort würden im Frühjahr zahlreiche Bauern Feuer in ihren Gärten zünden, um den Spätfrost von den Weinreben fernzuhalten. "Das verursacht natürlich Feinstaub und CO2", sagt Ederer über sein Projekt. Somit entstand die Idee, in den Weingärten regelmäßig Temperatursensoren aufzustellen, die ihre Daten regelmäßig per Funk verschicken.

Diese sollen gesammelt und mit ihnen Vorwarnungen generiert werden. Mit einer Innovation wollten die Studienkollegen die Technologie noch genauer machen. In "Data Spaces", einer Art gesichertem Marktplatz, könnten Bäuerinnen und Bauern untereinander ihre Daten austauschen und besser planen, wann sie wirklich Feuer anzünden würden. "Einen Kaltluftsee kann man wesentlich besser vorhersagen, wenn man die Daten einer sehr breiten Fläche hernimmt", sagt Ederer. Ziel seines Projekts war es, nicht nur CO2 und Feinstaub zu reduzieren, sondern den Bauern auch Kosten zu sparen.

Oktopoden verstehen

Auch in seiner Masterarbeit konnte Ederer seine Begeisterung für die Natur mit der Technik verbinden. Über die NGO Maremundi ist er zu dem Projekt des Professors Wolfgang Slany gekommen, welcher die Intelligenz von Oktopussen untersucht. In dem Projekt gehe es unter anderem darum, die Meerestiere besser zu verstehen. Die NGO würde außerdem den Krusija Kanal, die tiefste Stelle der nördlichen Adria als Schutzzone ausweisen wollen – braucht dafür aber wissenschaftliche Belege, wie etwa, dass der Ort als Heimat für viele Oktopusse dient.

Damit aber nicht immer jemand 60 Meter unter Wasser tauchen muss um sie zu beobachten, hatte Ederer den Plan, eine passende Unterwasserkamera in einer künstlichen Höhle unter Wasser zu schicken, die mit einem Kabel mit der Wasseroberfläche verbunden ist. Oberhalb soll eine Boje mit einer Ankerkette befestigt werden, auf der sich ein Akku, ein Photovoltaik-Modul und Funkübertragungstechnik befinden. "Somit lassen sich von Wien aus die Oktopusse in der Adria erforschen", sagt Ederer.

Grünere Fassaden in der Stadt

Manuel Cserers Idee hingegen bleibt an Land. Diese kam dem Studenten der Energie- und Umwelttechnik, ebenfalls an der FH Burgenland, während einer Reise mit einem Freund nach Mailand. An einem Abend gingen sie an den Bosco Verticale vorbei, zwei modernen Wohntürmen, die auf allen Seiten mit Pflanzen begrünt sind. Im gefiel die Umsetzung, und beruflich sei er als Bautechniker auch nah dran. "Ich wollte ein Thema finden, welches jeden betrifft, und Umweltschutz gehört dazu", sagt Cserer. Er wolle zeigen, dass bereits kleine Maßnahmen einen großen Effekt bringen können. In Zusammenarbeit mit dem Innovationslabor Grünstattgrau, einem Fachverband für Bauwerksbegrünung, hat er Infomaterial und Kenndaten für begrünte Gebäude erhalten. Die Erkenntnisse münzte er dann auf das "Lowergetikum" um, ein nachhaltiges Niedrigenergiegebäude auf dem Campus der FH Burgenland.

Er ergründete, welche Wandaufbauten gebraucht werden und wie man die Pflanzen letztlich montieren kann. Seine Ergebnisse zeigten: der Wärmeverlust kann durch starke Begrünung um bis zu zehn Prozent gesenkt werden, die Oberflächentemperatur bis zu 20 Grad verringert werden. "Meine Arbeit kann nun als Leitfaden für die tatsächliche Begrünung dienen", erzählt Cserer, "im besten Fall auch für die Dächer und Innenräume." In seiner Masterarbeit wolle er die Forschung noch weiter vertiefen.

FH-Studiengänge Umweltschutz-Schwerpunkt

Studiengänge zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit gibt es auf einigen Fachhochschulen bereits schon länger. Viele haben Nachhaltigkeit und Umweltschutz in ihren Lehrplänen verankert. Manche sind sogar ganz auf den Klimaschutz ausgerichtet. Mittlerweile gibt es 49 solcher Studiengänge (Bachelor und Master) an insgesamt 13 Fachhochschulen in Österreich. Hier eine Übersicht:

(Melanie Raidl, Natascha Ickert, 9.2.2024)