Wien – Von sogenannten Klimaklebern bis zur Ökologisierung der Pendlerpauschale: Klimaschutz ist ein Thema, das in Österreich wie kaum ein anderes polarisiert. Durch diese Spaltung in der Gesellschaft werde es immer schwieriger, eine lösungsorientierte Debatte über Klimathemen zu finden. Dieser Aussage stimmen laut einer Umfrage knapp 84 Prozent der rund 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 14 und 75 Jahren zu. Ähnlich hoch ist auch der Anteil jener Personen, die meinen, manche Politikerinnen und Politiker würden im Klimabereich Entscheidungen treffen, die Einzelinteressen bedienen und nicht das Wohlergehen der Bevölkerung im Blick haben. 70 Prozent der Bevölkerung finden, dass zu wenige Maßnahme gegen die Klimakrise gesetzt werden. Immerhin sieben von zehn Personen in der von Marketagent erstellen repräsentativen Umfrage meinen, manche Lösungen würden im Klimaschutz in Österreich sogar aktiv verhindert.

Auf einem Schild auf einer Klimademo steht
Sieben von zehn Menschen in Österreich meinen, dass Lösungen im Klimaschutz aktiv verhindert werden.
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Ob das im tagespolitischen Geschehen tatsächlich der Fall ist und wie eine lösungsorientiertere Debatte im Klimaschutz gelingen kann, damit will sich künftig der Auftraggeber der Umfrage beschäftigen: das neu gegründete Kontext-Institut für Klimafragen. Dieses will sich – ohne sich selbst als solchen zu bezeichnen – in die Reihe von bestehenden Thinktanks in Österreich einreihen, mit zwei Besonderheiten, wie es bei der Präsentation heißt: So will sich das Institut mit Sitz in der Liechtensteinstraße ausschließlich mit Klimapolitik beschäftigen und finanziell wie auch von parteipolitischen Interessen unabhängig sein.

Geleitet wird Kontext von einer Dreierspitze: Katharina Rogenhofer, Mitbegründerin von Fridays for Future in Österreich und ehemalige Sprecherin des Klimavolksbegehrens; Energieexperte Florian Maringer, der zuletzt im Kabinett des Klimaschutzministeriums tätig; und die Unternehmerin Tina Deutsch. Der gemeinnützige Verein wolle "nicht im Auftrag für jemanden unterwegs sein", sagte Deutsch. "Wir werden keine Gelder durch Auftragsforschung lukrieren." Das Institut agiere unabhängig, heißt es bei der Präsentation, aber: "Wir sind inhaltlich natürlich nicht vollkommen neutral, sondern dem wissenschaftlichen Konsens verpflichtet – Klimaneutralität steht da außer Streit."

Lücke schließen

"Trotzdem im Klimabereich viele Lösungen bekannt sind, sind wir in der Umsetzung noch nicht dort, wo wir laut Wissenschaft sein müssen", erklärt Rogenhofer die Motivation für die Gründung des Instituts. Dieses wolle versuchen, "die Lücke zwischen dem, was naturwissenschaftliche bekannt, und dem, was gesellschaftspolitisch notwendig ist, zu überbrücken". Dabei soll es etwa darum gehen, was in der Politik hinter verschlossenen Türen besprochen wird. "Wir sind keine Kampagnenorganisation, sondern sehen uns als klimapolitische Analyseinstitution", ergänzt sie.

Einblick ins politische Geschehen soll unter anderem Maringer liefern, der, wie er sagt, knapp vier Jahre "im Maschinenraum" der Politik gearbeitet hat. Auf Nachfrage, wie sich der Spagat zwischen politischer Unabhängigkeit und seiner früheren Beschäftigung in einem grünen Ministerium ausgehe, antwortet er, dass er keiner Partei angehöre und zuvor wesentlich länger in zahlreichen Funktionen für Unternehmen tätig gewesen sei.

Zwei Beiräte

Das Institut wird strategisch und inhaltlich von einem Beirat gemeinnützig unterstützt, der laut Rogenhofer die gesellschaftliche Breite gut abdecken soll. Auf der Liste finden sich Namen wie der Unternehmer Wolfgang Anzengruber, AMS-Vorstand Johannes Kopf, Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber oder die Juristin und Ex-Politikerin Irmgard Griss. Darüber hinaus soll ein 25-köpfiger wissenschaftlicher Beirat, der Ende Februar vorgestellt wird, dem Institut bei der Analysearbeit unter die Arme greifen.

Die Finanzierung des derzeit elfköpfigen Teams erfolgt nach Angaben der Gründerinnen und Gründer aus Spenden von Organisationen und Privatpersonen. Laut Deutsch werden alle Spenderinnen und Spender, die mehr als 5000 Euro beitragen, mit Mittwoch – und damit nach der Veröffentlichung dieses Artikels – auf der Homepage veröffentlicht. Dort seien auch die Förderrichtlinien einzusehen. So müssen Geldgeber etwa ein Commitment zum Thema Klimaschutz unterzeichnen, Spenden aus der fossilen Industrie lehnt das Institut ab. (lauf, 31.1.2024)