Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bei einem Pressestatement im Bundeskanzleramt.
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Postenbesetzungen in Justiz, Verwaltung und dem staatsnahen Bereich sind oft politisch motiviert und heikel. Das hat gerade die jüngste Vergangenheit wieder gezeigt. Mehr als ein Jahr lang wurde die Spitze des Bundesverwaltungsgerichts nicht besetzt, weil sich ÖVP und Grüne nicht einigen konnten, wer den Job bekommen soll. Am Straflandesgericht Wien muss derzeit Ex-Kanzler Sebastian Kurz erklären, welche Rolle er bei der Bestellung von Thomas Schmid als Öbag-Vorstand gespielt hat. Es ist bekannt, dass sich Parteien schon während Koalitionsverhandlungen ausdealen, wer welche Posten besetzen darf. Aber könnte sich das bald bessern?

Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer hat sich jedenfalls in diese Richtung geäußert. In der ORF-"Pressestunde" vergangenen Sonntag erklärte er in Bezug auf die Entscheidungsmacht der Regierung bei gewissen Besetzungen: "Ich bin der Erste, der sagt, das gehört geändert." Entweder es gebe eine Ausschreibung und dann die Entscheidung durch eine Kommission oder eben eine politische Entscheidung. Das derzeitige "Mischverhältnis" gehöre beendet. Man muss dazusagen: In der Causa Bundesverwaltungsgericht soll es die ÖVP gewesen sein, die nicht dem Vorschlag der Kommission folgen wollte. Schlussendlich kam der Drittgereihte zum Zug.

Grüne seien "offen" für Verbesserungen

Seitens der Grünen wird auf Nachfrage des STANDARD erklärt: "Wir stehen seit jeher dafür, dass Personalentscheidungen objektiv, transparent und mit Fokus auf die Qualifikation und Kompetenz getroffen werden. Für Vorschläge des Koalitionspartners zur Verbesserung dieser Prozesse sind wir offen." Mit solchen Vorschlägen ist von der ÖVP derzeit aber wohl nicht zu rechnen. Nehammer hat schon vergangenes Jahr erklärt, dass es für aktuell vorzunehmende Bestellungen zu spät sei, er wolle die Vorgangsweise bei Stellenbesetzungen "in einer nächsten Legislaturperiode" ändern.

Aber wie könnte eine Änderung überhaupt aussehen? Die Grünen betonen, dass es für wichtige Ämter und Positionen unterschiedlichste Besetzungsverfahren gebe – der Prozess ist bei Richterinnen oder leitenden Positionen im öffentlichen Dienst ein anderer als bei Schuldirektoren. Es gibt also nicht bloß eine Antwort auf diese Frage. Im Jahr 2021 wurde das Ausschreibungsgesetz geändert. Seither werden Arbeitsplatzbeschreibungen dem Ministerium zur Genehmigung vorgelegt, bevor eine Ausschreibung erfolgt. So soll verhindert werden, dass Ausschreibungen auf bestimmte Personen zugeschnitten werden. Nach Vorwürfen der Postenkorruption am Obersten Gerichtshof (OGH) kam dort bei der Nachbesetzung der Präsidentenstelle vergangenes Jahr ein neues Verfahren zur Anwendung. Die Justizministerin bleibt zwar für die Ernennung zuständig, sie muss aber eine schriftliche Begründung vorlegen, sollte sie vom Vorschlag einer neuen, richterlichen Personalkommission abweichen.

Verfassungsjurist sieht Änderungsbedarf

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer sieht auch Änderungsbedarf bei der Besetzung der wichtigsten Posten an den anderen Höchstgerichten: "Die Bundesregierung sollte auch hier an die Vorschläge von richterlichen Organen gebunden sein", sagt er. Beim Verfassungsgerichtshof ist es derzeit etwa so, dass die Regierung den Präsidenten, den Vizepräsidenten sowie sechs Mitglieder vorschlagen kann. Jeweils drei weitere Mitglieder überlegen sich Nationalrat und Bundesrat. "Sinnvoller wäre es, wenn ein Ausschuss bestehend aus Mitgliedern aller Höchstgerichte die Personalvorschläge machen würden", sagt Mayer.

Die Letztentscheidung in vielen Fragen müsse bei der Regierung liegen. Sie sei – anders als eine Kommission – schließlich demokratisch legitimiert. "Aber die parteipolitische Einflussnahme muss möglichst hintangehalten werden", sagt Mayer. Das sei möglich, indem qualifizierte Kommissionen Dreivorschläge machen und die Regierung dann daraus auswählt. Schon jetzt werden die wichtigsten Personalentscheidungen am Ende auch noch vom Bundespräsidenten abgesegnet, der letztinstanzlich Fehlentscheidungen verhindern kann. (Katharina Mittelstaedt, 2.2.2024)