Verschiedene Arten von Brot auf einem Holzregal
Die Farbe sagt nur wenig über den Gesundheitswert eines Brotes aus.
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Waren Sie schon einmal länger im Ausland unterwegs, oder kennen Sie jemanden, der lange auf Reisen war? Und haben Sie sich selbst oder ebendieser Person dann die Frage gestellt, worauf sie sich zu Hause in Österreich schon wieder am meisten freut? Die Antwort ist nämlich oft die gleiche: auf ein richtig gutes Brot.

Kein Wunder, denn in wenig anderen Ländern gibt es eine solche Vielfalt an Brot und Gebäck wie in Österreich: das klassische Handsemmerl, der Kornspitz, das Salzstangerl, Laugengebäck oder zahlreiche Variationen von Weiß-, Schwarz- oder Bauernbrot sind nur einige davon.

Dabei hat die Farbe oft Einfluss darauf, wie gesund wir das Brot einschätzen. Je heller es ist, desto ungesünder muss es sein, glauben manche. "Wahrscheinlich kommt dieser Gedanke daher, dass Vollkornbrot tendenziell dunkler ist, und das ist ja schließlich gut für uns", glaubt Diätologin und Ernährungswissenschafterin Fiona Steinberger. "Aber nicht jedes dunkle Brot ist gleich ein Vollkornbrot", stellt sie klar.

Ballaststoffe in der Schale des Getreidekorns

Vollkorn bedeutet, dass für das Brot das ganze Getreidekorn verarbeitet wurde, auch der Keimling und die etwas dunklere Schale. Das ist auch der Grund, warum in Vollkornbrot besonders viele Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine enthalten sind – und Vollkornprodukte dementsprechend gesünder sind.

Denn die Ballaststoffe sitzen beim Getreide vor allem in der Schale. "Ballaststoffe sind echte Allround-Talente für unserer Körper. Sie stabilisieren unseren Blutzucker, sind gut für das Mikrobiom im Darm, halten uns länger satt und senken den Cholesterinspiegel", erklärt Steinberger.

Bei Weißbrot wird hingegen vorab das Getreidekorn von den Randschichten abgetrennt, man verwendet nur den hellen Mehlkörper. Weil hier die Ballaststoffe fehlen, steigt nach einem Semmerl der Blutzucker viel schneller an als nach einer Scheibe Vollkornbrot.

Dinkel oder Roggen sind nicht gleich Vollkorn

"Vielen kaufen auch Dinkelbrot in dem Glauben, dass das gesünder sei", beobachtet Steinberger. Aber Dinkel ist nicht automatisch Vollkorn. Wenn in den Inhaltsstoffen Dinkelmehl steht und nicht Dinkelvollkornmehl, dann wurde auch hier nur der Mehlkörper vermahlen, ohne Schale und Keimling. Da ist es dann im Grunde nur noch Geschmackssache, ob man jetzt zum Semmerl oder zum Dinkelweckerl greift. "Aus gesundheitlicher Perspektive macht das kaum einen Unterschied", betont Steinberger.

Die unterschiedlichen Vollkornvarianten sind vom Gesundheitswert ähnlich – egal ob Roggen-, Dinkel- oder Mischvollkorn. Aus Roggenmehl entsteht zwar ein etwas dunkleres Brot als aus Weizenmehl, aber von der Optik sollte man sich ohnehin nicht täuschen lassen. Ein Kornspitz ist ein gutes Beispiel dafür. Für viele wirkt es, als sei er die gesündere Alternative zum Semmerl. "Aber der besteht meist zu 60 bis 70 Prozent aus einer ähnlichen Masse, und nur der Rest ist Vollkorn. Der Unterschied ist also gering."

Blick auf die Zutatenliste

Wichtig ist: Nur wenn Vollkorn draufsteht, ist auch zu 90 Prozent Vollkorn drin. Bezeichnungen wie Vitalbrot, Fitnessweckerl oder Sportstangerl suggerieren zwar, dass das was Gesundes sein muss, aber gerade dann lohnt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe, betont die Expertin: "Das kann auch ein Marketing-Schmäh sein."

Denn die Lebensmittelindustrie hat sich den Gesundheitsmythos rund um die Farbe von Brot schon gut zunutze gemacht, berichtet Steinberger. Es ist zwar verboten, Konsumenten in die Irre zu führen und dem Brot Farbstoffe beizumengen, um einen gesundheitlichen Vorteil zu suggerieren. Aber oft werden für einen intensiveren Geschmack Glukosesirup, Maltodextrin oder Melasse beigemengt. Der Nebeneffekt dieser geschmacksintensivierenden Produkte: Sie haben eine färbende Wirkung – und das Brot oder Weckerl wirkt dadurch gesünder. "Dabei könnte das Gegenteil der Fall sein, weil mit den Sirupen auch versteckter Zucker ins Brot kommt", sagt Steinberger.

Das bedeutet nicht, dass man nicht hin und wieder auch zu so einem "normalen" Mischbrot greifen kann, rät die Ernährungswissenschafterin zur Entspannung, aber oft lohnt sich eben ein Blick auf die Inhaltsstoffe. Und auch helles Brot sollte man nicht grundsätzlich verteufeln: "Wenn man lieber ein Semmerl statt Vollkornbrot zu seiner Gulaschsuppe möchte, ist das kein Problem. Ja, wir sollten vermehrt zu Vollkornprodukten greifen, aber in einer gesunden Mischkost hat in Maßen alles Platz." (Magdalena Pötsch, 5.2.2024)