Schachfiguren, die auf einem Haufen auf einem Schachfeld liegen.
Was sind die Auswirkungen, wenn die Eigentümer nicht mehr gleichzeitig den Rektorsposten bekleiden dürfen?
Regine Hendrich

Wer hat die Entscheidungsmacht? Die finanzielle oder die akademische Leitung? Das ist immer ein kritischer Punkt bei Unternehmen ebenso wie bei Universitäten. Oder sollten diese Leitungsfunktionen besser in einer Hand liegen? Könnte so die wissenschaftliche Unabhängigkeit besser gewährleistet werden? Ein Ministerialentwurf des Universitäts- und Hochschulgesetzes, der Mitte Jänner veröffentlicht wurde, sieht die Teilung als klaren Vorteil. Doch dagegen regt sich vonseiten der Privatuniversitäten großer Widerstand. Es wird sogar von einer Existenzbedrohung gesprochen. Was steckt hinter dem Schlagabtausch?

Mehr Regeln

Momentan gibt es in Österreich 19 Privatuniversitäten und Privathochschulen mit rund 20.000 Studierenden. Das sind rund fünf Prozent aller Studierenden in Österreich. Der Gesetzgeber möchte nun mehr Transparenz und Qualitätssicherung in Privatuniversitäten herstellen. Das ist, wie die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger erklärte, eine Reaktion auf "die Probleme, die sich mit der Sigmund-Freud-Universität ergeben haben". 2022 wurde dieser aufgrund von Qualitätsmängeln die Zulassung für das Masterstudium Medizin entzogen. Das Bundesverwaltungsgericht hob den Bescheid aufgrund eher formaler Kriterien aber wieder auf und prüft ihn erneut. Für Studierende sind so lange Phasen der Unsicherheit belastend. Deswegen sollen laut der Novelle ab dem Zeitpunkt eines negativen Bescheids im betreffenden Studiengang keine neuen Studierenden mehr aufgenommen werden.

Eva Blimlinger zog eine weitere Lehre aus der Causa: Die Leitungsfunktionen an Privatunis sollten strikter getrennt werden, denn im Falle der Sigmund-Freud-Universität hielt zum Zeitpunkt des Akkreditierungsentzugs der Rektor Alfred Pritz 50 Prozent der Eigentümeranteile. Die wirtschaftlichen und die akademischen Führungspositionen dürfen dann nicht mehr von einer Person bekleidet werden.

Privatunis sehen Existenz bedroht

Die Österreichische Privatuniversitätenkonferenz (ÖPUK) ist strikt gegen diesen Vorschlag. "Aufgrund eines Falls nun alle Privatuniversitäten gleichermaßen zu sanktionieren, denke ich, ist nicht zielführend", so Ulrike Plettenbacher, die Leiterin der Jam-Music-Lab-Privatuniversität und Stellvertreterin des Vorsitzenden der ÖPUK. Das sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Autonomie privater Universitäten und Hochschulen, heißt es in der Stellungnahme der ÖPUK. Denn das übergreifende Funktionsverbot gelte dann für alle Organe der Privatunis. Die gängigen Funktionen sind neben dem Rektorat (Leitung) der Universitätsrat (das Organ zur strategischen Steuerung) sowie der Senat (das Organ der akademischen Selbstbestimmung).

Die neue Regelung hätte mehrere negative Folgen, so die ÖPUK. Einerseits sei die Erwerbsfreiheit dadurch eingeschränkt. Das sei wichtig, da Privatuniversitäten ihre Forschung nicht nur durch die Studiengebühren, sondern auch durch Spenden oder unternehmerische Aktivitäten und Drittmittel finanzierten.

Durch die beabsichtigte strikte Trennung zwischen wirtschaftlichem Eigentümer und akademischer Leitung könne die ausreichende Berücksichtigung der Interessen der Geldgeber künftig nicht mehr sichergestellt werden. Auch wäre damit die Universitätsleitung "nicht mehr im handelsrechtlichen Sinne vertretungsbefugt, sondern praktisch zahnlos, da sie immer darauf angewiesen wäre, dass ihre Entscheidungen durch die Geschäftsführung der Trägergesellschaft umgesetzt werden", heißt es vonseiten der ÖPUK. Konflikte und Abhängigkeiten wären damit programmiert.

Neue Aufgabenaufteilung

Die Aufgaben der einzelnen Leitungsorgane müssten ebenfalls neu definiert werden. "Es könnte somit schwieriger werden, Rektorenposten nachzubesetzen, da diese Position mit deutlich weniger Handlungsspielraum ausgestattet wäre", ergänzt Martin Rummel, Rektor der Anton-Bruckner-Privatuniversität und Stellvertreter des Vorsitzenden der ÖPUK. Um das zu verdeutlichen, gibt er ein Beispiel: "Damit wäre es nicht mehr möglich, als Rektor Kooperationen abzuschließen, die auch finanzielle Verpflichtungen miteinschließen."

Martin Rummel betont auch, dass in vielen Privatuniversitäten bereits eine Trennung von kaufmännischer Geschäftsleitung und Eigentümer und Rektor bestehe. Die Eigentümerverhältnisse und die damit einhergehenden Rechtsformen sind ebenfalls von Uni zu Uni sehr unterschiedlich. Länder, Privatpersonen, Stiftungen, Diözesen, Firmen halten oft Anteile an den Privatuniversitäten.

Anlaufmöglichkeiten für Studierende

Interessant ist, dass diese strikte Trennung zwischen wirtschaftlichen und akademischen Bereichen auch in öffentlichen Universitäten nicht existiert. Der Staat als Eigentümer der öffentlichen Unis darf selbst Mitglieder des Universitätsrats bestellen. Deshalb müssten "auch die Gesellschafterinnen und Gesellschafter der Trägergesellschaft bzw. im Falle zahlreicher Privatuniversitäten und -hochschulen auch die Länder die Möglichkeiten haben, ihre legitimen wirtschaftlichen und strategischen Interessen im Universitätsrat zu vertreten", heißt es in der Presseaussendung der ÖPUK.

Durch den Vorschlag der personellen Trennung der Leitungsfunktionen soll auch verhindert werden, dass sich Studierende mit möglichen Beschwerden zwar an mehrere Stellen wenden können, dort aber immer denselben Personen gegenüberstehen, hieß es etwa bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs. Martin Rummel betont jedoch, dass Studierende in solchen Fällen sehr viele Anlaufstellen haben: vom Studienservice über interne Gleichbehandlungsstellen und das Dekanat bis hin zur Arbeiterkammer und vielen anderen.

Neue Kooperationsmöglichkeiten

Doch sind Wissenschaft und Lehre wirklich frei von Einflüssen der Geldgeber, wenn die Positionen mit denselben Personen besetzt sind? "Akademische und wissenschaftliche Freiheit heißt auch Verfügungsgewalt über die dafür notwendigen Ressourcen", heißt es vonseiten der ÖPUK. Viele Einrichtungen würden dann möglicherweise Geldgeber verlieren, wenn diesen jegliche Steuerung über ihre Organisation abhandenkommt.

Alle sechs Jahre müssen Privatuniversitäten ein (Re-)Akkreditierungsverfahren durch die AQ Austria bestehen. So wird sichergestellt, dass die akademischen Standards erfüllt werden. Dafür gibt es festgelegte Maßstäbe und Qualitätstest. Zudem müssen sie der AQ Austria jährlich Berichte vorlegen. Wenn sich eine Universität für Projekte bewirbt, die über Drittmittel finanziert werden, gelten bei wissenschaftlichen und projektbezogenen Kriterien für Privatuniversitäten selbstverständlich dieselben Regeln wie für alle anderen Bewerbenden.

Eine weitere und weniger umstrittene Gesetzesänderung ist darüber hinaus noch geplant: In Zukunft sollen Kooperationen zwischen verschiedenen Typen von Hochschulen erleichtert werden. So könnten etwa öffentliche Unis und Privatunis sogenannte interhochschulische Organisationseinheiten gründen und gemeinsam betreiben. Somit würden Gelder des Bundes auch an Privatunis fließen. Das ist eine Neuheit, denn momentan dürfen nur öffentliche Universitäten Geld vom Bund erhalten. Die Länder, die oft auch Anteile an Privatuniversitäten halten, dürfen diese hingegen auch schon jetzt mit öffentlichen Geldern finanzieren. (Natascha Ickert, 13.2.2024)