Aktivisten der
Auch der Sitz der Bundeswirtschaftskammer in Wien war Ziel von Aktionen der Klimakleber der sogenannten Letzten Generation.
Heribert Corn

Von der groß angelegten Beitragssenkung der Wirtschaftskammer ist nur wenig zu spüren. Die Einnahmen der gesetzlichen Interessenvertretung der österreichischen Wirtschaft sprudeln nahezu ungebremst. Um fast hundert Millionen Euro mehr als 2023 weisen die Wirtschaftskammer-Organisationen in ihren Voranschlägen für das Jahr 2024 aus.

Die von Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer im September angekündigte Entlastung um 35 Millionen Euro allein bei der von ihm verantworteten Bundeswirtschaftskammer (WKO) wird durch kräftige Einnahmensteigerungen der Landeskammern und Fachgruppen mehr als egalisiert. Sie verkommt zu einer Mikroentlastung, die von den Industriebetrieben kaum wahrgenommen wird.

Das erschließt sich aus den Budgetvoranschlägen auf Bundes-, Landes- und Fachgruppenebene, die von der Grünen Wirtschaft ausgewertet wurden. Die Erfahrung lehrt, dass der Mittelzufluss aus Pflichtbeiträgen tendenziell höher ist, denn Jahresvoranschläge werden konservativ nach den Regeln des ordentlichen Kaufmanns budgetiert.

Allein die von der Lohnsumme, also der Zahl der Beschäftigten in den Betrieben abhängige Kammerumlage 2 sollte heuer gemäß Voranschlag 433 Millionen Euro in die Kammerkassen spülen.

Automatische Steigerung

Woher kommt nun der üppige Zufluss? Vor allem die Einnahmen aus der von der abzuführenden Umsatzsteuer abhängigen Kammerumlage 1 haben kräftig angezogen, sie stiegen um 11,5 Prozent auf mehr als 275 Millionen Euro – obwohl sie nur auf im Inland erzielte steuerbare Umsätze ab 150.000 Euro pro Jahr zu entrichten ist. Alles unter dieser Freigrenze ist beitragsfrei. Bei der Kammerumlage 2 schlagen die inflationsbedingt hohen Lohn- und Gehaltsabschlüsse zu Buche. Sie erhöhen automatisch den Mittelzufluss.

Bleiben noch die Einnahmen aus der sogenannten Grundumlage, die den branchenspezifischen Fachorganisationen zufließen. Diese werden auf 213,1 Millionen Euro steigen – um 5,7 Prozent höher als im Vorjahr angenommen. Inklusive der "sonstigen Einnahmen" dürften die von den Unternehmerinnen und Unternehmern an die WK-Organisationen abgeführten Beiträge und Zahlungen gemäß Voranschlag heuer in Summe auf 1,315 Milliarden Euro steigen.

Föderalismus auch in der Kammer

Ins Gewicht fällt die – auf Druck der Industrie – gewährte Beitragssenkung um 35 Millionen Euro durch die Bundeskammer deshalb kaum, weil von den grundsätzlich autonomen Bundesländerkammern kaum Unterstützung kam.

In der Wirtschaftskammer bestätigt man die von den Grünen aus den Voranschlägen der Kammerorganisationen herausdestillierte Einnahmenentwicklung nicht. Im Gegenteil, in einer Stellungnahme auf Anfrage des STANDARD heißt es: "Die angeführten Zahlen sind falsch, können nicht nachvollzogen werden und entbehren jeglicher Grundlage." Die gesamten Kammerumlagen machten nur etwa die Hälfte des genannten Betrages aus, wird betont. Das freilich ist immer so, Kammerumlagen 1 und 2 machen stets rund die Hälfte der Einnahmen aus (siehe Grafik).

Wko-Einnahmen 2023 und 2024

Dass die Einnahmen aus der Kammerumlage 2 im WKÖ-Budget 2024 gegenüber den Ist-Einnahmen 2023 trotz Inflation und hoher Lohnabschlüsse um zwei Prozent sinken, wie seitens der Kammer betont wird, könnte auch daran liegen, dass die tatsächlichen Einnahmen 2023 höher waren als im Voranschlag 2023. Denn die Wirtschaftskammer bezieht sich in ihrer Stellungnahme auf die Ist-Zahlen, also die 2023 tatsächlich erwirtschafteten Einnahmen. Diese Zahlen liegen aber noch nicht öffentlich vor und dürften erwartungsgemäß höher sein als die Voranschläge, auf denen die Auswertungen der Grünen Wirtschaft basieren.

Nächste Senkung 2025

Laut WKO sinkt auch die Kammerumlage 2 als Teil der Lohnnebenkosten für alle Unternehmen spürbar. Dazu hätten auch die Landeskammern beigetragen, wird betont. Weitere Senkungen seien für 2025 geplant. Das freilich kommt wohl nicht zufällig, 2025 findet die nächste Wirtschaftskammer-Wahl statt.

"Die großmütig angekündigte Umlagensenkung ist ein Täuschungsmanöver", kritisiert die Vorsitzende der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth. Seit 2021 seien die Gesamteinnahmen des WKO-Imperiums gar um rund 30 Prozent gestiegen, rechnet die Opposition im Wirtschaftsparlament vor. HInzu kämen Rücklagen in Rekordhöhe, die Geldspeicher seien wohlgefüllt. "Wenn die ÖVP eine Senkung der Abgaben und Lohnnebenkosten zu einer ihrer wichtigsten Forderung im Wahljahr 2024 macht, dann soll sie in ihrem eigenen Bereich, in der vom ÖVP-Wirtschaftsbund dominierten Wirtschaftskammer, aktiv werden." Substantielle Senkungen der Wirtschaftskammerbeiträge seien das Gebot der Stunde. Die Kammer finanziere über die Pflichtmitgliedsbeiträge der Unternehmerinnen schließlich Studien, Konzepte und Kampagnen, mit denen letztlich eine einseitige Wirtschaftspolitik vorangetrieben werde, kritisiert Jungwirth. (Luise Ungerboeck, 10.2.2024)