Täglich stürzt sie sich in Onlinedebatten, lässt Unternehmen auf Social-Media-Plattformen gut dastehen und versucht, Shitstorms zu vermeiden. Seit vier Jahren arbeitet Andrea Laub bei der Marketingagentur Spinnwerk in Wien. Dort leitet die 33-Jährige das Community-Team und führt den Bereich Reputationsmanagement.

Während der Corona-Pandemie überraschte es sie, wie sehr Menschen ihren Frust über die allgemeine Situation im Internet schonungslos kundtaten. Sie merkt aber auch, dass viele Personen in den sozialen Netzwerken in manchen Bereich viel Wissen haben und sich dadurch die Diskurse verschieben. Deswegen agiert sie selbst auch sehr viel bedachter. Online diskutierte Themen haben sehr wohl einen Einfluss auf die reale Welt, ist sie überzeugt. Das sehe man beispielsweise am Thema Pride.

Aber verändert sich ihre Sicht auf die Welt, wenn sie stundenlang in den sozialen Netzwerken unterwegs ist? Wie sie es schafft, sich von der ständigen Informations- und Unterhaltungsflut abzugrenzen, und was sie nie tun würde, verrät Andrea Laub dem STANDARD im Gespräch.

Andrea Laub sitzt auf einem Sessel auf einem Platz in Wien.
Andrea Laub leitete das Community-Team bei der Marketingagentur Spinnwerk.
Sebastian Datzreiter

1. Ununterbrochen am Handy sein

"Auch wenn es mein Job von mir verlangt und ich auch privat noch im Internet unterwegs bin: Ich versuche, nicht 24/7 am Handy zu sein. So viel Spaß es auch macht, ich merke, dass es manchmal zu viel wird. Man rutscht leicht in ein zwanghaftes Verhalten hinein. Immer das Smartphone nah bei sich zu haben oder ständig das Gefühl zu haben, draufschauen zu wollen, sind definitiv Anzeichen, dass der Umgang damit hinterfragt werden sollte.

Es kann auch negativ für das Selbstbewusstsein und den Selbstwert sein, wenn man sich kontinuierlich mit anderen im Netz vergleicht. Durch den nie endenwollenden Informationsfluss werden die Ereignisse der Welt auch viel greifbarer. Vor allem weil auf Social Media mit emotionalisierenden Inhalten gearbeitet wird, um die Aufmerksamkeit der Konsumentinnen zu erhaschen. Und auch die Logik dieser Plattformen kann den Strudel schlechter Nachrichten verstärken. Die Algorithmen spielen nämlich mehr von den Inhalten, die man bereits angesehen hat, in die Timeline. Auch die sogenannte 'fear of missing out', also die Angst, etwas zu verpassen, befeuert, dass man immer wieder aufs Handy schaut. So kann man das Gefühl bekommen, dass andere so viel erleben und man selbst so wenig. Das kann sogar zu depressiven Verstimmungen führen."

2. Vor wichtigen Diskussionen zurückschrecken

"Ich bin sehr politikinteressiert und konsumiere deshalb News zu aktuellen Themen auf Social-Media-Plattformen. Ich lese auch gern Diskussionsforen. Wir wissen aus unserer Arbeit, dass die Kommentare nur von einer anteilsmäßig kleinen Gruppe an Personen geschrieben werden. Diese schreiben allerdings sehr viel und sehr oft. Dadurch könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Mehrheit der Menschen so denkt wie die Kommentatoren. Das entspricht aber nicht der Realität. Deshalb stürze ich mich immer wieder in Onlinediskussionen. Ich bin Veganerin und debattiere immer wieder darüber, damit auch mein Blickwinkel medial präsenter wird. Wenn man sich einmischt, sollten die Beiträge kritisch und fundiert sein, finde ich. Die Mühe lohnt sich: Mir haben nach Diskussionen schon einige Menschen gedankt, dass ich mein Wissen oder meine Meinung kundgetan habe. Sich aktiv einzubringen, zu posten und zu diskutieren ist eine viel ermächtigendere Nutzung von Social Media, als nur passiv mitzulesen.

Firmen schrecken manchmal noch davor zurück, sich in große Debatten einzumischen oder sie zu starten. Dabei finde ich, dass genau darin viel Potential steckt. Ein Unternehmen kann sich so in einer bestimmten Weise positionieren und vielleicht sogar neue Klientinnen oder Konsumenten anwerben. Angst vor einem Shitstorm muss man eigentlich nicht haben. Denn einerseits kündigt sich so etwas meist an. Und andererseits, selbst wenn man kritische Themen in den Ring wirft, können die schlimmsten Szenarien durch gute Vorbereitung verhindert werden."

3. Nicht auf die Psychohygiene achten

"Ich würde nie meine Psychohygiene vernachlässigen. Obwohl ich gerne auf Social Media unterwegs bin, bevorzuge ich es, die Realität mit allen Sinnen wahrzunehmen. Denn gerade weil ich beruflich viel damit zu tun habe, finde ich es umso wichtiger, außerhalb der Arbeitszeit meine Aufmerksamkeit vom Bildschirm wegzulenken. Ich gehe dann gern mit meinem Hund, einem kleinen, weißen, flauschigen Spitz, spazieren. Um mich wieder mit meinem Körper zu verbinden, meditiere ich beispielsweise mit einer App zwischen zehn und 40 Minuten am Tag. Ich male auch sehr gern und teile das auch auf Social Media. So nutze ich in meiner Freizeit Instagram aktiv – mache Postings und durchstöbere künstlerische Profile.

Auch in den sozialen Medien wollte ich wieder Hoheit darüber gewinnen, was mir angezeigt wird. Ich stellte mir die Frage: Was will ich eigentlich wirklich sehen, wenn ich zum Beispiel auf Instagram bin? Letzte Woche habe ich dann radikal online ausgemistet. Rund 500 Accounts folge ich nun nicht mehr. Das war sehr erleichternd. Damit will ich auch vermeiden, dass ich gedankenlos und ohne Ziel scrolle und mich nur ablenke oder die Zeit vertue mit Dingen, die mich eigentlich nicht wirklich interessieren. Falls ich das doch tue, setzte ich mir bewusst ein Zeitlimit." (Natascha Ickert, 25.2.2024)