Ein mehrere Meter hoher, schief stehender, mit Goldfolie überzogener Quader, daneben drei Menschen mit Häubchen auf den Köpfen.
ERS-2 in einem Reinraum vor seinem Start im Jahr 1995.
AP

In vergangenen Jahrzehnten war es gängige Praxis: Satelliten im Erdorbit wurden am Ende ihrer Mission mit dem verbliebenen Treibstoff in eine niedrige Umlaufbahn gebracht, wo sie durch die bereits merkbare Bremswirkung der Atmosphäre an Höhe verlieren und, so der Plan, in der Atmosphäre verglühen.

Das ist in der Nacht auf Mittwoch mit einem Satelliten, dessen Mission bereits vor 13 Jahren endete, wie geplant geschehen. Der Satellit ist beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre am Mittwoch verglüht. ERS-2 habe seinen Wiedereintritt gegen 18.17 Uhr unserer Zeit über dem Nordpazifik "sicher abgeschlossen", erklärte die Europäische Raumfahrtagentur (Esa) auf X, vormals Twitter. In einer Höhe von etwa 80 Kilometern sei der 2,3 Tonnen schwere Satellit zerbrochen und zum Großteil verglüht.

Der Erdbeobachtungssatellit war im Jahr 1995 ins All befördert worden und umkreiste die Erde fortan in einer Höhe von knapp 800 Kilometern. 2011 wurde er abgeschaltet und begann seine Reise zurück zur Erde. Damit sollte eine unkontrollierte Zerstörung des Satelliten verhindert werden, die wegen der Trümmerteile ein Risiko für andere Satelliten oder die Internationale Raumstation (ISS) hätte darstellen können.

Vernachlässigbare Gefahr für Menschen

Am Ende seiner Mission ließ die Esa den Satelliten also auf etwa 500 Kilometer absinken, damit er dann auf natürliche Weise und allmählich in nur 13 Jahren langsam zur Erde zurücksinken konnte. Wenn er in seiner ursprünglichen Höhe geblieben wäre, hätte dies 100 bis 200 Jahre gedauert. Am Vorabend seiner Zerstörung befand ERS-2 sich noch in einer Höhe von über 200 Kilometern. Nach Angaben der Esa lag im Fall von ERS-2 die Wahrscheinlichkeit, dass eines seiner Trümmerteile eine Person am Boden treffen würde, bei weniger als eins zu 100 Milliarden.

Die Menge an ausgedienten Satelliten, Raketenteilen und Kollisionstrümmern ist seit Beginn des Raumfahrtzeitalters immer weiter gestiegen. Nach Schätzungen der Esa befinden sich im Orbit etwa eine Million Satelliten- oder Raketenschrottstücke, die größer als einen Zentimeter sind und damit groß genug, um bei einem Aufprall "ein Raumfahrzeug außer Gefecht zu setzen".

Schrottvermeidung

Deshalb hat die Esa hat im Jahr 2023 eine "Null-Trümmer-Charta" für ab 2030 startende Weltraummissionen ins Leben gerufen. Unkontrollierte Wiedereintritte in die Erdatmosphäre wie vergangene Nacht soll es dann nicht mehr geben. "In den 67 Jahren der Raumfahrt sind tausende Tonnen künstlicher Weltraumobjekte wieder in die Atmosphäre eingetreten. Die Teile, die es auf die Oberfläche geschafft haben, haben nur sehr selten Schäden verursacht, und es gab noch nie einen bestätigten Bericht über einen menschlichen Schaden", sagt Tim Flohrer, der das Büro für Weltraumschrott bei der Esa leitet. Dennoch sollen künftig Wiedereintritte nur noch kontrolliert erfolgen dürfen.

In den USA hat die Verletzung einer Richtlinie für die Entsorgung von Weltraumschrott kürzlich erstmals für eine Strafe gesorgt. Ein ausrangierter Telekommunikationssatellit hätte in einer sicheren, erdfernen Umlaufbahn geparkt werden sollen, doch der Treibstoff reichte nicht zum Erreichen der Zielhöhe. Das verantwortliche Unternehmen Dish Network musste 150.000 Dollar Strafe zahlen.

ERS-2 und sein Vorgänger ERS-1 waren zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme in den 90er-Jahren die technisch aufwendigsten Satelliten der Esa. Sie dienten mehr als eineinhalb Jahrzehnte lang der Erdbeobachtung. (red, APA, 22.2.2024)