Start-up-Gründerinnen und Gründer an einem Tisch
Seit 2024 können Start-ups ihre Mitarbeiter einfach am Gewinn beteiligen.
Getty Images/Gorodenkoff

Für Start-ups gibt es seit dem neuen Jahr ein in der Szene längst erwartetes Zuckerl. Weil junge Unternehmen ihren Mitarbeitenden zu Beginn meist keine hohen Gehälter zahlen können, soll ein neues Gesetz seit Jänner ihre Stellen attraktiver machen. Die Mitarbeiterbeteiligung am Start-up ist nun de facto steuerfrei möglich. Steuerpflichtig werden sie nur unter bestimmten Bedingungen, etwa wenn sie zehn Prozent des Unternehmenskapitals überschreiten, die Anteile von den Angestellten verkauft werden oder sie das Unternehmen verlassen. So können Angestellte über ihr Gehalt hinaus vom Unternehmenserfolg profitieren. Neu ist auch die Flexible Kapitalgesellschaft, die gegenüber der GmbH ein deutlich niedrigeres Stammkapital von nur 10.000 Euro benötigt (für eine GmbH sind es 35.000 Euro).

Doch wer Erfolg haben will, braucht immer wieder starkes Kapital. Gerade die richtig fetten Gelder blieben für Start-ups in Österreich letztes Jahr aber aus. Das gesamte Finanzierungsvolumen ist global nach einem regelrechten Boom in den Jahren 2021 und 2022 wieder gesunken, Österreich blieb davon nicht verschont. Innovative Jungunternehmen benötigen also noch deutlich mehr Unterstützung als steuerbefreite Mitarbeiterbeteiligungen, sind sich heimische Fachleute einig.

Viel Aufholbedarf

Laut einer aktuellen Studie des internationalen Beratungsunternehmens McKinsey erfüllt Europa sein ökonomisches Potenzial bei weitem nicht und hinkt den USA – vor allem wegen mangelnder Innovation – hinterher. Die Studie zeigt, dass Österreich im europäischen Vergleich sowohl bei der Gründungsrate von Start-ups als auch beim Wachstumskapital Aufholbedarf hat. Das sieht auch Markus Raunig, Vorsitzender des Vereins Austrian Start-ups, so. Damit heimische Start-ups erfolgreich skalieren und den technischen Fortschritt vorantreiben, würden noch die richtig großen Finanzierungsrunden fehlen, sagt er.

Insgesamt sanken die Investitionen laut dem österreichischen Start-up-Barometer 2023 der Unternehmensberatung EY gegenüber 2022 deutlich um 32 Prozent. Statt rund einer Milliarde Euro betrug das Gesamtvolumen an Geldern nur noch 695 Millionen Euro. Im Jahr 2021 wurden sogar noch 1,23 Milliarden Euro investiert. Schuld daran ist laut EY vor allem, dass kaum noch Deals in einer Höhe von mehr als 100 Millionen Euro geschlossen wurden. Letztes Jahr gab es jenseits dieser Größenordnung gar keine Abschlüsse.

Finanzielle Hürden

Der Kapitalmarkt in Österreich müsse besser funktionieren, sagt Raunig dem STANDARD. Es brauche Maßnahmen, um Investitionen in innovative Start-ups zu belohnen und zu vereinfachen. Ein entsprechender Dachfonds könnte es für institutionelle Investoren leichter machen, mit ihrem Geld Innovation zu fördern. Er fordert außerdem einen Beteiligungsfreibetrag, wenn man in innovative Unternehmen investiert. In Großbritannien funktioniere dies bereits gut. Bis dato sieht der Start-up-Experte Österreich, trotz viel innovativer Forschung, nur im Mittelfeld.

Auch wenn mit der Einführung der FlexCo und steuerbefreiten Mitarbeiterbeteiligungen ein "wichtiger Schritt nach vorn" gemacht wurde, gebe es noch viel zu tun, um Österreich im Start-up-Bereich weiter nach vorn zu bringen, sagt Raunig. Er hoffe, dass in der nächsten Legislaturperiode weitere Schritte zur Liberalisierung folgen. Die FlexCo sei jedenfalls eine moderne, flexible Rechtsform, die das ermögliche. Damit Start-ups zu zentralen Bestandteilen der Wirtschaft werden können, wie etwa in den USA, brauche es viel mehr Unternehmertum im Land, beklagt Raunig: "Es wird in Österreich zwar hervorragende Forschung betrieben, aber viel zu selten entstehen daraus Spin-offs".

Dennoch zeigt der Barometer eine positive Entwicklung für junge Unternehmerinnen und Unternehmer im Land. Denn im Vorjahr haben so viele heimische Start-ups wie nie zuvor Investoren finden können, ist im Start-up-Barometer zu lesen. Die meisten Investoren konnten Tech-Start-ups an Land ziehen, aber auch Start-ups im Nachhaltigkeitsbereich konnten viele Investoren lukrieren: "Jeder vierte investierte Euro ging an Start-ups, die mit ihren Geschäftsmodellen das Thema Nachhaltigkeit adressieren. Dieser Trend wird sich weiter verstärken“, erklärte dazu Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich.

Neu ausrichten

Die nächste Bundesregierung werde alle Hände voll zu tun haben, um innovatives Unternehmertum zu fördern, sagte der Präsident der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer, kürzlich bei einem "Future Breakfast". Sorgen macht er sich um den Start-up-Standort jedenfalls keine: Neun von zehn Wirtschaftsdelegationen würden Österreich besuchen, weil sie sich für nachhaltige Technologien interessieren würden. Österreichs Image sei aber immer noch von "Mozartkugel und Lipizzanerpferden" geprägt, eine Repositionierung sei nötig.

Noch immer würden seiner Ansicht nach zu wenige Ideen aus der Grundlagenforschung in Unternehmen umgemünzt werden, und auch er hält den Kapitalmarkt in Österreich für ausbaufähig. Mit der FlexCo sei man in der WKO indes auch noch nicht sehr glücklich. Es brauche mehr Rechtssicherheit und weitere steuerliche Erleichterungen für innovatives Unternehmertum. Außerdem plädierte er für einen "Fonds für radikale Innovation", der potenziell bahnbrechende Technologien – er nannte etwa eine mögliche Fusion aus Quantentechnologie und KI als Beispiel – finanzieren helfen soll.

Weiters gebe es laut Mahrer auch ein kulturelles Problem: "Wir sehen in Österreich das Risiko mehr als die Chance", mahnt er – auch in Bezug auf die Klimakrise. Man solle der Jugend keine Angst machen, sondern sie schon in der frühkindlichen Bildung für technische Lösungen begeistern. Am fehlenden Gründungswillen allein scheitert die Lösung existenzieller Umweltprobleme aber nicht: Im Februar veröffentlichte das Zentrum für Energie- und Umwelttechnik Green Tech Valley einen Bericht über die Landschaft der grünen Tech-Start-ups in Österreich. Mit 193 Unternehmen stehen 15 Prozent mehr auf der Liste als letztes Jahr. (Paul Sajovitz, 2.3.2024)