Eine Illustration zeigt Frauen und Männer bei der Karriereplanung.
Noch immer sind Frauen in der Arbeitswelt benachteiligt. Schon bei der Einstellung haben Frauen mit Kindern oft das Nachsehen.
Jamie Jones

Es sind noch sechs Jahre bis zum Jahr 2030. Sechs Jahre, in denen sich bezüglich Geschlechtergleichheit am Arbeitsplatz viel tun kann. Ein Blick in die vergangenen zehn Jahre zeigt, dass sich die Frauenquote in Aufsichtsräten in den 200 umsatzstärksten Unternehmen in Österreich von 13,9 Prozent in 2014 auf aktuell 26,8 Prozent verdoppelt hat. Ebenso ist die Quote bei den weiblich besetzten Vorstandsjobs im selben Zeitraum von 5,6 Prozent auf 12,2 Prozent gestiegen.

Auf den ersten Blick sind diese von der Arbeiterkammer (AK) Wien erhobenen Daten ein Grund zur Freude. Beim Thema Frauen und Karriere geht es in die richtige Richtung. Doch noch immer haben Frauen in der Berufswelt das Nachsehen. Das beginnt bereits bei der Einstellung, zeigt eine Forschungsarbeit der FH Burgenland. Schickt man eine Frau mit zwei Kindern ins Rennen um einen Job und ebenso einen Mann mit zwei Kindern, bekommen den Job eher die Männer.

Rollenbilder bleiben

Frauen haben aufgrund der Möglichkeit, dass sie wegen der Betreuung der Kinder ausfallen könnten, schlechtere Karten. Noch immer. Dass Männern daheimbleiben müssen, wenn die Kinder krank sind, wird einfach nicht angenommen.

Ebenso zeigt sich, dass selbst innerhalb der Vorstands- und Aufsichtsratsjobs die Frauen schlechtere Bedingungen vorfinden. Zumindest für den Finanzsektor kann das nach einer Erhebung der Boston Consulting Group (BCG), die sich 2022 die Positionen und Vergütungen von Frauen in den Führungsetagen der 50 größten börsennotierten Banken angesehen hat, festgestellt werden. Der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen in der Führungsetage beträgt 22 Prozent – basierend auf einem Vergleich der Medianvergütung. Der Unterschied resultiert daraus, dass Frauen im Vorstand häufig die weniger gut bezahlten Positionen bekommen. Sie werden für Marketing, Kommunikation oder Personalentwicklung angeworben. Bereiche, die schlechter vergütet werden, als etwa die Managementjobs im Bereich IT oder Finanzen, die immer noch typische Männerdomänen sind.

Dieser Trend lässt sich auch in Aufsichtsräten erkennen. Frauen verdienen dort um 14 Prozent weniger, weil sie oft in Gremien sitzen, die sich weniger oft treffen müssen und damit weniger gut dotiert sind.

Geschlechtergerechtigkeit

Doch was hat das mit den eingangs erwähnten sechs Jahren zu tun? Bis 2030 soll die Geschlechtergerechtigkeit erreicht sein. Das ist Ziel Nummer fünf von den 17 sogenannten SDGs – den Sustainable Development Goals – der Vereinten Nationen, die bis 2030 erreicht werden sollen.

Ein Bericht von Moody’s Analytics zur Geschlechtergleichheit in der globalen Erwerbsbevölkerung zeigt aber, dass, obwohl die Beteiligungsquoten von Frauen seit der Pandemie in allen großen Volkswirtschaften stärker steigen als die von Männern, noch viel getan werden muss, um Geschlechterparität am Arbeitsmarkt zu erreichen. Die bittere Bilanz von Moody’s: Das UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung zur Geschlechtergleichheit wird bis 2030 eindeutig nicht erreicht.

Unterschiede zwischen Männern und Frauen zeigen sich in vielen Bereichen der Arbeitswelt. Auch bei Gründungen und beim Fundraising von Start-ups. Gründen Frauen ein Start-up und holen einen Mann in das Managementteam dazu, sehen das auch Risikokapitalgeber gerne. Diese Konstellation bekommt dreimal mehr Geld im Fundraising als ein rein weibliches Team, wie der Bericht "Women are under-represented in the european startup ecosystem" zeigt, den ebenfalls BCG erstellt hat. Ist ein Mann im Lead und holt eine Frau dazu, wird um 30 Prozent weniger Geld eingesammelt.

Zwei große Gender-Themen

"Es stimmt mich nachdenklich, dass das Fundraising für Männer schlechter läuft, wenn sie eine Frau im Team haben", sagt Monika Rosen, Börsenexpertin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und Marktexpertin bei E-Fundresearch. Doch hier treffen laut der Expertin zwei große Gender-Themen aufeinander. "Die Finanzwelt, die noch immer männlich dominiert ist, und die Risikobereitschaft, die bei Frauen nachweislich geringer ausgeprägt ist."

Die Zahlen dazu: Im Jahr 2022 machten die in den wichtigsten europäischen Märkten von Frauen gegründeten Start-ups nur zehn Prozent aus, sieben Prozent der durchgeführten Fundraising-Aktivitäten und nur zwei Prozent der eingesammelten Mittel. Frauen sammeln im Durchschnitt zwölf Millionen Euro ein, wenn sie mit Männern zusammenarbeiten, und nur vier Millionen Euro, wenn sie Teil von reinen Frauenteams sind. Die Zusammenarbeit mit Männern bleibt für Frauen damit die realistischste Option, um ihr Start-up zu gründen und auf den Weg zu bringen.

Frauen zögern mehr

Frauen auf dem Karriereweg nicht zu verlieren ist auch im Beratungsunternehmen Zeb ein großes Thema. Bei den Einstellungen sei das Geschlechterverhältnis noch 50 zu 50. "Geht es um die erste Führungsverantwortung, zögern vor allem die Frauen", sagt Michaela Schneider, Managing Partner von Zeb. Der Job des Beraters sei mit Reisetätigkeit und Abendterminen verbunden. Das werde beim Wunsch nach Familiengründung als hinderlich angesehen. Bessere Teilzeitmodelle und Netzwerkevents sollen bei Zeb den Wunsch nach Karriere und Familie besser vereinen. "Frauen trauen sich weniger", sagt Schneider. Hier gelte es anzusetzen. Eine Karriere und ein Familienleben sollten einander nicht ausschließen.

Auch dahin ist der Weg noch weit. "Die Benachteiligung von Frauen beginnt im Mädchenalter und endet in der Pension", sagt Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer. Gleichstellungspolitik sei in Österreich nicht vorhanden. Man brauche eine Frauenpolitik, die diesen Namen auch verdiene. (Bettina Pfluger, 4.3.2024)