Ufo Sichtung Kalifornien
Dieses Foto eines ungewöhnlichen Flugobjekts wurde am 3. August 1965 bei Santa Ana im US-Bundesstaat Kalifornien aufgenommen. Einem neuen Pentagon-Bericht zufolge gehen viele Sichtungen seltsamer Fluggeräte in den 50er- und 60er-Jahren wohl auf geheime Militärtests zurück.
AP/REX HEFLIN

Aus Filmen, Büchern und der Popkultur sind Ufos nicht mehr wegzudenken. Soziale Medien tragen ebenfalls dazu bei, dass der Hype um etwaige Alienspuren immer wieder aufflammt. Zuletzt standen peruanische "Alienmumien" im Fokus, manche wurden bereits als Basteleien aus Tierknochen und Klebstoff identifiziert. All dies habe die öffentlichen Diskussionen beeinflusst und den Glauben an die Existenz von Ufos "in einigen Teilen der Bevölkerung verstärkt", heißt es in einem aktuellen Bericht aus dem US-amerikanischen Verteidigungsministerium, der dem Kongress vorgelegt wurde.

Der 63-seitige Report, der am Freitag auch in einer nichtklassifizierten Version publik gemacht wurde, ist Teil der neuen Strategie der Regierung, Recherchen zur Sichtung unbekannter Flugobjekte anzustellen. Offiziell werden diese "nichtidentifizierte anomale Phänomene" genannt, kurz UAP. Dazu zählen nicht nur eigenartige Sichtungen in der Luft, sondern auch etwa im Wasser. Im Herbst ermunterte die Nasa dazu, unerklärliche Sichtungen zu melden. Das Stigma rund um Ufo-Meldungen will man bekämpfen, die Phänomene aus wissenschaftlicher Sicht zu erklären versuchen. Zuständig ist das All-domain Anomaly Resolution Office, kurz AARO.

Whistleblower der Aliens

Seinem neuen Bericht zufolge kam es in den 1950er- und 60er-Jahren vermehrt zu Ufo-Sichtungen. Doch dahinter dürften militärische Tests gesteckt haben, die damals durchgeführt wurden: Die USA entwickelten und testeten neue Spionageflugzeuge und Raumfahrttechnologie, und wenn diese von der Bevölkerung beobachtet wurden, hielt man sie mitunter für extraterrestrische Gefährte. Konkret untersucht wurden Berichte von Ufo-Sichtungen seit 1945, das Team befasste sich mit Dokumenten aus geheimen Regierungsarchiven. Veröffentlicht wurden auch einzelne Aufnahmen von Erscheinungen, die sich noch nicht vollständig erklären ließen (siehe Video weiter unten).

Der US-amerikanische Geheimdienstler David Grusch sprach zuletzt von einem Top-Secret-Regierungsprogramm, das bereits Alienkörper und deren Ufos geborgen habe. Dem widerspricht der AARO-Bericht: Es gebe weder Beweise dafür, dass die USA auf der Erde Lebensformen von anderen Planeten angetroffen habe, noch Bemühungen, entsprechende Informationen geheim zu halten. Man sei offen an die Fragen herangegangen, aber: "Alle Untersuchungen auf allen Klassifizierungsebenen ergaben, dass es sich bei den meisten Sichtungen um gewöhnliche Objekte und Phänomene handelte, die falsch identifiziert wurden", sagte Generalmajor Pat Ryder gegenüber der Presse.

Die fliegende Untertasse Avrocar

Dazu gehörten ein Höhenballon, der 1947 in New Mexico abstürzte, und das Aufklärungsflugzeug Lockheed U-2, genannt "Dragon Lady". Es wurden auch runde Fluggeräte gebaut, die jenen Bildern von "fliegenden Untertassen" ähneln, die viele beim Gedanken an Ufos im Kopf haben. In den 50er-Jahren wurde etwa die Avro Canada VZ-9AV Avrocar entwickelt und getestet, zunächst in Kanada, dann in den USA. Sie startete und landete senkrecht, das Flugobjekt mit 5,5 Meter Durchmesser war dabei aber sehr laut und zu instabil, um das Projekt weiter zu verfolgen. Mehr als zwei Exemplare dürften im Rahmen des damals zehn Millionen US-Dollar teuren Projekts (das entspräche heute fast 100 Millionen Dollar) nicht hergestellt worden sein. Einer der Prototypen ist seit 1975 Teil des National Air and Space Museum. Ein anderer Prototyp von ungewöhnlicher Form war die Chance Vought V-173, der gelbe "flying pancake".

Schwarz-Weiß-Foto Avrocar fliegende Untertasse
Das Flugzeug Avrocar, das an eine fliegende Untertasse erinnert, war nicht reif für militärische Einsätze.
IMAGO/piemags

Eine vermeintlich geleakte Meldung über Ufos aus dem Jahr 1961 stellte sich als nicht authentisch heraus. Auch Proben eines Raumschiffs aus "außerirdischem Material" wurden untersucht. Das Ergebnis: Darin fanden sich keine unbekannten Stoffe, die auf extraterrestrische Technologien schließen ließen, sondern die Elemente Magnesium, Zink und Bismut.

Einer CIA-Auswertung zufolge stellten sich mehr als die Hälfte der Ufo-Berichte, die Mitte des 20. Jahrhunderts untersucht wurden, als US-amerikanische Aufklärungsflüge heraus. Dem aktuellen Bericht zufolge sind aber noch viele der anomalen Phänomene ungeklärt, was auch an nicht ausreichenden Daten liegt. Schwierig sei die Analyse auch, weil es Regierungsstellen an Ressourcen und Personal gemangelt habe, um den eigenartigen Objekten auf den Grund zu gehen. Es gebe aber keine Indizien dafür, dass das US-amerikanische Militär absichtlich Informationen zu Aliens zurückgehalten habe. Auch während des Kalten Kriegs habe man sich auf "wichtigere Anliegen" konzentriert, konkret darauf, Projekte des großen Gegners – der Sowjetunion – auszuspionieren, nicht nur im Zuge des Wettlaufs ins All und zum Mond.

Berichterstattung im Kreis

Interessanterweise denken heute wohl mehr Menschen in den USA, Alienraumfähren hätten die Erde besucht, als noch vor fünf Jahren. Einer Gallup-Umfrage zufolge gingen 2019 33 Prozent der Befragten von einem Alienbesuch aus, 2021 waren es schon 41 Prozent. "Heute verbreiten sich UAP-Inhalte in der Popkultur stärker denn je", heißt es in dem Pentagon-Bericht. Die Fachleute vermuten, dass dies zwei Gründe hat: Einerseits erfreut sich alles, was sich um Aliens dreht, online größter Beliebtheit, andererseits sei das Vertrauen in die US-amerikanische Regierung relativ gering. Aktuellere Sichtungen seit November 2023 – und wohl auch die unter Eid getätigten Aussagen des Whistleblowers Grusch – will man in einem weiteren Report behandeln.

Pentagon Releases UAP Videos
Ein Zusammenschnitt der veröffentlichten Videos vom populärwissenschaftlichen Medium IFLScience.
IFLScience

Dass viele Menschen an geheime Ufo-Programme der Regierung glauben, hat AARO-Direktor Tim Phillips zufolge mit "zirkulärer Berichterstattung" zu tun: "Eine kleine Gruppe von Personen hat ungenaue Behauptungen wiederholt, die sie von anderen über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten gehört hat." Teil des Reports war die Befragung von etwa 30 Personen, darunter Angestellte im Dienst der Regierung, die von derartigen Programmen gehört hatten oder daran beteiligt gewesen sein sollen, die erhaltenen Informationen aber offenbar falsch interpretierten.

Phillips betont, dass die Befragten diese Fehlinformationen bestimmt ohne böse Hintergedanken geteilt hatten. Und dass seinem Team bei den Recherchen ein "nie dagewesener" Zugang zu Informationen rund um geheime Programme gestattet war, von dem er auch als Geheimdienstmitarbeiter überrascht war: "Niemand blockierte unseren Zugang oder gab vor, welche Fragen wir stellen durften."

Menschlicher Glauben

Dem Team zufolge geht es nicht darum, einen bestimmten Glauben zu widerlegen, sondern mit wissenschaftlichen Methoden herauszufinden, woher die ungewöhnlichen Phänomene stammen. Einen Hang zu Ufo-Sichtungen und Alienentführungsgeschichten sieht auch der britische Psychologe Chris French. Er hat sich auf den Glauben an Paranormales spezialisiert und veröffentlicht in diesem Monat ein Sachbuch mit dem Titel "The Science of Weird Shit: Why Our Minds Conjure the Paranormal". Darin geht er den wissenschaftlichen Erklärungen hinter etlichen mysteriösen Ereignissen auf den Grund. Er betont aber auch, dass die Überzeugung, es gebe Übersinnliches, extraterrestrische Ufos und geheime Regierungsprogramme, die sie verschleierten, nichts Lächerliches sei, sondern viel über unser Gehirn und Denken verraten könne.

Nicht nur bei etlichen übersinnlichen Phänomenen, sondern auch im Falle vieler vermeintlicher Ufo-Sichtungen trifft den Kern der Sache ein Satz, der sich auf dem vielleicht berühmtesten Ufo-Plakat findet: "I want to believe", "Ich will daran glauben". (sic, 12.3.2024)