Eine Schlussfolgerung für Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) aus der umstrittenen Studie: Es braucht mehr Freizeitangebote für Jugendliche.
Florian Voggeneder

Wels – Eine am Montag präsentierte Studie im Auftrag der Stadt Wels sorgt für Aufregung. Unter dem Titel "Die Stadt Wels und ihre Jugend" wurde vom Institut für Jugendkulturforschung eine Erhebung durchgeführt. 500 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 29 Jahren machten von Oktober 2023 bis Mitte Februar 2024 in einem Fragebogen unter anderem Angaben über ihr ehrenamtliches Engagement, ihr Vertrauen in die Politik und auch darüber, wie oft sie beten. Ein eigener Abschnitt wurde Jugendlichen mit Migrationshintergrund gewidmet: Diese wurden etwa gefragt, wie sehr ihnen Österreich am Herzen liege und welchem Land sie sich zugehörig fühlen. In Wels regiert seit 2015 Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ), knapp ein Drittel der Welser Bevölkerung sind Nichtösterreicher.

Kritik an den Fragen in der Studie kommt am Dienstag, wie auch der ORF berichtet, von den Grünen. Der "extreme Fokus" auf Menschen mit Migrationshintergrund ergebe "keinen Sinn", sagt Gemeinderat Alessandro Schatzmann dem STANDARD. Es sei verfehlt worden, die tatsächlichen Bedürfnisse der Jugendlichen abzufragen. Zudem wären einige Fragen "politisch gefärbt" gewesen. Vizebürgermeister und Jugendreferent Gerhard Kroiß von der FPÖ betont auf Anfrage, dass der Fragebogen mit Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien im Vorfeld in einem Ausschuss abgesprochen und einstimmig beschlossen worden sei. Den Vorwurf, dass politisch gefärbte Fragen gestellt worden seien, weist er zurück.

Schatzmann widerspricht dieser Darstellung: Im Ausschuss sei nur die Auftragsvergabe beschlossen worden, nicht aber die Formulierung der Fragen. Diese sei lediglich bei einem informellen Treffen Thema gewesen.

Fragwürdiger Fragebogen?

In Wels, der achtgrößte Stadt Österreichs, leben laut Zahlen des Magistrats aus dem Jahr 2021 rund 19.900 Menschen, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben – also EU-Bürgerinnen und EU-Bürger oder Drittstaatsangehörige sind. Für Vizebürgermeister Kroiß war es daher ein logischer Schritt, das Thema Migrationshintergrund in der Studie zu thematisieren. "Hätten wir das nicht erhoben, wären wir dafür kritisiert worden", sagt Kroiß. Der Fragebogen sei vom Institut für Jugendkulturforschung auf Basis von Experteninterviews mit Polizistinnen, Jugendarbeitern und Lehrkräften erstellt worden.

Die Jugendlichen konnten nur vorgegebene Antwortmöglichkeiten ankreuzen. Zu Fragen wie: "In welchem Land wurde deine Mutter geboren?" und "In welchem Land wurde dein Vater geboren?". Oder: "Welche Problemlagen erkennst du bei der Jugend speziell in Wels?" – mit Antwortoptionen wie "viele Flüchtlinge", "Konsum von harten Drogen" oder "erhöhter Social-Media-Konsum". Bei der Frage, für welche Themen sich die Jugendlichen potenziell einsetzen würden, gab es 23 Auswahlmöglichkeiten: Diese reichten von "für den Tierschutz" und "für mehr Akzeptanz für Personen aus der LGBTQI+-Community" bis hin zu "gegen die Islamisierung Österreichs" und "gegen die EU". Freie Antwortfelder, um Bedürfnisse der Jugendlichen zu erfragen, gab es nicht. Dies hätte die Auswertung erschwert, argumentiert Kroiß.

Vizebürgermeister Klaus Schinninger von der SPÖ erinnert sich auf Anfrage daran, dem Fragebogen im Herbst 2023 zugestimmt zu haben. Diskussionen über manche Formulierungen hätte es im Vorfeld sehr wohl gegeben. "Ob ich mir bei manchen Fragen gedacht habe: 'Ist das euer Ernst, muss das so drinnenstehen?' Wahrscheinlich ja", sagt Schinninger nun. Letztlich habe er aber zugestimmt, denn der Jugendbereich liege schließlich in der Zuständigkeit der FPÖ.

Optimistisch, aber politikskeptisch

Die gesamte Studie werde es sobald wie möglich zum Download geben, sagt eine Sprecherin des Welser Bürgermeisters dem STANDARD. Davor werden die Ergebnisse im Detail einem Ausschuss präsentiert und dort diskutiert. Der Studie zufolge leben mehr als zwei Drittel der befragten Jugendlichen gerne in Wels, fast alle (91 Prozent) blicken der Zukunft positiv entgegen. Rund 87 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Frauen und Männer gleichgestellt sind. Die Inflation, die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich und die abnehmende Solidarität in der Gesellschaft bereiten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die größten Sorgen. Das Vertrauen in die Politik ist unter ihnen gering (16,6 Prozent). Eine große Mehrheit der Befragten mit Migrationshintergrund (83 Prozent) fühlt sich als "Teil von Österreich".

Seit Jahren wird immer wieder Kritik an der Jugendarbeit der Stadt Wels laut. Erst kürzlich konnte ein Jugendzentrum nach der vorübergehenden Schließung aufgrund von Personalmangel allerdings wieder öffnen. Aus der Studie leiten Rabl und Kroiß ab, künftig einen größeren Fokus auf die Ehrenamtskoordination und den Ausbau von Freizeitangeboten zu setzen. Auch die Zusammenarbeit von Polizei und Streetworkern soll intensiviert werden. Für Gemeinderat Schatzmann sind dies "nur Überschriften von Themen, die wir Grünen seit langem fordern". Auch Vizebürgermeister Schinninger sieht die Jugendarbeit der Stadt als "absolut ausbaubar". (Antonia Wagner, 12.3.2024)