Das Gebäude der Wirtschaftskammer am Wiener Praterstern Wien.
Mit ihren Inseratenausgaben liegt die Wiener Wirtschaftskammer im Spitzenfeld des weitverzweigten Kammerimperiums.
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Wien – Die Wirtschaftskammer hatte auch 2023 die Spendierhosen an bei ihren Ausgaben für Werbeeinschaltungen und Inserate. Laut den im Sinne der Transparenz von der Rundfunk- und Telekomregulierungsbehörde ermittelten Daten erhöhte im Vorjahr allein die Bundeswirtschaftskammer ihre Inseratenschaltungen um 33,42 Prozent auf 3,34 Millionen Euro. Die rechtlich und finanziell eigenständigen Branchenfachverbände standen ihrer Bundesorganisation allerdings um nichts nach. Im Gegenteil, sie steigerten ihre Aufwendungen für Inserate in Rundfunk und Medien um 41,3 Prozent, blieben mit einer Gesamtsumme von 2,1 Millionen Euro aber dennoch deutlich hinter der Bundeskammer zurück, die einsamer Spitzenreiter bleibt.

Im Schnitt aller Bundes- und Landeskammern sowie der Fachorganisationen liegt die Steigerung der Inseratenausgaben immerhin bei zwanzig Prozent – das ist im Lichte der aufgrund der hohen Inflation gestiegenen Einnahmen aus Pflichtbeiträgen eine doch bemerkenswerte Steigerung.

Gemessen an der Arbeiterkammer (AK), die mit ihren Pflichtbeiträgen Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berät und betreut, hat die Interessenvertretung der Unternehmen geradezu die Spendierhosen an. Während die Arbeiterkammer für 3,9 Millionen unselbständig Beschäftigte pro Mitglied gerade schmale 1,23 Euro aufgewendet hat, machte die Wirtschaftskammer pro aktivem Mitglied 30,82 Euro locker, rechnet die Vorsitzende der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth, vor. Mit 18 Millionen Euro an Gesamtausgaben für Werbeschaltungen übertrifft die Wirtschaftskammer ihre Sozialpartner-Schwester Arbeiterkammer fast um das Vierfache. Denn das ebenfalls verzweigte AK-Imperium bringt "nur" 4,8 Millionen Euro an transparenzpflichtigen Inseratenausgaben auf die Waage.

Pro Kopf und Mitglied

Die Grüne Wirtschaft hat die am Freitag veröffentlichten Daten der RTR ausgewertet und kommt über alle Wirtschaftskammerorganisationen auf Werbeausgaben von 25,67 Euro pro Kopf beziehungsweise Mitglied. "Die Wirtschaftskammer könnte auch direkt mit ihren Mitgliedern kommunizieren", ätzt Jungwirth, "dazu braucht sie doch keine Massenmedien." Allerdings ist für eine ruhend gestellte Mitgliedschaft nur die halbe Grundumlage zu zahlen, der Aufwand der Kammern für passive Mitglieder dürfte also unbedeutend sein.

Die Hitliste der Begünstigten weicht von vorangegangenen Beobachtungszeiträumen nicht wesentlich ab: Der ORF gehört mit 3,47 Millionen Euro mit Abstand zu den großen Profiteuren, gefolgt von der "Kronen Zeitung", die 994.746 Euro vereinnahmte. Auf Platz drei der Liste folgt erneut der ORF, diesfalls mit Hitradio Ö3, das mit 979.760,45 Euro bedacht wurde. Auf den weiteren Rängen finden sich "Kleine Zeitung" (639.365,32 Euro), "Oberösterreichische Nachrichten" (509.892 Euro) und "Kurier" (483.248 Euro). DER STANDARD vereinnahmte laut dem Transparenzregister 230.589 Euro und rangiert damit hinter "Die Presse", "NÖN", "TT" und "Heute".

"Mediamix"

Seitens der Wirtschaftskammer Österreich gab dazu am Freitag folgende Stellungnahme: "Forderungen wie die nach einer generellen Arbeitszeitverkürzung auf 32 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich rütteln an den Grundfesten des heimischen Wirtschaftsstandorts und gefährden die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte Österreichs. Daher investiert die Wirtschaftskammer Österreich in intensive Kommunikations- und Informationsarbeit mit einem breiten Mediamix, um alle relevanten Zielgruppen im erwerbsfähigen Alter in ganz Österreich zu erreichen. Denn Leistungseinschränkungen bei Betrieben und in der Daseinsvorsorge, der Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und eine fehlende Finanzierung unseres Sozialsystems wären die Folge."

Wien bei den Spitzenreitern

Zu den Spitzenreitern unter den Landeskammern gehört bei Inseratenbuchungen übrigens die Wiener Wirtschaftskammer. Sie hat ihre Werbeschaltungen im Vorjahr um 41 Prozent auf 2,67 Millionen Euro erhöht – das sind um 779.221 Euro mehr als im Jahr 2022. Das gute Einvernehmen mit der Wiener Stadtregierung hat offenbar ihren Preis. Berücksichtigt man, dass im Vorjahr nur Inserate ab dem Betrag von 500 Euro an die Transparenzbehörde gemeldet werden mussten, dürften die Werbeausgaben der Wirtschaftskammern und ihrer Fachorganisationen im Vorjahr vermutlich noch höher gewesen sein. Das wird sich 2024 ändern, denn ab heuer sind Inserate ab dem ersten Euro an die RTR zu melden.

Es sind übrigens nicht bei allen Wirtschaftskammern alle Ausgabenposten gestiegen, es gab unter den Landeskammern auch sparsame. Die Wirtschaftskammer Burgenland, seit der Kammerreform unter dem früheren Präsidenten Christoph Leitl notorisch klamm, weil unterfinanziert, kürzte ihre Aufwendungen um ein Fünftel auf knapp 20.000 Euro zusammen. Die Fachorganisationen der burgenländischen Kammer strichen die Ausgaben noch radikaler zusammen, sie kürzten um 77 Prozent auf 67.495 Euro. Auch die Niederösterreicher setzten den Sparstift an, und zwar vor allem die Fachorganisationen, detto in Vorarlberg und Tirol. Sie strichen fast ein Viertel ihrer Inserate. Die steirische Landeskammer inserierte um acht Prozent weniger, ihre Fachorganisationen gaben allerdings um 16 Prozent mehr für ihr Image aus. Für die finanziell schwach aufgestellten Landeskammern Kärnten und Burgenland ist übrigens Unterstützung aus dem Strukturfonds der Kammer in Sicht. Sie bekommen aus einem Solidartopf, in den die alle Kammern nach "dem bewährten Kammerschlüssel" einzahlen müssen, zusätzliche Mittel zugewiesen. Um die Bewältigung der Senkung der Kammerumlage seit 2019 abzufedern, wie es im Beschluss des Erweiterten Präsidiums vom 13. März heißt. . (Luise Ungerboeck, 16.3.2024)