Das große, seit Jahren existierende Loch am Berliner Platz darf bei der
Das große, seit Jahren existierende Loch auf dem Berliner Platz darf bei der "Ugliest City Tour" in Ludwigshafen nicht fehlen.
Helmut van der Buchholz

Deutsche Städte haben so manche Perle im Stadtzentrum zu bieten: Berlin das Brandenburger Tor, Hamburg die Elbphilharmonie, Frankfurt den Römer. Und Ludwigshafen, die Stadt am Rhein, hat ein großes Loch.

"Es ist eine große Baugrube am Berliner Platz, bei der seit Jahren nichts passiert", sagt Helmut van der Buchholz. Also eigentlich kein Ort, an dem man gerne verweilt. Van der Buchholz macht es dennoch regelmäßig und nimmt auch noch Besucherinnen und Besucher mit. Denn der Architekt bietet in Ludwigshafen eine Stadtführung der besonderen Art an: "Germany's Ugliest City Tour", also eine Tour durch Deutschlands hässlichste Stadt.

Um sich eine solche auszudenken, muss man natürlich in der hässlichsten Stadt Deutschlands leben. Und das tut van der Buchholz seit dem Jahr 2018. Damals suchte die ARD-Satiresendung Extra 3 die "hässlichste Stadt Deutschlands". Es gab viele Zuschriften, unter anderem aus Gießen, Hoyerswerda, Saarbrücken und Karlsruhe.

Heimat von Helmut Kohl

Das Rennen machte schließlich Ludwigshafen am Rhein, gelegen in Rheinland-Pfalz, 174.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Ulrike Folkerts ermittelt dort als Lena Odenthal seit 35 Jahren und ist somit die dienstälteste Tatort-Kommissarin Deutschlands. Aus Ludwigshafen stammten auch der deutsche Altkanzler Helmut Kohl (CDU) und der Philosoph Ernst Bloch (Das Prinzip Hoffnung). Aber grundsätzlich, so unkte der Moderator damals, sei das Schönste das Schild am Ortsausgang.

Recht freundlich war das nicht, doch in Ludwigshafen nahm man den zweifelhaften Titel mit Humor an. Van der Buchholz ersann die "Ugliest City Tour" mit den unansehnlichsten Ecken, die von der Stadt Ludwigshafen sogar mit 1350 Euro pro Jahr gefördert wurde. Bis jetzt.

Nun jedoch steigt die SPD-dominierte Stadt aus, van der Buchholz bekommt die Förderung nicht mehr. "Dabei geht es, das möchten wir betonen, explizit nicht darum, kritische Veranstaltungen zu benachteiligen", erklärte die Sprecherin der Stadt Ludwigshafen der Deutschen Presse Agentur.

Aber man habe sich die Frage gestellt, "ob es sinnvoll ist, dass sich die Stadt quasi selbst aktiv und auf Dauer als 'hässlichste Stadt Deutschlands' vermarktet". Und es habe ja "aus Stadtgesellschaft, Politik und Wirtschaft durchaus auch kritische Stimmen zu den 'Ugliest City Tours'" gegeben.

Die Hochstraße in Ludwigshafen gehört auch zu den nicht ganz so schönen Ecken.
Die Hochstraße in Ludwigshafen gehört auch zu den nicht ganz so schönen Ecken.
Helmut van der Buchholz

Auf der Website wird der Rundgang noch angepriesen: "Hier geht es vorbei an peinlichen Bausünden, verlassen anmutendem Leerstand und deutlichen Fehlplanungen, hin zu vernachlässigten Grünanlagen und – warum auch immer – verwahrlosten Plätzen. Diese etwas andere Stadtführung ist stets geprägt von der heimlichen Ahnung: Schlimmer geht immer. Und meistens kommt es dann auch schlimmer." Es heißt auch, hunderte Menschen seien von der Tour "begeistert".

Dass die Stadt nicht mehr mitmacht, enttäuscht den Tour-Organisator van der Buchholz. "Die lautstarke Nörgelfront hat sich durchgesetzt", sagt er. Er will aber auch ohne die Förderung den Rundgang weiterhin anbieten. Denn: "Die Tour erfreut sich großer Beliebtheit."

Ist Mannheim schöner?

Viele Leute aus Ludwigshafen hätten sie schon gemacht, oft auch ihren Besuch mitgebracht. Häufig kämen von der anderen Seite des Rheins Interessierte aus Mannheim herüber. "Die überzeugen sich dann persönlich, dass Mannheim viel schöner ist", sagt van der Buchholz mit Augenzwinkern über die nicht ganz ernst gemeinte Rivalität zwischen den beiden Städten.

Die Tour zu konzipieren fiel van der Buchholz nicht schwer: "In zehn Minuten hatte ich 20 Plätze beisammen." Wer sich zwei Stunden Zeit nimmt, bekommt allerhand zu sehen. Etwa eine düstere und beschmierte Unterführung, heruntergekommene Passagen und Fassaden oder Betonklötze.

"Ich will mit der Tour unterhalten, aber auch zum Nachdenken anregen", sagt van der Buchholz. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten sich durchaus fragen: "Warum ist das hier so, warum passiert hier nichts?"

Froh hingegen, dass diese spezielle Führung nicht mehr gefördert wird, ist die oppositionelle CDU im Stadtrat. Fraktionschef Peter Uebel sagt: "Steuergelder dürfen nicht für diese dem Image der Stadt abträglichen Veranstaltungen eingesetzt werden." Es sei nicht Selbstironie, sondern vielmehr ein Schlechtreden der Stadt. Ludwigshafen brauche vielmehr Fürsprecher, die positiv das Image der Stadt beeinflussen. (Birgit Baumann aus Berlin, 27.4.2024)