Maximilian Krah
Maximilian Krah wird im EU-Wahlkampf nicht mehr auftreten.
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Lena Schilling, so hieß es am Mittwoch in der Parteizentrale der österreichischen Grünen, habe in den kommenden Tagen jede Menge Termine. Und die werde die Spitzenkandidatin für die EU-Wahl selbstverständlich absolvieren. Bei einem anderen Listenersten für die EU-Wahl hingegen – in Deutschland nämlich – tun sich im Terminplaner nun einige Löcher auf: AfD-Mann Maximilian Krah nämlich wurde von der eigenen Parteispitze ein Auftrittsverbot erteilt.

"Konstruktiv" hätten sich der Bundesvorstand und die Chefs der AfD-Landesverbände mit Krah ausgetauscht, teilten die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla nach einer Telefonschaltung mit und erklärten auch, was dabei herauskam: "Im Ergebnis wurde ein massiver Schaden für die Partei im laufenden Wahlkampf festgestellt, für den der Spitzenkandidat den Vorwand geliefert hat."

"Massiver Schaden"

Der "massive Schaden" besteht in der Verharmlosung der SS (Schutzstaffel), die unter anderem in der NS-Zeit für die Konzentrationslager zuständig und an Kriegsverbrechen beteiligt war. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie zu einer verbrecherischen Organisation erklärt.

Krah hatte in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung La Repubblica erklärt: "Ich werde niemals sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Krimineller war. Unter den 900.000 SS-Männern gab es auch viele Bauern: Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht nur."

Das war dann auch den französischen Rechtspopulisten von Marine Le Pens RN zu viel. Der Chef der Partei Rassemblement National (RN) und Spitzenkandidat für die Europawahl, Jordan Bardella, erklärte, man wolle im EU-Parlament nicht mehr in einer Fraktion mit der AfD zusammenarbeiten. Denn: "Die AfD hat rote Linien überschritten." Le Pen, die 2027 französische Präsidentin werden möchte, war schon nach den Enthüllungen der deutschen Plattform Correctiv über ein Geheimtreffen zwischen AfD-Vertretern und Rechtsextremisten auf Distanz gegangen. Bei diesem hatte man über eine zwangsweise Rückführung von Migrantinnen und Migranten in ihre Heimat fabuliert.

Krisensitzung der AfD

Ganz so "konstruktiv", wie Weidel und Chrupalla das Gespräch mit Krah in ihrer Mitteilung schilderten, dürfte die Krisensitzung am Mittwoch aber nicht verlaufen sein. Denn ein Sprecher der AfD bestätigte, was die Bild-Zeitung zuvor schon geschrieben hatte: Krah bekam ein regelrechtes Auftrittsverbot für die restliche Zeit bis zur EU-Wahl am 9. Juni.

Auf Distanz zu Krah waren Weidel und Chrupalla schon Ende April gegangen. Damals war ein Mitarbeiter Krahs wegen des Verdachts der Spionage für den chinesischen Geheimdienst verhaftet worden. Die AfD-Spitze hatte den EU-Abgeordneten Krah kurz danach nicht beim Wahlkampfauftakt im baden-württembergischen Donaueschingen dabeihaben wollen. Als der deutsche Generalbundesanwalt dann auch noch Krahs Büro im EU-Parlament durchsuchte und der Verdacht im Raum stand, Krah habe Geld von chinesischen Stellen erhalten, wurde die Nervosität in der AfD immer größer. Sie hofft bei der EU-Wahl auf ein gutes Ergebnis. Doch bundesweit ist sie in Umfragen auf den tiefsten Wert seit einem Jahr gefallen. Sie verlor sechs Punkte und liegt nun bei 17 Prozent.

Krah verkündete am Mittwoch auch seinen Rückzug aus dem AfD-Bundesvorstand. Seine Erklärung veröffentlichte er auf X, vormals Twitter: "Man kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Ich nehme zur Kenntnis, dass sachliche und differenzierte Aussagen von mir als Vorwand missbraucht werden, um unserer Partei zu schaden. Das Letzte, was wir derzeit brauchen, ist eine Debatte um mich."

In Wien forderten ÖVP und SPÖ die FPÖ auf, ebenfalls die Zusammenarbeit mit der AfD im EU-Parlament zu beenden. AfD, FPÖ und der französische RN sind in der Fraktion Identität und Demokratie (ID) verbunden. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim: "Das Festhalten der FPÖ an der AfD und ihre gemeinsame Nähe zu Putin gefährden Österreichs Neutralität." (Birgit Baumann aus Berlin, 22.5.2024)