Im Wahlkampf, egal auf welcher Ebene, wird natürlich über Mitbewerber gelästert. Und so ist es nicht verwunderlich, dass jemand über den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke in der Bild-Zeitung sagte: "Höckes Verhalten passt zu einem Narzissten, hat aber mit demokratischen Gepflogenheiten nichts zu tun."

Erstaunlich allerdings: Es war niemand von den Grünen oder den Sozialdemokraten, der diese Einschätzung zum Besten gab, sondern der AfD-Politiker Josef Kluy. Er tritt bei den Kommunalwahlen in Thüringen am Sonntag für den Kreistag Saalfeld-Rudolstadt an, und zwar für die Alternative für Deutschland, also die "Ur"-AfD.

Doch im Wahlkreis gibt es auch noch eine "Alternative für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt" (AfL). Diese wird von Höcke unterstützt, was Höckes parteiinterne Gegner als Verstoß gegen AfD-Statute sehen. Laut diesen ist Wahlwerbung für andere Parteien und Listen verboten.

Thüringens AfD-Chef Björn Höcke
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke hofft, dass sich seine Partei am Sonntag bei den Kommunalwahlen in eine gute Ausgangslage für die Landtagswahl im September bringen kann.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Zwei AfD-Listen

Doch spätestens am Montag nach der Wahl wird nicht nur das AfD-Wahlergebnis im Kreis Saalfeld-Rudolstadt unter die Lupe genommen. Drei Monate vor der Landtagswahl gelten die Thüringer Kommunalwahlen als Testwahlen. Höcke will ja nach dem Urnengang am 1. September Ministerpräsident in Thüringen werden und den Linken-Politiker Bodo Ramelow ablösen.

Zunächst aber geht es am Sonntag um Bürgermeister, Stadt-, Kreis- und Gemeinderäte sowie Landräte. Bei den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2018 kam die AfD auf 10,2 Prozent. In Umfragen liegt sie derzeit landesweit bei rund 30 Prozent und damit an erster Stelle. Die CDU, die aus den Kommunalwahlen 2018 mit 37,9 Prozent als stärkste Kraft hervorging, kommt mit Mario Voigt, ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, nur auf 20 Prozent.

Unklar ist, wie sehr sich die vielen selbstproduzierten negativen Schlagzeilen der vergangenen Wochen auf das Ergebnis der Kommunalwahlen auswirken werden. Höcke kämpft in seiner politischen Heimat nicht nur mit parteiinternen Gegnern. Er ist zudem vom Landgericht Halle wegen der Verwendung der verbotenen NS-Parole "Alles für Deutschland" zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt worden (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).

Betteln um Geld

Auf X bettelt die AfD Thüringen nun um Spenden für Höcke. "Dieses Urteil dient wie viele andere dem politischen Zweck, Opposition mundtot zu machen", heißt es dort. Und: "Der Weg durch die Instanzen kostet uns sehr viel Geld."

Zudem hat die AfD vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz verloren. Der Inlandsgeheimdienst darf die Partei sehr wohl mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten und als "rechtsextremistischen Verdachtsfall" einstufen.

Vor allem aber hält die Affäre um den EU-Spitzenkandidaten der AfD, Maximilian Krah, die Partei in Atem und könnte sie Stimmen kosten. Krahs Mitarbeiter im EU-Parlament sitzt wegen des Verdachts der Spionage für China in U-Haft, auch bei Krah gab es Durchsuchungen.

Nachdem er in einem Interview die SS verharmlost hatte, erteilte ihm die AfD-Spitze Auftrittsverbot im EU-Wahlkampf. Nun hat der Chef der rechten ID-Fraktion im Europäischen Parlament, Marco Zanni, den Ausschluss aller Abgeordneten der AfD beantragt. Um den Rauswurf der AfD zu verhindern, schlug die AfD-Gruppe ursprünglich vor, nur Krah aus der Fraktion auszuschließen. Letztlich wurden am Donnerstag aber doch alle AfD-Europaabgeordneten aus der ID-Fraktion ausgeschlossen. (Birgit Baumann aus Berlin, 24.5.2024)