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Einer der vielen Zukunftsberufe, die künftig vermehrt auf – digitalen? – Visitenkarten stehen könnten: Growth Hacker.

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Zettl-Singh will Wien zum Zentrum für Growth Hacker machen.

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Seiner Oma zu erklären, was er tut, sei "manchmal noch schwierig" , gibt Adrian Zettl-Singh zu. Der 30-Jährige ist Mitgründer der Digitalagentur The Ventury und hat sich mit dem auf Growth Hacking spezialisierten Start-up Hackabu zusammengetan und eine Akademie für Growth Hacker gestartet.

Geht es nach Zettl-Singh, soll bald nicht nur seine Großmutter, sondern jeder wissen, was Growth Hacking bedeutet. Definitionen im Netz bezeichnen es als datengetriebenes Marketing. Für Zettl-Singh ist es aber noch viel mehr, nämlich "eine Methode, um schnelle Experimente zu machen, um herauszufinden, welche Kanäle funktionieren – und es möglichst automatisieren". Er betont die Geschwindigkeit, das Explorative.

Ziel ist das Wachstum der User- und schließlich der Absatzzahlen. Die Strategie von Dropbox, Nutzern mehr Speicherplatz zu schenken, wenn sie Freunde auf die Plattform einladen, kann als Growth Hacking gelten. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Link "PS I Love You" in Hotmail-Nachrichten – mit einem Link auf die Anmeldeseite.

Der Begriff geht auf Sean Ellis zurück. Der amerikanische Start-up-Guru suchte 2010 in einem Blog-Post nach Leuten, die analytisches Denken und Programmieren mit kreativem Marketing verbinden. Genau das mache Growth Hacking aus, sagt Zettl-Singh, "Psychologie ist auch dabei".

Akademisierung geplant

Teil des Jobs sei es außerdem, herauszufinden, was Menschen wirklich anklicken, wie lange sie auf einer Seite bleiben. "Die User-Research, das Kennenlernen der User, steht stark im Vordergrund", so Zettl-Singh.

Alles Techniken, die den Teilnehmenden der Academy in zwölf Wochen vermittelt werden sollen. Kooperationspartner ist die Lauder Business School. Das Programm sei ein "wirklicher Crashkurs". Experte sei man danach nicht, aber man wisse: "Was kann ich machen und mit welchen Tools, um dann möglichst schnell zu entscheiden: Das probiere ich aus." In Projekten, die in Kooperation mit Unternehmen stattfinden, sollen die Studierenden das erworbene Wissen auch gleich praktisch anwenden können. Das Curriculum besteht aus Präsenzeinheiten und Fernstudium. Die Online-Kurse können sich die Teilnehmer frei einteilen.

Einen Studienabschluss braucht man für die Bewerbung nicht, allerdings seien Vorerfahrung in Programmierung und Marketing von Vorteil. Die Kosten: 748 Euro für Privatpersonen, für Firmen gibt es Spezialtarife. Das Programm ist nicht zertifiziert, Absolventen wird eine Teilnahmeurkunde ausgestellt. Ab Herbst soll es auch einen akademischen Lehrgang, über zwei Semester, mit 60 ECTS geben.

Bedarf in Österreich

Bei den Tech-Riesen Facebook oder Google seien seit Jahren Growth Hacker beschäftigt. Die Frage, ob das Berufsbild in Österreich überhaupt schon relevant ist, bejaht Zettl-Singh wenig überraschend: "Wir merken den Bedarf." Getrieben werde die Entwicklung von Start-ups, "die suchen alle Growth Hacker, weil sie zu wenig Budget für teures Marketing haben" – aber auch bei größeren Unternehmen bemerkt Zettl-Singh steigendes Interesse. Es gebe auch mehr und mehr Stellenausschreibungen, entweder explizit für Growth Hacker oder für Jobs, "die ähnlich beschrieben sind" .

Hochschulen hätten es schwerer, neue Entwicklungen in ihren Lehrplan einzubinden, sagt Zettl-Singh, der nebenbei an den FHs St. Pölten und Burgenland unterrichtet. "Es muss nachträglich ins Curriculum hineingequetscht werden." Und das gehe oft nicht so schnell wie es der Markt braucht. Erste Angebote gebe es aber bereits.

Auch in anderen Städten kann man Growth Hacking lernen. In Amsterdam gibt es etwa das Ausbildungszentrum Growth Tribe, das Workshops anbietet. Er plane, die Academy auf andere Städte auszuweiten, sagt Zettl-Singh, etwa Berlin, Hamburg oder auch Tel Aviv. (Lisa Breit, 14.4.2018)