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Die türkische Zentralbank hat die Leitzinsen trotz zweistelliger Inflation und rasanten Kursverfalls in den vergangenen drei Monaten nicht angetastet.

Foto: Reuters/Murad Sezer

Ankara/Athen – Zuwarten hat nichts genutzt: Zu dieser Einsicht ist die türkische Zentralbank offenbar gelangt, nachdem am Montag die Inflationsrate für den Monat August bekanntgemacht wurde. Der Verbraucherpreisindex in der Türkei lag bei 17,9 Prozent. Das waren noch einmal 2,3 Prozent mehr als im Monat Juli, und es war der höchste Stand im Land seit knapp 15 Jahren. Trotz zweistelliger Inflation und rasanten Kursverfalls der Lira hat die Zentralbank die Leitzinsen in den vergangenen drei Monaten nicht angetastet. Der Staatschef wünschte es so. Das ist jetzt wohl vorbei.

Nur Minuten nach Veröffentlichung der Rekordzahl schlug Zentralbankgouverneur Murat Çetinkaya Alarm. Die jüngsten Entwicklungen der Inflation wiesen auf "bedeutende Risiken für die Preisstabilität" hin, hieß es ungewohnt deutlich in Çetinkayas Erklärung. Die Zentralbank werde die notwendigen Schritte unternehmen, um stabile Preise zu sichern, kündigte er an. Das wurde als Signal für die von Analysten seit Wochen angemahnte Erhöhung der Leitzinsen verstanden. Die Lira machte daraufhin kurzzeitig ihre Verluste wett, sank im Verlauf des Handelstages in Istanbul aber weiter in Richtung 6,70 für einen US-Dollar und 7,70 für den Euro.

Höhe ist noch unklar

Denn unsicher ist, wie stark die Zinserhöhung ausfallen wird, wenn das geldpolitische Komitee der Zentralbank am 13. September zusammentritt. Analysten halten einen Aufschlag von wenigstens zehn Punkten für nötig. Die Zentralbank hatte zuletzt Anfang Juni den einwöchigen Reposatz – den Zinssatz für abgesicherte Wertpapiergeschäfte mit terminiertem Rückkauf – auf 17,75 Prozent erhöht.

Staatspräsident Tayyip Erdogan ist jedoch ein erklärter Gegner hoher Zinsen. Sie hemmen Investitionen und Konsum, so argumentiert er. Die sind unter den gegenwärtigen Umständen in der Türkei aber bereits eingebrochen. Im August stieg der Erzeugerpreisindex – die durchschnittliche Preisentwicklung von Rohstoffen und Industrieprodukten in der Türkei – auf 32,13 Prozent. Der Preisanstieg wird derzeit nur zum Teil an die Verbraucher weitergegeben. (Markus Bernath, 3.9.2018)