In der emotional geführten Debatte um angebliche Verflechtungen zwischen den Identitären und der FPÖ ist es Zeit für eine sachliche Analyse. Dabei wäre zu klären, auf welchen Fakten der Vorwurf an die Identitären beruht, sie hätten zu wenig Distanz zur FPÖ:

· In Linz haben sich die Identitären bis vor kurzem ein Haus mit der Burschenschaft Arminia Czernowitz geteilt. Die einschlägig bekannte Verbindung gilt als extrem FPÖ-unterwandert und ist in der Vergangenheit durch Vorträge über die "jüdische Weltverschwörung", sowie Einladungen mit Originalsujet der NSDAP, auf denen nur das Hakenkreuz übermalt war, aufgefallen.

Mitglied ist unter anderem der bekennende FPÖ-Aktivist Detlef Wimmer, dem das Heeresabwehramt die Offizierslaufbahn verweigerte, da er "Distanz zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen vermissen lasse". Die Diskussion, ob aktive Mitglieder der FPÖ Sperrvermerken beim Bundesheer unterliegen sollen, wurde dadurch wieder angefacht.

· Bei einer Veranstaltung der Identitären in Judenburg hielt der für seine verbalen Ausfälle bekannte FPÖ-Aktivist Wolfgang Zanger (Codename in der Szene: "Beidl") eine Rede. Zuvor hatte er schon gemeint: "Natürlich hat es gute Seiten am Nationalsozialismus gegeben."

· Nachdem dieser Tage wieder die rechtsextreme Vergangenheit des freiheitlichen Anführers Heinz-Christian Strache thematisiert wurde (Teilnahme an Wehrsportübung mit Gottfried Küssel, polizeiliche Festnahme bei einer Neonazi-Demonstration, familiäres Verhältnis zu Norbert Burger, dem Ziehvater nationalsozialistischer Wiederbetätigung et cetera), schlugen die Freiheitlichen zurück und wiesen auf braune Flecken in der Vergangenheit des Identitären-Obmanns Martin Sellner hin.

Dieser war Mitglied der Burschenschaft Olympia, einer besonders radikalen Gruppierung, bei der Holocaust-Leugner ebenso zu Gast waren wie Verfasser von Spottliedern über die Judenvernichtung ("Bei 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bei 6 Millionen Juden, da ist der Ofen an") und die bis heute als Kaderschmiede der FPÖ gilt.

· Als besonders peinlich gilt für einige Identitäre ihre Teilnahme an einer auch von FPÖ-Aktivisten mitorganisierten Veranstaltung in Linz, bei der unter anderem der berüchtigte Hassprediger Herbert Kickl eine Rede hielt. Kickl gilt als Mastermind der freiheitlichen Bewegung und soll auch für deren aufsehenerregende Störaktionen, zum Beispiel die Erstürmung der Zentrale des Verfassungsschutzes, verantwortlich sein. Das sei "friedlicher Aktionismus", und "inhaltlich können wir das alles unterschreiben", hieß es dazu einst bei vielen Identitären, die jetzt auf Distanz gehen.

Kann man diesen Konflikt als politisch irrelevanten Sektierer-Kampf abtun und nach dem Motto "Stop making stupid people famous" ignorieren? Leider nein, denn im Ausland wird die rechtsextreme Unterwanderung österreichischer Sicherheitsinstitutionen mit Sorge beobachtet und könnte zu einem für uns gefährlichen Stopp beim Austausch sicherheitsrelevanter Daten führen. Für die Rückgewinnung des Vertrauens wird die Aussage allein, dass man keinen "schwammigen Umgang" mit der FPÖ dulde, zu wenig sein. (Florian Scheuba, 11.4.2019)