Nokia tut es, Huawei macht es, Samsung sowieso. Immer mehr Handyhersteller haben entdeckt, dass sich drahtlose Ohrhörer gut eignen, um als Accessoire zusätzliches Geld in die Kassen zu spülen. Erfunden hat die komplett kabelfreien Audiostöpsel Apple zwar nicht, allerdings dürfte der Erfolg der Airpods den Anstoß dazu gegeben haben, dass nun auch zahlreiche Konkurrenten sich in der drahtlosen Audiotechnik probieren.

Und natürlich hat auch der expansionsfreudige Xiaomi-Konzern dieses neue Marktsegment nicht übersehen. Mit den Airdots und Airdots Pro will man eine Alternative zu den meist teureren Angeboten der Konkurrenz liefern. DER STANDARD hat die Pro-Ausgabe der Hörer, die für rund 60 Euro verkauft wird, getestet.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Design und Verarbeitung

Nicht nur der Name, auch das Aussehen der Airdots erinnert an die Apple-Ohrhörer, insbesondere der abstehende "Stiel", der primär der Antennenführung dienen dürfte und auch den Ladenanschluss beinhaltet. Der eigentliche Hörerteil sieht allerdings anders aus. Der bringt eine touchempfindliche Außenseite mit und ist nicht komplett in Kunststoff eingefasst. Stattdessen ist der Lautsprecherausgang von einem Silikonpolster geschützt, der gefühlt deutlich angenehmer zu tragen ist und auch dafür sorgt, dass die Hörer gut in der Ohrmuschel sitzen. Drei Paare in verschiedenen Größen sind beigelegt.

Bei der Verarbeitung gibt sich Xiaomi auch keine Blöße. Einzig bei der Reinigung sollte man vorsichtig sein. Zwischen Lautsprecher und Hörkanal befindet sich ein dünner Schutzfilm, der das Eindringen von Staub und Schmutz verhindern soll. Dieser ist nur eingeklebt und kann versehentlich leicht gelöst, aber nur mühsam wieder fixiert werden.

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Inbetriebnahme und Akkulaufzeit

Die Hörer kommen in einer Ladehülle, die einen 300-mAh-Akku beinhaltet. Die Hörer selbst kommen auf je 50 mAh und sollen damit bis zu drei Stunden Sound liefern. In Tandem mit dem Zusatzakku, der rund eine Stunde benötigt, um leere Hörer aufzuladen, sollen zehn Stunden Betrieb möglich sein. In der Praxis ergaben sich bei überdurchschnittlicher Lautstärke rund 2,5 Stunden Nutzungsdauer mit einer vollen Ladung und sieben bis acht Stunden Betrieb bei voller Ausnutzung der Ladehülle.

Die Inbetriebnahme ist denkbar einfach. Nach dem Entnehmen aus dem Auflade-Case schalten sie sich automatisch ein. Ein langer Druck schaltet den Pairing-Modus ein. Anschließend kann man sie einfach über das Bluetooth-Menü des Smartphones (oder anderen Geräten die zumindest Bluetooth 4.2 unterstützen) koppeln. Künftig wird die Verbindung automatisch aufgebaut, sobald man die Ladehülle öffnet und die Airdots Pro entnimmt – ein nettes Komfortfeature.

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Bedienung

Eine erfolgreiche Verbindung bestätigen die Hörer auch mit einer kurzen Sprachmeldung, die das Testgerät auf Chinesisch ausspuckte. Allerdings handelte es sich dabei laut Xiaomi um ein Vorabmodell, man versicherte, dass die im Verkauf angebotenen Hörer bereits das internationale Modell seien, das sich auf Englisch meldet. Die Reichweite der Bluetooth-Anbindung ist absolut ausreichend, auch über mehrere Meter Abstand zum Handy reißt sie nicht ab, sofern Sichtkontakt gegeben ist.

Die Touchbedienung ist ebenfalls flott erlernt. Mit einfachem und doppeltem Tippen sowie längerer Berührung kann man etwa die Wiedergabe anhalten und fortsetzen, zum nächsten Lied springen oder Anrufe annehmen bzw. abweisen. Aufpassen sollte man allerdings, falls man einen Hörer kurz abnehmen will. Es ist recht leicht, versehentlich am Touchpad anzukommen und damit unabsichtlich ein Kommando zu geben.

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Wiedergabe-Akustik

Am wichtigsten sind freilich die akustischen Qualitäten der kabellosen Xiaomi-Hörer. Und die können sich für ihre Preisklasse durchaus hören lassen. Die Basswiedergabe fällt für Hörer in diesem kleinen Formfaktor erstaunlich satt aus. Manchmal zu satt, denn bei tendenziell basslastiger Musik gehen die etwas schwächer abgebildeten Töne des höheren Frequenzspektrums etwas unter.

Ihre Stärken spielen die Airdots bei Musik aus, die nicht zu viel "Fülle" bietet. Singer/Songwriter-Werke und klassischer Hardrock klingen besser, als umfangreich besetzte, klassische Orchester oder effektlastiger Symphonic Metal. Letztere Beispiele klingt nicht unbedingt schlecht, dürften aber bei ausgeprägt audiophilen Nutzern nicht mehr viel Begeisterung auslösen. Die sind aber ohnehin mit deutlich teureren und verkabelten Kopfhörern besser bedient. Alle anderen können sich mit einer Equalizer-App behelfen.

Sprachqualität

Enttäuschend hingegen ist die Sprachqualität. Man kommt bei Telefonaten beim Gegenüber bereits in einer ruhigen Umgebung schon relativ gedämpft, aber insgesamt noch verständlich an. Ist man auf der Straße unterwegs, gestalten sich Gespräche jedoch sehr mühsam, auch wenn der Anrufpartner stets verständlich bleibt. Selbst die zuschaltbare aktive Rauschunterdrückung hilft kaum. Subjektiv boten selbst die für 30 Euro gehandelten Goldenfield X18 hier einen besseren Klang.

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Fazit

Die Xiaomi Airdots Pro sind ein solides Produkt mit ebenfalls solidem Klang, der sich für die gewählte Preisklasse durchaus hören lassen kann. Das gilt allerdings nicht für die Sprachqualität. Einen guten Eindruck hinterlassen die Hörer hingegen in puncto Tragekomfort und Verarbeitung.

Die versprochene Akkulaufzeit von drei bzw. zehn Stunden (mit mehrfacher Ladung über die Ladehülle) ist bei gedrosselter Lautstärke wohl erreichbar. Unter realistischen Bedingungen liegt sie – auf einem akzeptablen Maß – darunter. Insgesamt sind die Airdots Pro kein ganz großer Wurf, aber eine überlegenswerte Alternative zu Airpods und anderen teureren Drahtloshörern für kleinere Budgets. (Georg Pichler, 29.07.2019)