Die neue Koalitionsregierung verspricht Steuerentlastungen, die Finanzierungsfrage bleibt.

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Wien – Die Steuerreform ist auf "Sand" gebaut, "besonders problematisch" sei, dass die Gegenfinanzierung der Entlastungen weitgehend fehle. Mit diesen Worten kritisierten die Grünen 2015 die damals von der rot-schwarzen Koalition erarbeitete Steuerentlastung.

Heute, fünf Jahre später, ist die Rollenaufteilung eine andere. Grüne und ÖVP haben sich auf milliardenschwere Steuersenkungen und ein Investitionsprogramm geeinigt. Die Oppositionsparteien und Ökonomen wie Christoph Badelt vom Wifo-Institut fragen, wie sich das finanziell alles ausgehen soll.

In der Tat sind viele Entlastungsprojekte im Koalitionspakt klar skizziert. So werden die Tarifstufen in der Einkommenssteuer gesenkt, die Körperschaftsteuer sinkt. All das wollte auch die türkis-blaue Regierung schon umsetzen. Hinzu kommen neue Zuckerln, etwa die Erhöhung des Familienbonus von 1.500 auf 1.750 Euro. Die Gesamtkosten dieser Maßnahmen belaufen sich laut Schätzungen der Ökonomin Margit Schratzenstaller auf mehr als sechs Milliarden Euro im Jahr – sofern sie alle voll umgesetzt sind.

Geld ist da

Dagegen sind Angaben über zusätzliche Einnahmen vage oder nicht vorhanden. Wie eine CO2-Steuer aussehen könnte, die nach 2022 kommen dürfte, wird nicht genau erläutert. Was an konkreten Mehreinnahmen schon vereinbart wurde, wie etwa eine kleine Flugticketabgabe, reicht gerade als Körberlgeld.

Wie hoch ist die Finanzierungslücke bei den türkis-grünen Vorhaben, und ist sie ein echtes Problem? Tatsache ist, dass dank sprudelnder Steuereinnahmen durch das hohe Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre, Geld da ist. Wie viel, kommt auf die Berechnungsmethode an. Nimmt man das Nulldefizit als Maßstab, sind es um die zwei Milliarden Euro pro Jahr bis 2023, die der Finanzminister zusätzlich ausgeben kann, vielleicht auch etwas mehr. Das Nulldefizit schreibt aber niemand vor, und diese Regierung bekennt sich dazu nur grundsätzlich. Nimmt man die Budgetvorgaben der EU als Maßstab, ist der Spielraum größer: Dann sind es pro Jahr im gleichen Zeithorizont schon zwischen drei und vier Milliarden Euro, die zur Verfügung stehen.

Steuersenkung finanziert sich selbst

Bei sechs Milliarden an Entlastungen fehlen dann immer noch mehr als zwei Milliarden Euro. Doch diese Rechnung ist noch nicht ganz richtig. Denn eine Steuersenkung finanziert sich zu einem Teil selbst, zumindest wenn es gut läuft.

Wer die Einkommenssteuer senkt, kann hoffen, dass Menschen mehr konsumieren. Das bringt höhere Einnahmen bei der Umsatzsteuer, belebt die Wirtschaft, was neue Mehreinnahmen bringt. Wie hoch der Anteil der Selbstfinanzierung ist, kann niemand sagen, so Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien.

Hinzu kommt noch ein Faktor. Das Finanzministerium budgetiert traditionell konservativ. So bleibt stets ein Polster.

Stolpersteine

Die Wirtschaftsforscher, die 2015 vor fehlender Gegenfinanzierung der Steuerreform warnten, lagen jedenfalls letztlich falsch. Die gute Konjunktur sorgte ab 2016 dafür, dass sich die Budgetlage gut entwickelte. Auf ein ähnliches Geschenk sollte Türkis-Grün nicht hoffen, sagt Ökonom Hofer. Die Wachstumsaussichten sind diesmal düsterer. Hinzu kommt noch ein Punkt. Die neue Regierung will mehr Geld investieren, etwa eine Milliarde in den Nah- und Regionalverkehr. Auch das muss finanziert werden.

Die Koalitionäre haben sich dabei eine Hintertür offengelassen: Ein Fahrplan für die Steuerentlastungen wurde nicht fixiert. Auch wann die Mehrinvestitionen kommen, steht nicht im Regierungsabkommen. Die Koalitionäre werden all das noch ausverhandeln müssen. (András Szigetvari, 8.1.2020)