Weltweit wird Woche für Woche für mehr Klimaschutz demonstriert. Die EU will dafür jedenfalls viel Geld in die Hand nehmen.

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Straßburg – Mit einem riesigen Investitionsprogramm will die EU-Kommission bis 2030 eine Billion Euro in die Klimawende in Europa pumpen. Wie das Geld aufgebracht werden soll, hat die Kommission am Dienstagnachmittag im Detail erläutert. Zu den Vorschlägen gehört unter anderem ein Hilfsprogramm im Umfang von hundert Milliarden Euro für Regionen, denen die Klima- und Energiewende besonders schwer fallen wird. 100 Milliarden Euro gehen in einen Übergangsfonds für Kohleregionen. Das sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis.

Ziel der EU-Kommission sei es, Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der machen, sagte Vize-Kommissionschef Frans Timmermans vor den Abgeordneten. Die Behörde wisse, dass der Weg dahin für einige Regionen "steiler" sei. Ziel des Übergangsfonds sei es deshalb, "niemanden zurückzulassen".

"Klimaneutral" werden bedeutet, dass dann keine zusätzlichen Treibhausgase aus der EU mehr in die Atmosphäre gelangen sollen. Das hatte Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen bereits im Dezember angekündigt. Die Treibhausgase müssen eingespart oder gespeichert werden. Das soll helfen, das Klimaschutzabkommen von Paris umzusetzen und die gefährliche Überhitzung der Erde zu stoppen.

Hoffnung auf institutionelle Anleger

Nötig ist dafür eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas und der Umbau von Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und privater Energienutzung. Die EU-Kommission ging in ihrem Konzept für ein klimaneutrales Europa von jährlichen Investitionen von 290 Milliarden Euro aus – binnen zehn Jahren wären das sogar rund drei Billionen. Das nun geplante Investitionsprogramm wird also trotz des großen Umfangs nur einen Teil abdecken. Daneben ruhen die Hoffnungen unter anderem auf institutionellen Anlegern wie Pensionsfonds oder Versicherungen.

Zu den geplanten Hilfen für Kohleregionen und andere besonders betroffene Landstriche waren schon am Wochenende Details bekannt geworden. So sollen in den "Fonds für den gerechten Wandel" binnen sieben Jahren nur 7,5 Milliarden Euro frisches Geld aus dem EU-Haushalt fließen. Mit weiteren Beträgen der EU-Staaten sowie Hilfen des Investitionsprogramms Invest EU und der Europäischen Investitionsbank (EIB) soll die Summe 100 Milliarden Euro erreichen.

Gefördert werden sollen zum Beispiel Umschulungen oder die Ansiedlung neuer Unternehmen. Die EU-Kommission spricht von 108 besonders betroffenen Regionen und mehr als 250.000 Beschäftigten. Die Hilfen dürften nur jenen zur Verfügung stehen, die sich zur konsequenten Abkehr von fossilen Brennstoffen verpflichten.

Spannung, Kritik und Sorge

Österreichische Europaabgeordnete haben die angekündigten Vorschläge der EU-Kommission zum Klimaschutzpaket "Green Deal" mit Spannung, Kritik und Sorge verfolgt. Die stellvertretende ÖVP-Delegationsleiterin Simone Schmiedtbauer sagte, sie habe "Angst", dass viele Belastungen an den Landwirten hängenbleiben.

Demgegenüber begrüßte die grüne Delegationsleiterin Monika Vana, dass mit dem angekündigten Übergangsfonds (Just Transition Mechanism) erste konkrete Schritte gesetzt würden. Die Forderung, dass Atomenergie europäisch gefördert werde, sei draußen geblieben.

FPÖ spricht vom "Fetisch Klimaneutralität"

Scharfe Kritik am "Green Deal" kam von der FPÖ. Deren Europaabgeordneter Roman Haider kritisierte, der "Green Deal" sei "ein sozialistischer Anschlag auf das Privateigentum und die Mobilität der Europäer". Dem "Fetisch Klimaneutralität" würden hunderttausende Arbeitsplätze geopfert. Dabei würde kein CO2-Ausstoß verringert. Das Beispiel Schweden zeige vielmehr, dass Arbeitsplätze ins EU-Ausland verlagert würden.

Der SPÖ-Europaabgeordnete Günther Sidl sagte, der Übergangsfonds sei "ein klares Signal des Willens". Die große Herausforderung bestehe nicht in der Zahl der Dotierung, sondern wie die Bürger in Zukunft mitgenommen werden könnten und wer die Kosten zu tragen habe. Für die Sozialdemokraten sei wesentlich, dass nicht alles auf den Schultern der Konsumenten und der Bürger abgelagert werden dürfe.

Die Neos-Europaabgeordnete Claudia Gamon betonte, der wirtschaftliche Wandel finde in jedem Fall statt. Es sei logisch, dass zur Finanzierung des "Green Deal" auch private Mittel herangezogen würden.

Großes Interesse an Klimaklage

In Österreich läuft unterdessen noch eine "Klimasammelklage" der Umweltorganisation Greenpeace. Mit Jahresbeginn haben sich mehr als 5.000 Kläger der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof angeschlossen, wie Greenpeace mitteilte. Im Zentrum der "Sammelklage" – eigentlich handelt es sich um eine Bündelung von Individualanträgen – steht die laut Klägern "unfaire Bevorteilung" klimaschädlicher Verkehrsmittel. Die Umweltorganisation kritisiert, dass auf den grenzüberschreitenden Bahnverkehr eine Umsatzsteuer anfällt, Flüge davon aber befreit sind. Gleichermaßen sorge die Kerosinsteuerbefreiung im Flugverkehr für eine Schräglage. Interessenten können sich noch bis 10. Februar anschließen. (APA, red, 14.1.2020)