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Für das Absenden gefälschter Saldenbestätigungen sollen Banker viele Kilometer abgespult haben.

Foto: Reuters/ Carlos Garcia Rawlins

Wien – Die Aufräumungsarbeiten in der Mattersburger Commerzialbank laufen, aber sie gestalten sich mühselig. Bei den vorhandenen Unterlagen sei es schwierig, festzustellen, ob sie echt sind, erzählt ein Wohlinformierter. Für die Fälschung von Saldenbestätigungen zu Einlagen bei anderen Banken soll viel Aufwand betrieben worden sein. Sie wurden ja von der Commerzialbank selbst an Wirtschaftsprüfer TPA gesandt. Und, um den richtigen Poststempel zu generieren, sei ein Mitarbeiter in die Nähe der jeweiligen Instituts gefahren und habe die Sendungen dort aufgegeben, wird erzählt. Urlaub soll die von Exbankchef Martin Pucher mit der Abwicklung der Malversationen beauftragte Managerin auffällig selten gemacht haben.

Bankguthaben von mehr als 400 Millionen Euro sollen ja fingiert sein; der genaue Status steht noch nicht fest, an dem arbeitet der von der FMA eingesetzte Regierungskommissär noch. Mit dem Insolvenzantrag ist demnach erst nächste Woche zu rechnen.

TPA zog Testat zurück

Wirtschaftsprüfer TPA hat unterdessen den Bestätigungsvermerk für die Bilanz 2018 widerrufen. Jenen für die Bank und den für ihre Eigentümerin, die Personalkredit- und Kommerzialkreditvermittlungs- und Anteilsverwaltungsgenossenschaft Schattendorf-Zemendorf-Stöttera-Krensdorf-Hirm-Loipersbach-Draßburg-Baumgarten reg. Genossenschaft m.b.H. (sic). Auch sie wurde von der TPA geprüft, am 17. Juli hat sie das am 29. Mai 2019 erteilte Testat widerrufen. Die TPA war von der Landesregierung mit der Revision beauftragt.

Als Grund für den Rückzieher nennt die TPA "Malversationen bei einem wesentlichen Vermögensgegenstand" der Genossenschaft (eben der Bank). Die beziehe sich auf das "Nichtvorliegen von Bankguthaben von 128,5 Millionen Euro per 30. April 2020". Tatsächlich fehlt aber wesentlich mehr Geld, denn dieser Betrag betrifft nur vermeintliche Guthaben bei zwei Instituten, verbucht waren solche aber bei zehn Banken. Und nur bei zweien lag wirklich ein wenig Geld. Der genannte Betrag von 128, 5 Millionen, mit dem allein das Eigenkapital von rund 60 Millionen Euro mehr als aufgezehrt wäre, ist im FMA-Bescheid genannt, mit dem die Bank am 14. Juli zugedreht wurde.

Maximierung des Kundenvertrauens

Die Bankbilanz 2019 ist nicht veröffentlicht, TPA hatte sie (noch) nicht testiert. Zum Grund dafür gibt es zwei Lesarten: Die TPA sagt, das sei an der schleppenden beziehungsweise fehlenden Übergabe relevanter Unterlagen gelegen. Von Aufsehern wird kolportiert, ihnen habe TPA während der Vor-Ort-Prüfung, bei der alles aufflog, signalisiert, sie werde das Testat auch für 2019 erteilen, sobald die Unterlagen da wären.

Gemäß vom Vorstand unterfertigten Lagebericht 2018, der im Firmenbuch aufliegt, war in der Mattersburger Bank damals noch alles superpaletti. Die Commerzialbank lebe, von der ersten Stunde ihres Bestehens an, die Philosophie einer Hausbank mit sehr engen Geschäftsbeziehungen zu ihren Kunden, hieß es darin. An der Unternehmensstruktur werde man strategisch nichts ändern, dazu gebe es keinen Anlass. Die Arbeit im Institut sei stets transparent, die Maximierung des Kundenvertrauens "ein nicht nur rhetorischer Versuch, sondern der Grundsatz unserer erfolgreichen Unternehmensphilosophie", priesen sich die Banker. Und: "Unser Engagement für die Gesellschaft ist schon immer Teil unserer Unternehmensphilosophie."

Einlagensicherung beginnt Auszahlung

Dass die geschädigten Gemeinden und andere Kunden das auch so sehen, darf bezweifelt werden. Die Einlagensicherung beginnt jetzt jedenfalls mit der Auszahlung der abgesicherten Einlagen, sie rechnet mit 490 Millionen Euro.

Wobei auch bei den Einlagen nicht sicher ist, ob es alle wirklich gibt. Die GWG-Wohnungsgesellschaft der Stadt Linz und die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft OSG haben jedenfalls – anders als vom STANDARD am Mittwoch zunächst berichtet – keine Einlagen bei der Bank, wie sie sagen. Die OSG hat ihre Geschäftsbeziehung 2013 beendet, man habe nie über 100.000 Euro bei der Commerzialbank liegen gehabt.

Fraglich ist wie berichtet auch die Existenz diverser Kredite mit – zum Teil auffällig hohen – Zinsen. (Renate Graber, 23.7.2020)