Auf der Erde entstehen Polarlichter, wenn geladene Teilchen von der Sonne den Magnetfeldlinien unseres Planeten zum Nord- und Südpol folgen. Dort wechselwirken die Partikel mit Atomen und Molekülen in der Erdatmosphäre, was schließlich zu den bekannten farbenfrohen Lichtschleidern führt. Ähnliche Leuchterscheinungen wurden bereits auf anderen Planeten und Monden des Sonnensystems beobachtet. Nun zeigte sich, dass es solche Phänomene auch auf Kometen gibt: Gleich mehrere Instrumente der Esa-Sonde Rosetta lieferten Belege für auroraähnliche UV-Emissionen im Umfeld des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko (67P/C-G).

Aufnahme der Oberfläche von 67P/Churyumov-Gerasimenko aus einer Distanz von 16 Kilometern.
Foto: ESA/Rosetta

"Geladene Teilchen der Sonne, die im Sonnenwind zum Kometen strömen, interagieren mit dem Gas, das den eisigen, staubigen Kern des Kometen umgibt, und verursachen so die Polarlichter", sagte Jim Burch vom Southwest Research Institute (kurz: SwRI) in San Antonio, Texas. Die als Koma bezeichnete Gashülle um 67P/C-G wird von den Sonnenpartikeln angeregt und leuchtet im ultravioletten Licht, eine Wechselwirkung, die vom Ultraviolett-Spektrometer ALICE erfasst wird.

Doch kein "Tageslicht"

"Anfangs dachten wir, die ultravioletten Emissionen seien Phänomene, die als 'Tageslicht' bekannt sind, ein Prozess, der durch die Wechselwirkung von Sonnenphotonen mit Kometengas verursacht wird", sagte Joel Parker vom SwRI, der das Alice-Projekt leitet. "Wir waren erstaunt zu entdecken, dass die UV-Emissionen in Wahrheit Auroren sind, die nicht von Photonen, sondern von Elektronen im Sonnenwind hervorgerufen werden." Diese Elektronen spalten Wasser und andere Moleküle in der Koma. Die so angeregten Atome sorgen schließlich für das unverwechselbare Licht, berichten die Forscher im Fachmagazin "Nature Astronomy".

Gas und Staub steigen von der Oberfläche auf, während sich der Komet dem sonnennächsten Punkt auf seiner Umlaufbahn nähert.
Foto: ESA/Rosetta/NAVCAM

"Das dabei entstehende Leuchten ist einzigartig", sagt Marina Galand vom Imperial College London, Hauptautorin der Studie. Da die dahinter stehenden Prozesse sehr energiereich sind, ist auch das resultierende Leuchten energiereich und im ultravioletten Bereich des Spektrums angesiedelt, der für das menschliche Auge unsichtbar ist, wie Martin Rubin, Mitautor der Studie von der Universität Bern, erklärt. Diese UV-Emissionen waren zwar bereits früher bei 67P/C-G beobachtet worden. Damals hatte man aber fälschlicherweise angenommen, dass diese Emissionen durch Photonen der Sonnen eben nicht Photonen, wie bislang angenommen.

"Rosetta ist die erste Mission die eine Aurora im UV-Bereich bei einem Kometen beobachtet hat", sagt Matt Taylor, wissenschaftlicher Projektleiter bei der Esa. "Polarlichter sind grundsätzlich schon spannend, wenn man aber so etwas zum ersten Mal beobachten und die Details studieren kann, ist es noch viel aufregender."

Die Grafik zeigt, wie die ultraviolette Aurora von 67P/C-G erzeugt wird.
Grafik: Esa

Daten von verschiedenen Teams und Instrumente

"Die Analyse war kompliziert und bedurfte Daten verschiedener Instrumente", erklärt Kathrin Altwegg, Zuständig für das Instruments ROSINA, dem Massenspektrometer der Universität Bern, welches an Bord der Esa-Raumsonde unter anderem Informationen zur Zusammensetzung und der Dichte der Koma geliefert hatte. Die Studie sei ein Beleg dafür, dass unser Verständnis vertieft und neue Erkenntnisse gewonnen werden können, wenn Daten verschiedener Teams, Instrumente und Computermodelle herangezogen werden. "Und dies auch Jahre nach dem offiziellen Ende der Mission 2016 mit dem kontrollierten Absturz der Rosetta-Sonde auf die Oberfläche des Kometen", meint Altwegg.

Nach dem Rendezvous mit 67P/C-G in den Jahren 2014 bis 2016 hat Rosetta eine Fülle von Daten zur Erde geschickt, die zeigen, wie Sonne und Sonnenwind mit Kometen interagieren. Neben der Entdeckung dieser Kometenauroren, lieferte Rosette zahlreiche weitere Premieren: Die Sonde war die erste, die den Kern eines Kometen umkreiste, die erste, die neben einem Kometen her flog, als er in das innere Sonnensystem vordrang, und die erste, die einen Lander auf der Oberfläche eines Kometen absetzte. (red, 26.9.2020)