Elsa Mittmannsgruber ist etwas Unheimlichem auf der Spur: "Die Pandemie wird künstlich am Leben gehalten und wird diesen Herbst, Winter so richtig durchschlagen, und zwar wegen der Impfung". Mittmannsgruber ist Chefredakteurin der am rechten Rand angesiedelten oberösterreichischen Postille "Wochenblick". Ihre Expertise zu den Impfungen in Form einer Videobotschaft ("Kein Ende der Pandemie: Die Impfung entfesselt das Virus") erschien am 18. März. Das Blatt ist seit Monaten Sprachrohr der selbsternannten Querdenker-Szene, Maskenmuffel und Impfgegner. In der Causa Vakzine packt man eher die grobe Kelle aus. Am 11. März titelte das Blatt: "Impfung verwandelt Virus in unkontrollierbares Monster!" 

"Covid-19 wird erst durch Impfungen zur Gefahr" 

In der aktuellen, siebenminütigen Videobotschaft präzisiert die Chefredakteurin: "Das Allerschlimmste: Die Impfungen werden immer mehr. Aber warum ist das schlimm? Weil sich die Hinweise immer mehr verdichten, dass die echte Pandemie erst bevorsteht, und zwar durch die Impfung. Es wird zu einem massiven Anstieg der Todesopfer kommen, weil Covid-19 durch die Impfung zu einer wahren Gefahr werden könnte." Ohne die Impfungen wären wir - vermutet zumindest die Chefredakteurin - fein heraus und hätten "die Möglichkeit, eine natürliche Herdenimmunität mit einem vergleichsweise harmlosen Virus zu entwickeln." Ich habe ein paar befreundete Ärzte um eine fachliche Einschätzung zu den Aussagen Mittmannsgrubers gebeten. Leider sind die Antworten nicht zitierfähig. 

Mittmannsgruber beruft sich unter anderem auf die irische Virologin Dolores Cahill - eine Politikerin der rechtsextremen Irisch Freedom Party. Die Medizinerin und Politikerin steht einer "World Doctors Alliance" als Präsidentin vor. Diese "Allianz" hat einen klingenden Namen, er täuscht ein wenig darüber hinweg, dass die wissenschaftliche Relevanz  nahe des Nullpunkts liegt. Der Verein wurde im Oktober 2020 in Berlin unter der Schutzherrschaft des "Außerparlamentarischen Untersuchungsausschusses" ins Leben gerufen und ist nicht viel mehr als eine Sammelbewegung weniger Schwurbelärzte. Cahill hatte sich schon zuvor mit der nicht sonderlich neuen These in Szene gesetzt, wonach Covid-19 endgültig als Grippe enttarnt worden wäre. 

Impfungen verschlimmern nur das Virus, so die Meinung des "Wochenblicks".
Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Wochenblick sieht "tyrannisches Regime"

In der Videobotschaft des Wochenblicks wird das Garn der Verschwörung recht dicht gesponnen. Die aktuellen Maßnahmen hätten laut Mittmansgruber vor allem das Ziel, das Volk mürbe zu machen: "Der Mensch gewöhnt sich an ein kontrollierendes, tyrannisches Regime." Nur um die politischen Koordinaten des Blattes zu illustrieren: Der "Wochenblick" meint damit Österreich. Das Land Belarus versah das Blatt indes in einem Jubelbericht über das blühende Leben dort soeben wieder mit dem kecken Prädikat eines nur "angeblich autoritären Staats". Die letzten Widerspenstigen, die mutigen Kämpfer gegen Maske, Hygiene und Impfung, zu denen der "Wochenblick" sich selbst und seine Leser stilisiert, sollten "ausgesiebt" werden, weil sie "der geplanten Zukunft nach dem 'Great Reset' gefährlich werden könnten."  

Wenn die Information zur Linie passt, erspart man sich Recherchen

Der "Wochenblick" bietet vor allem beim Thema Impfung viel Meinung bei einer lediglich homöopathischen Dosis Recherche. Vor ein paar Tagen veröffentlichte das Blatt eine Story über einen Todesfall eines Bewohners nach der Impfung in einem Behindertenheim. Die Betreuerin wäre natürlich zum Schweigen aufgefordert worden von den Vorgesetzten. Die Information mit der rührenden und beklemmenden, leider aber frei erfundenen Erzählung, stammte von einer Bürgerin, die der Arbeitsweise des "Wochenblicks" auf den Zahn fühlen wollte. Einen Gegencheck bei der angeblichen Informantin oder im angeblichen Heim ersparte sich der "Wochenblick", das Mail mit der von vorne bis hinten erfundenen Tränendrüsenstory schaffte es fast 1:1 ins dünne Blatt. Uns bleibt zu sagen: Läge die Sieben-Tages-Inzidenz rund um den vermaledeiten Virus ähnlich niedrig wie die Fakten-Inzidenz des Wochenblicks, wir könnten schon längst durchatmen. (Christian Kreil, 26.3.2021)

Christian Kreil bloggt rund um Esoterik, Verschwörungsplauderei und Pseudomedizin. Soeben erschien sein Buch "Fakemedizin".

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